FPÖ dank Corona – Faschismus ohne Wenn und Aber
Faschistische Parteien konnten noch niemals in der Geschichte ganz offen zeigen, wofür sie stehen: für völlige Verachtung der Demokratie, für Diktatur, Krieg und Massenmord, und für rassistische Herrenmenschenpolitik! Nicht einmal Mussolini oder Hitler sagten: Wählt uns, und wir nehmen euch alle Rechte, morden wen wir wollen und stürzen die Welt in den Krieg. Natürlich nicht, auch sie versteckten ihre wahren Ziele und setzten auf eine Doppelstrategie: sie gaben sich als respektable Parlamentarier mit Handschlagqualität, gleichzeitig setzten sie auf Totalopposition und bauten einen Flügel mordbereiter Straßenkämpfer auf – die Schwarzhemden in Italien und die Braunhemden der SA in Deutschland.
Für alle, die es wissen wollten, war es unübersehbar – die FPÖ ist eine Nazipartei. Strache machte seine politische Grundausbildung bei der Elite der Neonaziszene Österreichs, bei Norbert Burger und Gottfried Küssel. Jörg Haider kam aus einer bedeutenden Nazifamilie und wurde schon als Kind von ehemaligen hochrangigen Nazis gefördert und er huldigte öffentlich den unbeirrbaren SS-Veteranen auf ihren Treffen. Friedrich Peter, der zweite Obmann der FPÖ, war hochdekoriertes Mitglied einer SS-Mordbrigade und sein Vorgänger, Anton Reinthaller, war SS-Brigadeführer und bis Kriegsende Mitglied in Hitlers Regierung in Berlin. Entstanden ist die Partei in Glasenbach, einem Gefangenenlager der US-Armee für Naziverbrecher. Friedrich Peter, Anton Reinthaller und Jörg Haiders Vater waren alles Gefangene in diesem Kriegsverbrecherlager.
FPÖ rechter als je zuvor
Trotzdem war die Partei noch nie so weit rechts und so unmissverständlich faschistisch wie heute unter Herbert Kickl. Unter Jörg Haider und Heinz Christian Strache war Kickl ein maßgeblicher Mann in der zweiten Linie. Er lieferte der FPÖ Sprüche, die erfolgreich polarisierten und die die Rechten grölen ließen. „Lieber daham als Islam“, „Wiener Blut – zu viel Fremdes tut niemand gut“ oder „Abendland in Christenhand“ – allesamt Sprüche, die vor Rassismus und vor Überheblichkeit triefen und die zu ihrer Zeit erfolgreich das Schlechteste aus einer rassistisch verdorbenen Gesellschaft nach oben kehrten.
Bis zur Coronakrise konnte die FPÖ mehrere Seiten bedienen, auch solche Menschen, die zwar ideologisch weit rechts stehen, aber niemals mit dem System brechen würden und niemals eine außerparlamentarische Protestbewegung dem Parlament vorziehen würden. Jetzt riskiert sie diese Leute zu vergrämen, um die Rabiaten zu gewinnen. Die FPÖ polarisiert heute wie zu Zeiten des Anti-Ausländer-Volksbegehrens. Sie benutzt das Parlament als Sprachrohr der Querdenker und nutzt diese Möglichkeit um die Bewegung zu pushen und sich selbst an ihre Spitze zu setzen.
Corona-Proteste sind eine Massenbewegung
Wir müssen der Tatsache ins Auge sehen, dass die Anti-Corona Proteste zu einer Massenbewegung geworden sind. Am 27. November, demonstrierten 30.000 Menschen in Graz und um die 5.000 in St Pölten gegen Impflicht und Lockdown. Wie auch bei den Protesten in Wien mobilisierten FPÖ und außerparlamentarische Neonazis gemeinsam. Und wie auch in Wien, gelang es diesem Bündnis Menschen von außerhalb ihrer Anhängerschaft auf die Straße zu bringen. Für den vierten Dezember ist noch eine Großdemonstration in Wien angekündigt.
Trotzdem ist wichtig festzuhalten, es handelt sich noch nicht um eine faschistische Massenbewegung. Auch wenn die extreme Rechte versucht, die Proteste mit ihren Inhalten – Anti-Ausländer und Pseudo-Elitenkritik – zu füllen, besteht doch noch kein festes ideologisches Band zwischen der Masse der Demonstranten und ihren Möchtegern Führern.
Impflicht befeuert Anti-Eliten-Haltung
Mit der Impflicht hat die Regierung der FPÖ die ideale Vorlage für die Intervention in die Corona-Proteste geliefert. Kickl verwendet die Kritik an der Impflicht, um einerseits den Nationalsozialismus zu rehabilitieren, bspw. spricht er vom „Türkis-Grünen Corona-Faschismus“ und andererseits davon die Masse gegen die „Diktatur“ zu mobilisieren. FPÖ-Generalsekretär Schnedlitz folgt dieser Linie und erklärt, während hinter ihm ein Galgen geschwenkt wird: „Ich bin hundertmal lieber bei den Leuten auf der Straße als bei den ganzen Volksverrätern im Plenarsaal. Es wird Zeit für außerparlamentarische Aktivitäten!“
Ganz im Stile von Trump, der empfohlen hatte, Chlorbleichmittel gegen Corona zu nehmen, empfiehlt Kickl das Wurmmittel Ivermectin. Kickl und Haimbuchner haben sich vermutlich nicht damit behandeln lassen. Worum es der FPÖ mit solchen abstrusen Botschaften geht, ist durch pseudo-wissenschaftliche Empfehlungen echte Wissenschaft zu diskreditieren. Die Kritik an der Wissenschaft ist Teil davon, sich als Anti-Elite zu positionieren.
Die FPÖ versucht an das treibende Gefühl der Demonstrant_innen, „für die Freiheit gegen die Elite“ anzuknüpfen und die Masse der Demonstrant_innen dauerhaft an sich zu binden.
Kickl
Kickl war zwar über Jahrzehnte im Hintergrund tätig, aber er war schon lange sehr mächtig in der Partei und galt als permanent grantig und unzufrieden mit seinen weniger strammen Vordermännern. Haider war irgendwann einmal ein rechter Führer, aber er verfiel den Verlockungen der Macht, und stellte sich über seine Partei. Wie dank Ibiza zu erfahren war, waren auch die vielen Partys von Strache und Gudenus und die Gerüchte über uferlosen Kokain- und Alkoholkonsum dem strammen Generalsekretär Kickl ein ständiger Dorn im Auge. Sollten andere vergessen können, Kickl lässt Strache sicher nicht heimkehren, das Wohl der FPÖ geht ihm über alles.
Dabei kann man nicht vorhersagen, wohin die Reise die FPÖ führen wird. Wird sie nur phasenweise einen Kurs, wie aktuell einschlagen, der sie dem Establishment stark entfremdet, oder werden sie eher wie die NSDAP zeitenweise auf den Straßen aktiv sein und sich zu anderen Zeiten salonfähig benehmen. Auf alle Fälle ist die FPÖ an der Spitze der Querdenker viel bedrohlicher als die Identitären oder versprengte Einzelkämpfer. Die Geschichte hat gezeigt, dass die Wechselwirkung zwischen militanter Straßenbewegung und rechtsextremen Parteien eine äußerst dynamische und gefährliche sein kann, in der sich die radikalsten Elemente gegenseitig aufschaukeln. Erst in diesem Wechselspiel mit militanten Bewegungen werden aus diffusen rechtsextremen Parteien echte faschistische Parteien und aus rechten Protesten faschistische Massenbewegungen.
Die Linke muss deshalb Mittel und Wege suchen in diese Entwicklungen zu intervenieren. Sie darf sich keinesfalls zu Erfüllungsgehilfen der Regierung machen, sondern muss in der Pandemie ein eigene Strategie entwickeln, die viele Menschen, die zurecht auf die Regierung sauer sind, anziehen kann.
Wir lehnen eine Impfpflicht vehement ab, sind aber überzeugt, dass es gut und wichtig ist, sich impfen zu lassen. Die Impfpflicht ist ein Ablenkungsmanöver. Die Regierung putzt sich an den Ungeimpften ab und treibt sie noch weiter den Rechtsextremen zu. Die haben verstanden, dass die Impfpflicht so etwas wie ein Förderungsprogramm für Neonazis und Querdenker von oben ist. Die Regierung hat seit dem Sommer rein gar nichts getan hat, um die Explosion der Infektionszahlen im Herbst zu verhindern, oder um Schulen und Spitäler darauf vorzubereiten. Sie hat zeitgleich einen halbherzigen Lockdown verhängt, der die Inzidenzen nur ungenügend senken kann, und führt eine Impfpflicht ein, die mit tausenden Euro Strafe durchgesetzt werden soll. Die soziale Schieflage, die wir schon mit einem erhöhten Infektionsrisiko in ärmeren Bevölkerungsschichten erleben mussten, setzt sich bei der Impfung fort. Viele harte Impfgegner wird die Strafe nicht überraschen, sehr wohl aber Menschen, die aufgrund ihrer persönlichen und sozialen Situation von Mediendebatten selten erreicht werden.
Ausweg Zero Covid
Deshalb hätte die SPÖ niemals der Impfpflicht zustimmen dürfen. Als Partei der Lohnabhängigen und der sozial Benachteiligten müsste sie Widerstand dagegen organisieren. Aber Widerstand alleine reicht nicht, die Linke muss auch Perspektiven aufzeigen, wie man mit der Pandemie umgehen kann. Das größte Versagen der Regierung war, die Zahlen so hoch schnellen zu lassen, wie im Herbst 2020 und im Herbst 2021. Mit so hohen Zahlen bringt man tausende Menschen in Gefahr. Über 12.000 sind in Österreich schon an Covid-19 verstorben.
Die Strategie der Linken nennt sich Zero Covid. Ziel ist es, die Zahlen gegen Null zu drücken, indem man dort Kontakte einschränkt, wo am meisten stattfinden, und wo man sie nicht vermeiden kann – vor allem in der Arbeit. Der Fokus liegt nicht wie bei den Lockdowns auf Einschränkungen unserer Freizeitaktivitäten. Mit wenigen Wochen rigorosen Kontaktbeschränkungen kann man die Zahlen tatsächlich gegen Null senken und mit niedrigen Inzidenzen kann man problemlos Schulen und Kindergärten offenhalten. Solche Strategien kann man getrost der Politik sowohl der Regierung als auch der Querdenker entgegenstellen. Beide nehmen in Kauf, dass sich Millionen anstecken mit allen Folgen von Long Covid bis zum Multiorganversagen.
Gleichzeitig muss man aber auch gegen die Verharmlosung der FPÖ kämpfen und gegen Rassismus wo immer er auftritt und von wo immer er ausgeht. Antirassistischer Kampf engt den Spielraum der Rechten ein und bessere Strategien gegen die Pandemie würden den Querdenkern das Wasser abgraben. Was jetzt passiert ist ein Aufbauprogramm für die extreme Rechte.