Die Kunst darf alles – und muss die FPÖ als Nazis brandmarken
In einer der großartigsten Sendungen von Willkommen Österreich parodierte das Satireduo Maschek die Politlaufbahn von FPÖ-Vizekanzler Heinz-Christian Strache – „vom Neonazi zum Sportminister“ – als „eine typisch österreichische Karriere“. Kanzler Sebastian Kurz habe dagegen nichts einzuwenden, denn er und Strache wären „schon übereingekommen, dass das eine Jugendsünde war“, witzelten Maschek. In der Stelle sind praktisch alle Erbsünden der österreichischen Nachkriegsgeschichte zusammengefasst: Die nie wirklich stattgefundene Entnazifizierung und der verharmlosende Umgang mit der FPÖ.
Stermann und Grissemann verglichen kurz darauf in einer weiteren Sendung von Willkommen Österreich den freiheitlichen EU-Spitzenkandidaten Harald Vilimsky, diesen „Vermittler und Bewahrer des Weltfriedens“ zwischen den Großmächten (so präsentierte er sich zuletzt bei Armin Wolf in der Zeit im Bild), mit Adolf Hitler. „Wieder ein rechter österreichischer Politiker mit Größenwahn, das kennt man doch!“, sagte Grissemann. Hitler stilisierte sich um die Münchner Konferenz 1938, kurz vor dem Angriffskrieg gegen Polen, zum „Bewahrer des Friedens“ hoch. Danach wandte sich Grissemann explizit noch an die freiheitliche Parteiführung mit den Worten „Liebe Naz… liebe rechtspopulistische Politiker…“, worauf Stermann „Umvolker!“ einwarf, einen Begriff der Nazis.
„Dass ihr Nazis seid!“
Grissemann stellte bereits 2016 den blauen Präsidentschaftskandidaten Norbert Hofer im Sketch Homestory als Hitler dar. Er führte als Hofer durch „sein Reich“ und das „Fechtzimmer“, setzte sich eine „Biertonne“ (eine Kopfbedeckung der Burschenschafter) auf und klebte sich einen Hitlerbart unter die Nase. Der Komiker vermied eine Klage, indem er sagte, Hofer würde sich am „Pinkafelder Sommergschnas“ nur als Charlie Chaplin verkleiden.
Die Staatskünstler Thomas Maurer, Robert Palfrader und Florian Scheuba verspotteten 2017 einen FPÖ-Werbespot zur letzten Nationalratswahl (siehe Bild oben). Maurer und Palfrader spielen zwei deutschnationale Burschenschafter, die in ihrer „Bude“ zu einem „Panzerlied“ der Wehrmacht darüber sinnieren, was sie eigentlich sind – bis Scheuba als Strache auftritt und ihnen antwortet: „Dass ihr zwei Nazis seid! Auch wenn es manchmal schwer ist, zu sagen, was man denkt. Wenn es für euch schwer ist, sage ich es für euch.“
Im braunen Sumpf
Auch Karikaturisten wissen längst, womit sie es bei der FPÖ zu tun haben. Von Gerhard Haderer gibt es eine Karikatur, die ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz mit einem braunen Haufen auf dem Kopf zeigt, während dieser mit einem Fernglas angestrengt in die Weite schaut. Darunter die Worte „Braune Haufen, wo?“. Schriftsteller Peter Turrini verwies in seiner Rede anlässlich der Republikfeier des SPÖ-Parlamentsklubs auf dieses, leider nicht abgedruckte, Haderer-Bild. „Seinen Gesichtsausdruck nennt man Message Control“, foppte Turrini.
Legendär sind die Karikaturen von Manfred Deix, Gerhard Haderer, Michael Pammersberger, Karl Berger, Jörg Vogeltanz und vielen anderen. In einem großartigen Bild setzte Haderer den Vizekanzler in eine Badewanne, wo der verzweifelt versucht, sich Hakenkreuze, SS-Runen und Logos der „Identitären“ vom Rücken zu schrubben. Berger zeichnete Strache in einem braunen Sumpf mit Neonazis, „Identitären“ und deutschnationalen Burschenschaftern, während Kurz kniehoch im Morast watet und ihn entschuldigt: „Ich hatte schon befürchtet, du könntest im braunen Sumpf stecken. Aber ich sehe, es ist alles in Ordnung!“
Vogeltanz karikierte FPÖ-Minister Herbert Kickl mit blauer Kornblume und einer rechtsextremen Manipulationsanleitung (illustriert mit Hitler), der seinen Gegnern ankündigt, sie können ihn gern „bis zur Vergasung“ als Nazi diffamieren.
Die Bewegung hat geholfen, bislang Unsagbares doch auszusprechen. Die Medienrechtsexpertin Margot Rest von der Kanzlei Ruggenthaler, Rest und Borsky argumentiert unter Berufung auf die „Freiheit der Kunst“ im Standard, dass es rechtens sei, Strache als „Ex-Neonazi“ zu bezeichnen, „wenn hinreichend andere Nachweise erbracht werden können, die eine neonazistische Gesinnung oder Tätigkeit in der Vergangenheit belegen“. Die Politik muss sich ein Beispiel an der Offensivität der Kunst nehmen.
Veranstaltungstipp
"Soll man Strache einen Nazi nennen?" mit Hans-Henning Scharsach (Autor von „Strache im braunen Sumpf“) und David Albrich (Linkswende jetzt, Autor von „Das Braunbuch FPÖ“) beim Kongress Marx is Muss. Infos auf marxismuss.at
Wann? Freitag, 10. Mai um 19:00 Uhr
Wo? Amerlinghaus, Stiftgasse 8, 1070 Wien