Wenn sich das System Erde umstellt: Tropenstürme, Monsun und Co.
Die Treibhausgaskonzentrationen in der Atmosphäre sind seit Beginn der Industrialisierung massiv gestiegen. Dadurch wird mehr Sonnenenergie von der Atmosphäre auf die Erde zurück geworfen. Um den Klimawandel zu verstehen, müssen wir die Prozesse der Erdoberfläche als ein zusammenhängendes, großes System betrachten.
Die Energie für dieses System liefert die Sonne. Mit zunehmendem Treibhauseffekt steigt somit der Energiegehalt. Prozesse innerhalb dieses Systems, die sich über Jahrtausende, teilweise Jahrmillionen eingerichtet haben, werden destabilisiert und drohen aus ihrem Gleichgewicht zu kippen. Andere Prozesse verändern sich kontinuierlich, die Veränderung des einen beeinflusst wiederum weitere. Steigende Treibhausgaskonzentrationen zwingen also das System Erde, sich an einen neuen Energiehaushalt anzupassen. Die Folgen können sehr massiv und weitreichend sein. Der menschengemachte Klimawandel spielt daher in einer völlig anderen Liga als alles, womit die Menschheit in den letzten 10.000 Jahren umgehen musste. Der Wasserkreislauf, welcher für fast alle Wetterphänomene entscheidend ist, ist einer jener Prozesse, die sich aufgrund der globalen Erwärmung verändern.
Der Wasserkreislauf
97,4% des Wassers befindet sich in den Ozeanen. Durch Verdunstung gelangt es in die Atmosphäre. Dort kondensiert es zu Wolken, regnet auf dem Festland ab und bildet je nachdem Gletscher, Grundwasser, Seen oder Flüsse, über die es wieder zurück in den Ozean gelangt. Wie viel Wasser die Atmosphäre aufnehmen kann, hängt alleine von der Temperatur ab: je wärmer sie ist, desto mehr kann sie aufnehmen. Ebenso verdunstet wärmeres Wasser stärker. Durch die globale Erwärmung steigt daher der Wassergehalt in der Atmosphäre.
Wasser als Treibhausgas
Da Wasser auch ein starkes Treibhausgas ist, verstärkt der höhere Wassergehalt den Treibhauseffekt. Man spricht von positiver Rückkopplung. Die Wasserdampf-Rückkopplung gilt als der wichtigste Verstärker der globalen Erwärmung. In den letzten 35 Jahren ist die Konzentration von Wasserdampf am oberen Rand der Troposphäre (in 10-15 km Höhe) um rund 10% gestiegen. Dieser gestiegene Wassergehalt ist ausschließlich mit den menschlichen Treibhausgasemissionen zu erklären.
Wasserkreislauf beschleunigt
Die größere Wasseraufnahmefähigkeit und stärkere Verdunstung führt auch zu stärkeren Niederschlägen. Der Wasserkreislauf beschleunigt sich. Trockene Gebiete werden tendenziell trockener, feuchte Gebiete tendenziell feuchter. Der Unterschied zwischen trockenen und feuchten Jahreszeiten wird extremer werden.
Man kann messen, dass seit 1900, besonders ab 1950, Regionen wie die Mittelmeerländer trockener geworden sind, während beispielsweise Nordeuropa ein Zuwachs an jährlichen Niederschlägen zeigt. Innerhalb Österreichs haben im Westen die Niederschläge in den letzten 150 Jahren um 10-15% zugenommen, während sie im Südosten um 10-15% abgenommen haben. Die Sommer werden überall in Österreich trockener, die Winter feuchter. Das wird auch für die österreichische Landwirtschaft bedrohlich werden.
Starkregen und Dürren
Sehr dramatisch äußert sich die Beschleunigung des Wasserkreislaufs bei Extremwetterereignissen, welche auch in diesem Sommer sehr vielen Menschen das Leben gekostet haben. Auch, wenn man einzelne Wetterereignisse nicht direkt auf den Klimawandel zurückführen kann (ausgelöst werden sie von konkreten Wetterlagen), lässt sich mit Bestimmtheit sagen, dass der Klimawandel die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten dieser Ereignisse und teilweise ihre Intensität erhöht.
Die Erwärmung des Mittelmeers durch den Klimawandel führt dazu, dass sogenannte Mittelmeertiefs noch mehr Wasser mit sich führen und die Starkregen- und Überflutungsereignisse in Mitteleuropa zunehmen.
Auch einzelne Wolkenzellen können noch mehr Wasserdampf aus der Umgebung aufsaugen und sich dann schlagartig in extremen Niederschlägen entleeren. Diese oft nur relativ kurz andauernden Ereignisse führen zu unvorhersehbaren, plötzlichen und sehr extremen Hochwassern. Sie treten normalerweise nur in den Tropen auf, doch durch den Klimawandel können auch Wolken in Europa die notwendige Schwelle erreichen, ab der sich die Niederschläge exponentiell verstärken und eine Heftigkeit erreichen, wie sie noch nie in diesen Breiten beobachtet wurde. In Simbach am Inn hatte ein solches Ereignis am 1. Juni 2016 sieben Menschen getötet und massive Schäden hinterlassen.
Während wärmere Temperaturen bei feuchten Wetterlagen zu mehr Niederschlag führen, entziehen sie bei trockenen Wetterlagen durch die stärkere Verdunstung umso mehr Wasser. Der Klimawandel führt somit auch zu häufigeren und stärkeren Dürren. Mehr Waldbrände, Ernteausfälle, Nahrungsmittel- und Trinkwasserknappheit sind akute Folgen. Besonders dramatisch zeichnet sich diese Entwicklung derzeit in Ostafrika ab, wo über 22 Millionen Menschen durch eine lange Dürre und die daraus folgenden Ernteausfälle von Hunger betroffen sind. Die Desertifikation (Wüstenbildung) könnte bis 2020 alleine in Afrika südlich der Sahara 60 Millionen Menschen zur Flucht zwingen.
Tropische Wirbelstürme
Tropische Wirbelstürme wie Hurrikans, Taifune und Zyklone entstehen in tropischen Breiten, wenn sich in den Ozeanen die Wassertemperatur auf über 26°C erwärmt. Dabei verdunstet sehr viel Wasser, der Wasserdampf steigt auf und kondensiert zu Wolken. Bei der Kondensation wird Energie in Form von Wärme frei. Die Luft in den Wolken erwärmt sich und steigt nach oben. Darunter entsteht ein Unterdruck, weshalb weitere feuchte Luft von der Seite nachströmt. Wenn dieser Prozess lange genug stabil bleibt, kann daraus ein Wirbelsturm entstehen. Tropische Stürme werden an Intensität zunehmen. Zudem könnten sie in Gebieten auftreten, welche bisher zu kalt für solche Stürme waren. 2011 wurde das erste Mal im Mittelmeer ein Sturm vom amerikanischen Wetterdienst NOAA als tropischer Sturm eingestuft.
Monsun
Von allen Veränderungen, welche die globale Erwärmung im Verhalten von Wasser in der Atmosphäre hervorruft, ist die Veränderung der Monsunzirkulation die weitreichendste. In diesem Jahr haben besonders starke Monsunregen zu katastrophalen Überflutungen in Bangladesch, Indien und Pakistan geführt. In der Trockenzeit waren diese Gebiete hingegen von starken Dürren betroffen.
Aber nicht nur die bereits genannten Gründe für stärkere Niederschläge und Dürren haben dramatische Folgen. Die Monsunzirkulation ist eine der wichtigsten Wetterphänomene unseres Planeten. Sie lässt sich am einfachsten so erklären: Trifft die Sonnenstrahlung senkrecht auf die Erde, also in tropischen Gebieten im Sommer, erhitzt diese sich stark. Die erhitzte Luft steigt nach oben und es entsteht ein Tiefdruckgebiet, in das von außen Luft strömt. Landflächen erhitzen sich wesentlich schneller als Ozeane. Dort entsteht ein besonders starkes Tief, das sogenannte Monsuntief, in das von den Ozeanen her feuchte Luft strömt, welche zu Monsunregen führt. Da Landflächen auch schneller abkühlen als Ozeane, tritt im Winter das umgekehrte Phänomen auf: die Luft strömt von den kühleren, trockenen Landflächen zu den wärmeren Ozeanen. Die Folge sind Trockenzeiten.
Diese Monsunzirkulation hat große Auswirkungen auf die Landwirtschaft und die Wasserversorgung in diesen Regionen. Über 60% aller Menschen sind direkt oder indirekt vom Monsun betroffen. Alleine Indien bezieht 90% seiner Wasserversorgung aus Monsunregen. Da viele regionale Faktoren Auswirkungen auf den Monsun haben, ist schwer vorherzusagen, wie der Klimawandel diesen genau beeinflusst.
Mehrere Klimaforscher_innen haben mit Modellen die Entwicklung des Indischen Monsuns genauer untersucht und festgestellt, dass der Beginn der Regenzeit aufgrund der globalen Erwärmung sich nach hinten verschieben wird. Indien, Nepal und Pakistan werden heißer und trockener, Bangladesch bekommt noch mehr Regen ab. Für beide Gebiete bedeutet das eine Katastrophe. Nahrungsmittel- und Trinkwasserversorgung könnten in Teilen Indiens, Pakistans und Nepals zusammenbrechen und Bangladesch wäre noch stärker als bisher von Überflutungen betroffen.
Nur ein Ausweg
Steigt die Treibhausgaskonzentration weiter an, haben wir Menschen keine Möglichkeit, das System Erde daran zu hindern sich anzupassen. Wir müssen schlichtweg vollständig aus fossilen Brennstoffen aussteigen.
Das Klimabündnis System Change not Climate Change ruft anlässlich der 23. Klimakonferenz in Bonn am Samstag, den 11. November zum Protest auf. Klimagerechtigkeits- und Umweltschutzaktivist_innen gehen gegen Klimawandelleugner in der Regierung und gegen umweltschädliche, profitorientierte Klimapolitik auf die Straße.