Rassismus tötet – Widerstand ist Pflicht

Rassismus tötet, das hat sich vergangene Woche leider wieder bewahrheitet. Der Terroranschlag von Hanau reiht sich in eine ganze Serie von Naziverbrechen der vergangenen Jahre ein, die alle im Einklang mit der zum staatlichen Konsens erhobenen Ausländer- und Islamfeindlichkeit stehen.
24. Februar 2020 |

„Werte aus der Scharia haben bei uns keinen Platz!“ Dieser Satz stammt von Sebastian Kurz. „Der politische Islam stellt eine Bedrohung für unsere freie Gesellschaft dar und darf von uns nicht toleriert werden“, kommt ebenso von Kurz. Norbert Hofer klingt praktisch identisch: „Der Islam gehört weder zu unserer Kultur, noch zu unserer Geschichte – und wird es auch nie.“ Horst Seehofer, der deutsche Innenminister, attestiert: „Der Islam gehört nicht zu Deutschland.“ Für den AfD-Vorsitzenden Alexander Gauland ist „der Islam nicht mit dem Grundgesetz vereinbar.“

Rassismus mit Kalkül

Auch wenn keiner der zitierten Politiker direkt verantwortlich gemacht werden möchte, haben sie mit diesen hetzerischen Reden nicht aufgehört, als schon Moscheen brannten und auch nicht, nachdem der Naziterror in Neuseeland über 50 Muslim_innen das Leben gekostet hat. Sie diskutieren eingehend in ihren Parteigremien und mit ihren Beratern, was sie sagen sollen und wie sie am besten Politik machen können. Mehr Rassismus schüren, das ist das Ergebnis ihrer Beratungen.

Rechts und ganz rechts

Warum, muss man sich fragen! Die Antwort fällt bei FPÖ und AfD leichter als bei ÖVP und CSU. Erstere setzen ja bei jeder Gelegenheit auf eine Verrohung der Gesellschaft. Und man kann beiden Parteien zahlreiche Kontakte und sogar personelle Überschneidungen in die offen agierende Naziszene nachweisen. Für sie kann Rassismus gar nicht weit genug gehen.

Bei den Konservativen ist das nicht so einfach. Sie haben in ihrer Basis auch Menschen, die Werte wie Nächstenliebe hochhalten. Kurz und Seehofer riskieren mit ihren Hassparolen deren Entfremdung. Aber sie dürften die Analyse teilen, dass das Zentrum nicht halten kann, wenn die neoliberale Wirtschaft zunehmend den Sozialstaat zerstört – was sie ja willig vorantreiben. Wenn das Zentrum nicht halten kann, muss man an den Rändern Stimmen sammeln, und als rechter Politiker muss man dafür Sorge tragen, dass die Polarisierung stärker nach rechts vonstattengeht, als nach links. Deshalb treiben sie die Gesellschaft nach rechts.

Und so gibt es zwischen echten Nazis, Rechtsradikalen und konservativen Politikern kaum noch Unterschiede, was ihren offen zur Schau getragenen Rassismus gegen Asylwerber und vor allem gegen Muslime und Musliminnen angeht. Das Drama wird dadurch komplettiert, dass auch die „linken“ Parteien entgegen ihrer antirassistischen Grundhaltung bei Islamfeindlichkeit mitziehen. Dem Kopftuchverbot für Schülerinnen, eine von der ÖVP unter Kurz wohl kalkulierte Demütigung der muslimischen Bevölkerung, wollen SPÖ und Grüne zustimmen.

Staat ist anti-links

Aber auch der Staatsapparat spornt Rassismus an. Grenzen werden mit Bundesheer überwacht, Flüchtlinge werden in Lager gesteckt und wie potenzielle Kriminelle behandelt. Sie werden von Gerichten in Kriegsgebiete abgeschoben, und Grundrechte werden ihnen von Behörden verweigert. Moscheen werden von der Polizei überwacht und Frauen, die ein Kopftuch tragen, dürfen nicht Richterinnen werden.

Es ist also komplett illusorisch, den nächsten Neonazianschlag verhindern zu wollen, indem man an die Politik appelliert, oder an den Staat. „Es wäre dumm, etwas anderes zu erwarten, es wäre absurd, auf ein ständiges Vorgehen des Staates und der Zeitungen gegen den faschistischen Terror zu hoffen. Von der herrschenden Klasse die Zerschlagung des Faschismus zu fordern, hieße so viel, wie ihren Selbstmord zu fordern“, schrieb der italienische Marxist Antonio Gramsci 1921.

Kurz und Konsorten werden genauso wenig auf ihre Wunderwaffe Rassismus verzichten, wie es FPÖ oder AfD tun werden. Und staatliche Institutionen tendieren naturgemäß dazu, Kontrolle über die Bürger zu verstärken und linke Opposition als natürliches Feindbild zu betrachten.

Solidarität bewegt Massen

Druck von links gegen diese Entwicklung können wir dennoch erzeugen, denn in der Bevölkerung gibt es reichlich Rückhalt für eine solidarische Grundhaltung. Die solidarisch Gesinnten müssen nur eine Stimme finden und Gelegenheit sich Geltung zu verschaffen. Die antirassistische Bewegung hat die größten Proteste der vergangenen Jahrzehnte auf die Straße gebracht. Die Rechten können Hass aufpeitschen, aber wir können Menschen mobilisieren und bewegen.

Die nächste Großdemonstration unter dem Titel „Klimaflucht ist kein Verbrechen“ am 21. März soll riesig werden. Wenn du ein Gegengewicht gegen den rassistischen Wahnsinn aufbauen willst, dann hilf mit für diese Demonstration zu mobilisieren und komm mit Freunden und Familie hin.

15.-17. Mai 2020: Antikapitalistischer Kongress  „Marx is Muss".
Programm | Sprecher_innen | Anmeldung | Facebook  

Veranstaltungstipp:

 ■ Samstag, 16. Mai, 18:30-19:45 Uhr: Rassismen benennen und bekämpfen. Das Problem mit der „Kopftuchdebatte“
Mit: Sonia Zafraani: Obfrau der  Initiative für ein diskriminierungsfreies Bildungswesen(IDB) und Faika El-Nagashi: Nationalratsabgeordnete der Grünen, Sprecherin für Integrations- und Diversitätspolitik, Zivilgesellschaft, Tierschutz, Herausgeberin von   „Heimat.Stadt. – Texte zum Ankommen“  und Karin Wilflingseder: Führendes Mitglied von Linkswende jetzt, aktiv im Bündnis  Plattform für eine menschliche Asylpolitik , Betriebsrätin im Verein StudentInnenkinder

 ■ Sonntag, 17. Mai, 15:15-16:30 Uhr: Woher kommt Rassismus?
Mit:  David Reisinger: Redakteur von Linkswende jetzt, Autor der Serie „Österreichische Revolution“