Fatales Signal: SPÖ will Mitglied ausschließen, das FPÖ-Gewalt anprangert
Die SP-Langenzersdorf bezeichnete den jüngsten Fünffachmord in Kitzbühel als „nächste FPÖ-Amoklauf“. Ein (mittlerweile ausgeschlossener) freiheitlicher Politiker erschoss kaltblütig seine ehemalige Freundin, ihren neuen Freund sowie ihren Bruder, Vater und Mutter. Die SPÖ Niederösterreich entschuldigte sich prompt für das „gespürlose und völlig pietätlose Posting“ der Ortsgruppe Langenzersdorf.
Aber gibt es wirklich keinen Zusammenhang zwischen dem Macho-Täter von Kitzbühel, der sich in seiner Männlichkeit so erniedrigt sah, dass er die sechs Jahre jüngere Ex-Freundin samt Familie und neuem Freund auslöschte, und seiner politischen Gesinnung?
Latentes Gewaltpotenzial
Der renommierte Autor Hans-Henning Scharsach hat sich intensiv mit der Gewalt, die von FPÖ-Umfeld ausgeht, beschäftigt. In seinem Buch Strache: Im braunen Sumpf (2012) widmete er sich ausführlich der „Tradition der Gewalt“ von „Burschenschaftern und Freiheitlichen“. Scharsach kommt zum Schluss, dass „vielen Tätern das Unrechtsbewusstsein fehlt, wie vor Gericht immer wieder sichtbar wird, ist unmittelbare Folge der freiheitlichen Politik. Die Internet-Seiten der FPÖ und die von Strache vorgegebene Wahlkampf-Rhetorik flößen potenziellen Gewalttätern gefährliches Selbstvertrauen ein.“
Immer wieder schlägt im FPÖ-Umfeld die Gewalt des Wortes in die Gewalt um. Aus Wut über die Absetzung des blauen Innenminister Herbert Kickl feuerte zuletzt der (mittlerweile ausgeschlossene) FPÖ-Chef in Bergheim bei Salzburg von seinem Balkon aus 29 Schüsse auf vorgestellte Bilder von Bundespräsident Van der Bellen und Kanzler Sebastian Kurz. Kurz vor der Nationalratswahl 2017 berichtete die Kronenzeitung, dass ein FPÖ-Nationalratsabgeordneter seine ehemalige Geliebte in einem Hotelzimmer krankenhausreif geprügelt haben soll. Die Affäre beschäftigte zuletzt auch den Untersuchungsausschuss zur Razzia im Verfassungsschutz.
Reaktionäres Frauenbild der FPÖ
Gewalt gegen Frauen ist ein generelles strukturelles Problem in unserer Gesellschaft. Bei der FPÖ hängt das latente Gewaltpotenzial direkt mit ihrem faschistischen Weltbild zusammen.
Im Buch Stille Machtergreifung – Hofer, Strache und die Burschenschaften (2017) beschreibt Scharsach das besondere freiheitliche Frauenbild: „Das männerbündisch geprägte Rollenverständnis knüpft nahtlos an das von Hofer und Strache ins FPÖ-Programm geschriebene Gesellschaftsmodell der ‚Volksgemeinschaft‘ an, in dem, wie in einem Uhrwerk, jedes Rädchen seine Funktion zu erfüllen hat.“ Aus diesem Denkmuster würde, so Scharsach, „die untergeordnete Stellung der Frau abgeleitet“. Die FPÖ schließe „nahtlos an die Familienpolitik der Nazis an“. Gewalt gegen Frauen wird so ideologisch legitimiert.
Solidarität mit SPÖ-Langenzersdorf
Gerade das jüngste rechtsradikale Attentat auf eine Synagoge im deutschen Halle (Sachsen-Anhalt) macht deutlich, dass wir schonungslos über rechte Gewalt reden und gegen die geistigen Brandstifter dieser Gewalt vorgehen müssen. Genau diese richtige und wichtige Debatte wollte die SPÖ-Langenzersdorf anstoßen, als sie von dem „nächsten FPÖ-Amoklauf“ gesprochen hat.
Dass sich die SPÖ nun davon distanziert, sich „bei allen politisch legitimierten Parteien in Österreich“ – das heißt auch bei der FPÖ – entschuldigt und den verantwortlichen Funktionär aus der Partei ausschließen will, ist ein fatales Signal für die Frauenrechts- und antifaschistische Bewegung. Besonders erschreckend ist, dass man diese Schritte hörig auf Zuruf der FPÖ setzt (SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner sei „angehalten, diesem ungustiösen und nicht tolerierbaren Treiben“ rasch ein Ende zu bereiten) und sich schützend vor sie stellt, indem man besonders betont, dass die Freiheitlichen „demokratisch legitimiert“ wären.
Wir bekunden ausdrücklich unsere Solidarität mit der SPÖ-Langenzersdorf.