Weltweite Klimastreiks: Es geht um unsere Zukunft!

Klimastreiks von Schüler_innen, initiiert von der 16-jährigen schwedischen Aktivistin Greta Thunberg, breiten sich rasant über den Globus aus und wachsen von Woche zu Woche. Die Herrschenden bringt das zur Verzweiflung. Auch Wissenschaftler_innen stellen sich nun offiziell hinter die Proteste der Jugend.
11. März 2019 |

Die Bilder sind überwältigend: Tausende Schülerinnen und Schüler streiken nach dem Vorbild der schwedischen Aktivistin Greta Thunberg weltweit jeden Freitag und gehen gegen die Klimazerstörung auf die Straße. Von Woche zu Woche beteiligen sich mehr Menschen an den Protesten. Sie sagen klar und deutlich, dass sie nicht mehr länger darauf warten wollen – und können –, bis die Politik ihre Strategien ändert. Sie haben auch keine Illusionen, dass die Herrschenden überhaupt ein Interesse an mehr Klimaschutz haben, solange nur ihre Wirtschaft gut läuft.

Den jungen Menschen ist klar, dass heuchlerische Inszenierungen wie bei der UN-Klimakonferenz im polnischen Katowice Katowice keine Fortschritte bringen können. Dort wurde tatsächlich diskutiert, ob man die wissenschaftlichen Fakten des IPCC-Berichts (Intergovernmental Panel on Climate Change) überhaupt berücksichtigt will.

Die freiwilligen Ziele des Pariser Klimaabkommens, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, sind in weite Ferne gerückt. Es braucht radikale Maßnahmen. Der Aufschwung der Klimagerechtigkeitsbewegung ist beeindruckend und wird die Regierungen noch ganz schön ins Schwitzen bringen!

Internationale Proteste

In über 40 Ländern rund um den Globus beteiligen sich Jugendliche unter dem Motto „Fridays for Future“ an den Klimastreiks. In Deutschland waren am 1. März über 20.000 Menschen in verschiedenen Städten, von München bis Kiel, auf der Straße. Allein in Hamburg demonstrierten mehr als 10.000 Menschen. Auch Greta Thunberg, die mittlerweile die Ikone der Klimastreiks geworden ist, marschierte an diesem Freitag in Hamburg mit.

Am Samstag darauf, dem 2. März, fanden in der Schweiz in über 13 Städten Demonstrationen für mehr Klimaschutz statt. Insgesamt beteiligten sich fantastische 50.000 Menschen. In Bern war nur eine Standkundgebung bewilligt worden, doch angesichts der großen Menschenmenge von 2.000 Personen konnten sie sich darüber hinwegsetzen und durch die Innenstadt marschieren. Richtig groß waren die Proteste auch in Belgien. Am 24. Jänner beteiligten sich in Brüssel 35.000 Schüler_innen. Am Sonntag darauf waren es schon mehr als 100.000, die dem Aufruf des Bündnisses Act For Climate Justice folgten.

Die Klimabewegung hebt nicht nur in den großen Städten richtig ab, sondern auch in den kleineren Städten und Ortschaften organisieren sich die vor allem jungen Menschen, um gemeinsam für ihre Zukunft zu kämpfen. So fand beispielsweise im niederbayerischen Passau eine Demo mit über 1.300 Menschen statt!

Tausende Schüler schwänzten in Berlin am 25.01.2019 den Schulunterricht, um in Berlin-Mitte an einer Klimademonstration teilzunehmen. ©Tim Lüddemann


Und obwohl viele Schulen den Jugendlichen mit Konsequenzen fürs „Schule schwänzen“ drohten, ließen diese sich nicht davon abbringen, sich lautstark einzumischen. Sie brachten lieber Schilder mit der Aufschrift: „Ich geb nen Scheiß auf den Verweis!“ Viele Schulen stellten sich aber hinter die Schüler_innen und nahmen geschlossen an den Protesten teil. Ein Erfolg ist auch, dass die Streiks die Schulen zwingen, sich gemeinsam mit den Kindern und Jugendlichen mit dem wichtigen Thema Klimawandel zu beschäftigen. Auch viele Eltern zeigen sich begeistert vom Engagement ihrer Kinder.

In immer mehr Ländern schließen sich Menschen der Streikbewegung an. Ob Schweden, USA, Indien oder Australien – der internationale Aufschwung ist überwältigend!

Streiks in Österreich

Auch in Österreich setzen sich Schüler_innen, Student_innen und viele andere für mehr Klimagerechtigkeit ein. In Wien finden schon seit mehreren Monaten Klimastreiks am Heldenplatz statt. Mit vielen selbstbemalten Schildern und Bannern machen die Teilnehmer_innen ihrem Unmut über das Versagen der Klimapolitik Luft.

Linkswende jetzt war am 22. Februar, beim bereits zehnten Klimastreik, vor Ort und sprach mit den Streikenden. Drei Schülerinnen forderten: „Die Politik soll aufhören, nur an die Wirtschaft zu denken! Irgendwann ist alles kaputt. Geld kann man nicht essen!“ Die Wut über die heuchlerische Vorgehensweise der Politik war allen anzumerken: „Ich finde es irgendwie blöd, dass wir alle schon wissen, dass der Klimawandel existiert, auch wenn es einige bestreiten. Wir könnten etwas dagegen tun, aber niemand macht etwas!“ Und Elias meinte: „Hört ein bisschen mehr aufs Volk!“

Klimastreik in Wien ©Fridays For Future


Das wäre tatsächlich angebracht. Eine neue Studie des Pew Research Centers zeigt, dass weltweit zwei Drittel der Menschen (67 Prozent) den Klimawandel als die primäre Bedrohung für unsere Sicherheit und unseren Wohlstand sehen. 2013 waren es noch 56 Prozent. Eine aktuelle market-Umfrage macht deutlich, warum vor allem die Jugend aufbegehrt:

Während 60 Prozent aller Österreicher_innen Angst vor dem Klimawandel und dessen Auswirkungen haben, sind es bei den Unter-30-Jährigen 74 Prozent. 2012 ergab eine Umfrage der Allianz Versicherung unter 14- bis 24-Jährigen (heute also 21 bis 31 Jahre alt), dass fast die Hälfte der Jugendlichen beim Thema Klimawandel Angst, Hilflosigkeit und Traurigkeit, aber auch Wut verspüren. Überwältigende 86 Prozent machten die Industrie, 68 Prozent die Politiker dafür verantwortlich.

Da die Politik es seit Jahren versäumt, ernsthaft etwas zu unternehmen, nimmt die Jugend das jetzt selbst in Hand! Auch in weiteren österreichischen Städten wird gestreikt: Am 8. Februar waren es in Salzburg 150 Schüler_innen, in Linz 200 und in Graz 2.000!

Wissenschaft unterstützt

Unterstützung bekommen die Jugendlichen auch vonseiten der Wissenschaft. Diese warnt seit Jahren vor den zu erwartenden drastischen Ausmaßen des Klimawandels. Wissenschaftler_innen und Prominente aus Deutschland, Österreich und der Schweiz starteten eine Petition, die schon mehr als 700 Vertreter_innen aus zahlreichen Bereichen unterschrieben haben.

„Wir sitzen an der Quelle zu Informationen über den Klimawandel“, so Energieexperte Volker Quaschning von der Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Berlin, und die Kinder brächten „die wichtigen Themen auf den Tisch“. Die Forscher_innen stimmen den Anliegen der Jugend zu, ohne tiefgreifende Veränderungen sei deren Zukunft in Gefahr. In Anlehnung an „Fridays for Future“ nennt sich die Initiative „Scientists for Future“.

Wissenschaftler_innen aus England und Australien bezeugten in öffentlichen Statements ihre Solidarität mit den Streiks. Vonseiten der britischen Akademiker_innen heißt es etwa: Die Schüler_innen „haben jedes Recht, wütend zu sein über die Zukunft, die wir ihnen vererben werden, wenn keine angemessenen und dringenden Maßnahmen getroffen werden.“

Bewegung wird stärker!

Die Bewegung kann sich bereits über einige Erfolge freuen. In Belgien haben die streikenden Schüler_innen die Umweltministerin Joke Schauvliege zum Rücktritt gezwungen, nachdem diese Verschwörungstheorien verbreitete, wonach die Streiks von „mysteriösen Mächten“ kontrolliert werden würden.

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel faselte ebenfalls von angeblicher Steuerung der Proteste aus dem Ausland. Auch sie musste zurückrudern und die Bewegung loben – Sympathiepunkte bekommt sie dafür natürlich nicht mehr. Der deutsche Energieminister Peter Altmaier wollte sich bei den Jugendlichen einschleimen und besuchte einen Klimastreik in Berlin. Er wurde zu Recht ausgebuht und musste unter Polizeischutz die Demo verlassen. Außerdem führt die Dynamik der Bewegung dazu, dass rechtsextreme Parteien wie FPÖ und AfD vermehrt als Klimawandelleugner angegriffen werden. In Basel wurde – zumindest formell – der Klimanotstand ausgerufen.

© Wikimedia Commons

All diese Erfolge zeigen, dass die Schüler_innen mit ihren Streiks etwas bewirken können. Und es ist klar, sie werden hier nicht halt machen! Vielmehr wird die Bewegung jede Woche größer, immer mehr Organisationen beteiligen sich an den Protesten. Am 15. März ist ein weltweiter Klimastreik geplant, von Europa über Chile, Indien und die USA bis Australien werden wir gemeinsam unter dem Motto „Jetzt nehmen WIR die Zukunft in die Hand“ für Klimagerechtigkeit streiken und auf die Straße gehen – auch in Wien!

Gewerkschaften unterstützen den Aufruf. Gleich am 5. April ist ein weiterer großer Aktionstag geplant unter dem Slogan „Zukunft für Alle – Alle für die Zukunft!“ Und am 28. Mai kommt Greta Thunberg zum Austrian World Summit nach Wien und wird den Umwelt-Heuchlern Kanzler Kurz und Co. die Show stehlen. Gemeinsam können wir eine Welt erreichen, in der es heißt: Umwelt vor Profite! Ein Schüler aus Hamburg: „Wenn ihr Politiker denkt, wir lassen uns mit Repressionen oder netten Worten stumm stellen: Ihr habt euch geirrt.“