100.000 verteidigen Demokratie vor FPÖ!
Es war uns schon im Vorhinein klar, dass viele Leute kommen werden, aber das Ausmaß hat doch alle überrascht. Das antirassistische Netzwerk „Plattform für eine menschliche Asylpolitik“ hat diesen Protest initiiert, und gemeinsam mit zahlreichen Initiativen organisiert, nachdem bekannt geworden war, was der Führer der österreichischen Identitären, Martin Sellner, bei dem berüchtigten Nazi-Geheimtreffen in Potsdam so getrieben hat. Offensichtlich hat nicht nur Kickl ihn (mittels der Corona-Proteste) benutzt, um seine Partei auf den neuen offen faschistischen Kurs einzuschwören, auch der rechteste Flügel der AfD hat Sellner als Helfer für genau diesen Zweck eingeladen: die Partei auf einen hemmungslos faschistischen Kurs zu manövrieren.
Menschen besorgter als Parteien
Um 18 Uhr sollte der Protest losgehen, um 17.30 waren die U-Bahn-Stationen schön langsam so voll, dass sich Staus bildeten. Die Menschen nehmen die faschistische Bedrohung sehr ernst. Niemand glaubt auch nur eine Sekunde an die „Garantie“ der ÖVP, sie würde keinesfalls mit der FPÖ unter Kickl koalieren. Jeder weiß, die Zwei sind von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt. Nehammer macht schließlich ganz systematisch die FPÖ in dem Moment stark, wo seine Partei abgeschlagen zehn Prozentpunkte hinter der FPÖ liegt. Und das ist nicht einmal nur österreichische Blödheit, diese Entwicklung ist quer durch Europa zu beobachten. Rutte in den Niederlanden, Macron in Frankreich, sie setzen die Themen so, dass nur die Faschisten davon profitieren können. Das gesamte rechte Lager, von den Liberalen bis zu den Faschisten, führen einen verzweifelten Abwehrkampf gegen die großen drängenden Änderungen – Klimaschutz, Gendergerechtigkeit, Aufnahme der Millionen Klimaflüchtlinge von heute und morgen. Es war der verzweifelte Abwehrkampf der Reaktionäre gegen die Moderne, der die Nazis vor 90 Jahren an die Macht gehievt hat, und dasselbe Muster zeigt sich heute wieder ganz deutlich. Wetten, dass Nehammer oft genug zu hören bekommt, er macht mit seiner rechtsextremen Ausländerpolitik doch nur die Nazis stark. Was Nehammer darauf antworten wird, ist egal, der Mann redet eh nur Schwachsinn.
Polizei gegen Antifaschismus
Nicht untergehen sollte, was die berüchtigte Wiener Polizei wieder mal bewiesen hat: sie sieht die antifaschistische Bewegung als Feind und fühlt sich den Faschisten offenbar viel näher. Sie hat die Zahl der Protestierenden mit der Phantasiezahl von 35.000 mehr als halbiert. Dabei gehört unaufhörlich betont, dass die 80-100.000 bei Regenwetter gekommen sind. Auch dürfte, wie man hört, der Polizist, der persönlich die Veranstaltung mit Götz Kubitschek organisiert hat – dem intellektuellen Führer der deutschen Neonazis und Ziehvater von Martin Sellner – immer noch im Innenministerium beschäftigt. Er wird sich dem vielen Schulterklopfen kaum erwehren können, der Arme. Es ist schon längst zur Routine geworden, wie feindselig die Polizei gegen Antifaschismus vorgeht, aber wir dürfen uns erstens nicht daran gewöhnen. Zweitens spielt es eine gewaltige Rolle, ob wir die Faschisten jagen können, oder ob die Polizei sie erfolgreich beschützt.
Brauchen mehr als Lichtmeer
Keine Frage, es ist erhebend ein Lichtermeer zu erleben, wie heute auf der Kundgebung #Demokratieverteidigen, aber um die FPÖ zu schwächen und die ganze Nazibewegung zu zerschlagen, müssen wir in die Offensive gehen. Der Sprecher der Plattform für eine menschliche Asylpolitik und Volkshilfe-Direktor Erich Fenninger hat gemeint, dass wir heute eine menschliche Feuermauer gebildet haben, die die Demokratie und die Menschenrechte schützt. Nur Verteidigen alleine ist allerdings zu defensiv. Was die Menschen zur FPÖ treibt hat viele Gründe, was wütende Menschen allerdings so richtig motiviert, ist die Empörung der Liberalen. Die Empörung muss Wut weichen und die muss sich direkt gegen die Faschisten richten, nur dann kann man sie schlagen. Faschisten leben von Erfolgen, mit Niederlagen können sie überhaupt nicht umgehen. Wir wollen Bilder sehen, wo Nazis davonrennen und um ihr Leben fürchten, dann will keiner mehr bei ihnen andocken. Die FPÖ steht am Sprung zur Macht. Würde die Nationalratswahl 2024 alleine im Wahlkampf der Parteien gegeneinander entschieden, dann wäre völlig klar, wer gewinnen wird. Aber wir können die FPÖ auf der Straße schlagen, indem wir ihre Straßenbanden schlagen und ihre Wahlkampfversammlungen konfrontieren. Eine Linke, die die Bedrohung durch Faschismus ernst nimmt, wird sich zusammenraufen und Massenproteste aufbauen. Am Ende können wir nur so Demokratie verteidigen!