Arbeiter rein in die Klimastreiks!
Die Schüler_innen streiken seit mehr als einem halben Jahr jeden Freitag für die Zukunft. Aber es ist nicht nur ihre Zukunft. Wer jünger ist als – sagen wir 70 Jahre – wird mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit noch einige drastische Veränderungen wegen des Klimawandels miterleben. Deshalb müssen Arbeiter_innen, aber auch die Großeltern der Streikenden, Teil dieser Bewegung werden.
Im Nachhinein scheint es logisch, dass es Kinder und Jugendliche waren, die die globale Bedrohung Klimawandel endlich so erfolgreich auf die Tagesordnung gesetzt haben. Es ist möglich, dass sie in einer Welt leben müssen, die wir uns heute gar nicht vorstellen können oder wollen. Aber das ist der falsche Zugang zu den nötigen Klimaprotesten. Klimawandel geht uns alle an, egal wie alt wir sind, egal wo wir leben und egal wie sehr wir persönlich davon betroffen sein werden. „Kein Mensch ist eine Insel, ein Ganzes in sich selbst“, wie es so trefflich bei John Donne heißt.
Nötiger Druck
Um baldigst eine Senkung des CO2-Ausstoßes zu erwirken, werden wir immensen politischen Druck erzeugen müssen. Kein Protest erzeugt mehr Druck als Streiks. Streiks zielen direkt auf das Herz des Kapitalismus, denn ohne Arbeit keine Profite, und für Profite würden die Kapitalisten das Klima ohne mit der Wimper zu zucken unwiederbringlich zerstören.
Von 2011 bis 2017 blieb der jährliche weltweite CO2-Ausstoß relativ stabil bei 35 Gigatonnen (Gt) oder 35 Milliarden Tonnen Kohlendioxid. Entgegen allen Versprechungen beschleunigen sich die Emissionen nun wieder: 2018 wurden laut Prognosen des Global Carbon Project 37,1 Gt CO2 emittiert.
Individuum und Klasse
Also, weil niemand mehr Druck erzeugen kann als die Werktätigen, müssen sie als Klasse Teil der Klimaprotestbewegung werden.
Aber das kann den einzelnen Arbeiter_innen als eine zu ferne Vision erscheinen, schließlich gibt es mit den Gewerkschaften eine alle Branchen umfassende Organisation der Lohnabhängigen und die könnte den Generalstreik ausrufen – etwas, was die einzelne Arbeiterin nicht kann. Dass sich die Gewerkschaften dagegen sträuben, ist ein Fakt, allerdings einer mit dem man sich nicht abfinden darf. Wenn Gewerkschaften sich auf die Position zurückziehen wollen, dass Klimaschutz ja kein Arbeitsdisput sei (wie bspw. Lohnverhandlungen), dann sollte jeder einzelne von uns für ein anderes Verständnis kämpfen.
Öffentlicher Verkehr
Um die nötige Energiewende herbeizuführen, sind mehrere Maßnahmen unmittelbar umsetzbar. Wir müssen auf öffentlichen Verkehr umstellen, Personen- und Gütertransport von der Straße auf die Schienen verlegen, und er muss billig bis gratis werden. Davon profitieren natürlich vor allem die Lohnabhängigen, die heute oft gezwungen sind, mehrere Stunden pro Woche im privat finanzierten PKW zurückzulegen.
Außerdem wird diese Umstellung sehr viele Arbeitsplätze schaffen und das Wissen und die Fähigkeiten von Menschen brauchen, die heute in schädlichen Industrien, wie Fahrzeugherstellung oder der Förderung und Verarbeitung fossiler Brennstoffe beschäftigt sind.
Sanierung von Gebäuden
Ebenfalls unumgänglich ist die Sanierung von Häusern und Wohnungen, so dass sie weniger Energie für Heizung und Kühlung verbrauchen. Zusätzlich muss der Bau neuer Wohnungen neu gedacht werden. Würden wir so weiter machen wie bisher, und alleine die Gebäude, die als Folge der Landflucht in den Städten errichtet werden müssen, mit Beton bauen, könnten wir die Klimaziele von Paris nicht mehr erreichen. Nur wir Arbeiter_innen können als globale Klasse solche Herausforderungen bewältigen.
80 Prozent der bisher bekannten Reserven an fossilen Brennstoffen dürfen nicht mehr verbrannt werden (wenn wir die Klimaziele von Paris einhalten wollen), aber die Erdölgiganten haben vor, die Förderung und Verbrennung bis 2030 um 25 Prozent zu steigern.
Lasst sie im Boden
Wer außer der Arbeiter_innenklasse kann den Kapitalisten das Ruder aus der Hand reißen? Von der unmittelbaren Aufgabe, vor der wir stehen, den CO2 Ausstoß pro Jahr zu senken, bis zu den ganz großen Herausforderungen, eine komplette Energiewende zu verwirklichen – es gibt nur einen Akteur, der das bewerkstelligen kann. Die größte Hürde am Weg dorthin ist politischer Natur: um mehr Macht zu bekommen, die Geschicke tatsächlich steuern zu können, braucht es die Selbstaktivität von uns Arbeiter_innen.
Die Schüler_innen haben auch nicht gefragt, ob sie streiken dürfen. Sie sind einfach aktiv geworden. Am 27. September können viele von uns die ersten Schritte setzen, um Teil ihrer Bewegung zu werden. Also, worauf warten wir noch?