Schallende Ohrfeige für Schwarz-Blau bei Kärnten-Wahl
Ein strahlender Sieger: Die SPÖ gewann die Wahlen zum Kärntner Landtag klar mit 48 Prozent der Stimmen, ein Plus von 11 Prozentpunkten gegenüber der letzten Landtagswahl. Das mit Abstand stärkste Wahlmotiv für SPÖ-Wähler_innen war, gegen Schwarz-Blau zu stimmen. Überwältigende 68 Prozent der sozialdemokratischen Wähler_innen gaben in der SORA-Wahltagsbefragung an, wenig oder gar nicht mit der schwarz-blauen Bundesregierung zufrieden zu sein. Am stärksten konnte die SPÖ bisherige Nichtwähler_innen mobilisieren (17.000 Menschen).
Keine Umfärbung
Das ist bemerkenswert, denn ÖVP und FPÖ setzten im Wahlkampf alles auf die Karte der Arbeit der Bundesregierung, sie nährten die Hoffnung, Kärnten ebenfalls türkis-blau umfärben zu können. Die Tageszeitung Kurier urteilte: „Doch die Vorstellung einer blau-türkisen Wende mit einem FPÖ-Landeshauptmann an der Spitze bewirkte eine Mobilisierung für Peter Kaiser.“ Die ÖVP müsse zu Kenntnis nehmen, dass „das Herzeigen von Sebastian-Kurz-Fotos nicht ausreicht, um automatisch rauschende Siege zu feiern“.
Noch zu Jahresbeginn stellten Meinungsforscher (OGM-Chef Wolfgang Bachmayer und Public Opinion Strategies-Chef Peter Hajek) in Aussicht, es könne in Kärnten zu einer schwarz-blauen Mehrheit kommen. Jetzt kommen beide Parteien zusammen nur auf 38 Prozent. Vor allem die Naziliederbuch-Affäre hat das anfänglich als allmächtig wirkende Regierungsimage schwer beschädigt und Regierungsgegner_innen ermutigt, in die Offensive zu gehen. Hunderttausende Menschen haben seither das Frauen- und Nichtraucherschutz-Volksbegehren unterschrieben, um der Koalition eins auszuwischen.
Blaues Debakel
Die FPÖ kam in Kärnten auf 23 Prozent der Stimmen, das ist immer noch viel zu viel. Verglichen mit der letzten Nationalratswahl im Oktober 2017 zeigen sich aber gewaltige Mobilisierungsprobleme. Fast 40 Prozent der FPÖ-Wähler_innen blieben dieses Mal zuhause oder wechselten zu anderen Parteien (gesamt 41.000 Menschen). Rund 7.000 machten dieses Mal ihr Kreuz gar bei der SPÖ. Frauen erteilten der FPÖ für ihre frauenfeindliche Politik erneut eine Absage – nur 17 Prozent der weiblichen Stimmen gingen an die Freiheitlichen, bei den über 45-Jährigen gar nur 15 Prozent. Die Omas gegen Rechts würden sagen: das haben wir schon vorher gewusst.
Innerhalb weniger Monate ist die Zustimmung für Schwarz-Blau in Kärnten eingebrochen: Vergleich der absoluten Stimmen zwischen der Nationalratswahl im Oktober 2017 und der Landtagswahl. Grafik: Linkswende jetzt
Die Mobilisierungsprobleme der FPÖ zeichneten sich bereits im Vorfeld ab. Die blaue Wahlkampfleitung sagte die Schlusskundgebung in Oberkärnten überhaupt ab und legte sie mit einer Abschlussveranstaltung in Klagenfurt zusammen: Funktionäre wurden aus Oberkärnten in die Landeshauptstadt gekarrt, um der Presse bei der Rede von Vizekanzler Heinz-Christian Strache ein herzeigbares Publikum zu fabrizieren. Am Ende musste der geschlagene Strache sogar dem roten Spitzenkandidaten Peter Kaiser zum Wahlerfolg gratulieren.
Türkis blättert ab
Die ÖVP kam gar nur auf 15 Prozent, und hatte – wie die FPÖ – schwere Mobilisierungsprobleme. Sie konnte nur die Hälfte (46.000) ihrer Wähler_innen von der Nationalratswahl im Oktober erneut zum Urnengang für sich motivieren. Ein Drittel der türkisen Wähler_innen (27.000) der Nationalratswahl 2017 wählten dieses Mal SPÖ. Der türkise Lack blättert bereits wieder ab.
Politikwissenschafter Anton Pelinka zog im Ö1-Morgenjournal den Schluss, dass sich der „Kurz-Effekt“ offenbar nicht auf Landesebene übertragen lasse, dies würde der ÖVP künftig „noch sehr zu schaffen machen“. Immerhin hatte die Volkspartei im Wahlkampf den Bundeskanzler affichiert, nicht jedoch den eigentlichen Spitzenkandidaten Christian Benger.
Falsche Schlüsse
Es ist zu befürchten, dass die SPÖ-Spitze in Kärnten und auf Bundesebene genau die falschen Schlüsse aus dem Wahlergebnis ziehen wird. SPÖ-Landeshauptmann Peter Kaiser gehört dem rechten Parteiflügel an. Er war der Leiter der Arbeitsgruppe, die den SPÖ-„Kriterienkatalog“ zur Abschaffung der sogenannten „Vranitzky-Doktrin“ entworfen hatte. Diese Doktrin hat bisher (zumindest am Papier) eine Zusammenarbeit mit der FPÖ ausgeschlossen.
Das Wahlergebnis könnte damit zu einer Stärkung des rechten Flügels und weiteren Öffnung zur FPÖ führen – entgegen den Erwartungen der Wählerbasis. Nur 11 Prozent der roten Wähler_innen wünschten sich in der ISA/SORA-Wahltagsbefragung eine blaue Regierungsbeteiligung.