Flüchtlingshelferin Spenger: „Wir stemmen uns dagegen!“
Was macht die von dir gegründete Initiative ankommen in wien?
Wir unterstützen und begleiten schutzsuchende Menschen, hauptsächlich aus Afghanistan, bei ihren Behördenwegen, vom AMS übers Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl bis zum Gericht. Wir begleiten auch zu ÄrztInnen oder in Krankenhäuser, was eben anfällt. 2016, bei einer Volkshochschul-Weiterbildung über die „Akademie der Zivilgesellschaft“, entschloss ich mich zur Gründung. Wir sind inzwischen mehrere, ein gutes Team. Mir war von Anfang an wichtig, dass im Team Menschen mit Fluchterfahrung dabei sind.
Du engagierst dich seit der Flüchtlingsbewegung im Jahr 2015. Wie kam es dazu?
Ich habe, wie so viele, damals begonnen am Bahnhof zu helfen. Danach habe ich in der Flüchtlingsunterkunft im Ferry-Dusika-Stadion mitgearbeitet, anfangs habe ich meist gekocht. So bekam ich Kontakt zu vielen Menschen. Dann unterrichtete ich unbegleitete minderjährige Mädchen und Burschen zweimal pro Woche Deutsch im Haus Liebhartstal vom Samariterbund im 16. Bezirk. Dort habe ich einige Familien und speziell die zwei Jugendlichen, die jetzt meine Paten-Jugendlichen sind, kennengelernt. So hat sich das immer weiterentwickelt. Eigentlich war es Zufall, dass ich in die afghanische Community hineingewachsen bin.
Wie ist die Situation aktuell für euch und eure Initiative?
Die Lage hat sich massiv verschlechtert, gerade mit dieser Regierung, vor allem für die Menschen, die jetzt schon drei Jahre da sind und noch immer im Verfahren sind oder schon in erster oder sogar zweiter Instanz negative Bescheide bekommen haben. Im Moment ist es eine Katastrophe für afghanische Menschen. Am schlimmsten ist für uns die Angst davor, dass sie zurück in den Krieg abgeschoben werden. Manche konnten in andere europäische Länder gehen und dort ihr Glück versuchen.
Ich habe den größten Respekt vor den Menschen, die teilweise jahrelange Extremsituationen aushalten und ich finde, es wird da ein unglaubliches Potenzial abgeschoben. Die, die durchhalten und es dann hier auch noch schaffen, die Sprache zu lernen oder gar eine Ausbildung anzufangen, leisten Unglaubliches. Und die Regierung sagt, die schieben wir ab, die brauchen wir nicht. Aber auch die traumatisierten Menschen verdienen Schutz und haben das Recht, endlich ankommen zu dürfen. Es ist ein unfassbarer Wahnsinn was Österreich hier macht und es ist zutiefst unmenschlich.
Wie geht ihr damit um?
Wir stemmen uns dagegen. Wir unterstützen deswegen auch alle politischen Aktionen und solidarisieren uns mit antirassistischen Gruppen wie euch von der Linkswende jetzt. Die Plattform für eine menschliche Asylpolitik ist auch ganz wichtig. Auch Aktionen wie die Mahnwachen der afghanischen Community, zum Beispiel vom Verein Afghanische Jugendliche Neuer Start in Österreich, unterstützen wir. Das ist uns ganz wichtig.
Seit Sommer 2017 singen wir mit music4humanrights jede Woche vorm Innenministerium unseren Protest raus. Ich mag den kreativen Protest, daraus schöpfe ich Energie. Wir sind jede Woche etwa einhundert Solidarische, Frauen und Männer. Organisiert wird das mit unglaublichem Engagement von Margit Huber und Michaela Sulzer, die Teilnehmenden zeigen eine gute Diversität. Wir sind zusammengeschweißt durch unsere gemeinsamen Anliegen: „Demokratie und Menschenrechte wahren!“.
Und ans Aufgeben hast du nie gedacht?
Nein, nie. Oft ist wenig Zeit etwa um Neuigkeiten auf Facebook zu stellen und die sozialen Medien neben dem Brotberuf, der Familie und dem Engagement noch mitzugestalten. Aber es geht ganz gut, wir haben jetzt über 7000 Follower, uns schreiben auf Facebook Leute aus der ganzen EU und fragen uns um Informationen an. Wir achten darauf, dass wir auch immer antworten, den Leuten Mut machen und für sie da sind.
Wir sind auch gut vernetzt mit den vielen anderen Freiwilligen-Initiativen, die es ja gibt. Es gibt die vielen Helfenden ja noch immer und Menschen, wie beispielsweise Doro Blancke, kämpfen mit unglaublich viel Einsatz. Es ist wichtig, dass wir alle zusammenhalten, zusammen an einem Strang ziehen und zusammen auf die Straße gehen, damit wir auch sichtbar sind. Die Leute sollen sehen, es hat sich nichts verändert: Wir sind immer noch da, wir sind immer noch laut und wir helfen nach wie vor.
Das Interview führte
Karin Wilfingseder