Aufrüstung kostet uns den Sozialstaat

Obwohl Österreich (noch) nicht Teil der NATO ist, folgt es dem westlichen Trend, Aufrüstung voranzutreiben und dafür den Sozialstaat zurückzu fahren.. Die Ausgaben für Aufrüstung sollen sich in Österreich bis 2032 verdoppeln. Gleichzeitig werden mit dem Doppelbudget für 2025/26 hunderte Millionen bei Hilfsbedürftigen gestrichen.
16. September 2025 |

Nach Trumps Amtsantritt im Jänner dieses Jahres hat die Kriegsbegeisterung im Westen einen neuen Höhepunkt erreicht. Mit seinen „tariffs“ (Zöllen) und dem Angriff auf iranische Atomanlagen hat er auf die NATO-Staaten so lange Druck ausgeübt, bis sie zustimmten, ihre Militärausgaben zu erhöhen. Viele der EU-Länder heißen die Aufrüstung durchaus willkommen, wie auch Marnie Holborow in ihrem Artikel auf Seite 41 schreibt.

Die Schwächsten müssen bluten

Österreich, selbst nicht Teil der NATO, und einer der wenigen neutralen Staaten, plant mit seinem „Aufbauplan 2032+“ die Militärausgaben von derzeit knapp 1 % des Bruttonationalprodukts (BIP) auf 2 % des BIP zu verdoppeln. Bis 2029 werden die Sozialausgaben von derzeit 1,2 % auf 1,11 % gekürzt. Wie zu erwarten sind zuerst die gesellschaftlich Schwächsten betroffen: Menschen mit Behinderung und von Armut Betroffene.

Dieses Jahr werden die Unterstützungsleistungen für die Integration von Menschen mit Behinderungen in den Arbeitsmarkt von 242,3 Mio. € auf 117,8 Mio. € mehr als halbiert. Der Präsident des Behindertenrats Klaus Widl kritisiert die Sparmaßnahmen: „Auch in budgetär schwierigen Situationen ist es nicht zu akzeptieren, dass Unterstützungsleistungen, die essentielle Voraussetzung für die berufliche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen sind, reduziert werden.“

Anna Parr, Generalsekretärin der Caritas Österreich, zeigt in ihrem Gastbeitrag in der Presse auf, wie schlimm bereits jetzt die Situation von Armut Betroffener ist, die sich an die Caritas wenden. Ihnen bleiben nach Miete und Energiekosten noch ca. 15 € pro Tag für Essen, Kleidung, Schulmaterial für ihre Kinder, Schulden, usw. In ganz Österreich waren laut Statistik Austria im Jahr 2023 knapp 1,6 Mio. Menschen armuts- und ausgrenzungsgefährdet, das entsprach 17,7 % der österreichischen Bevölkerung. 336.000 Menschen waren materiell und sozial depriviert, darunter 80.000 Kinder.

Im Vergleich zu 2019 mit 236.000 von Armut Betroffenen beträgt der Anstieg 42,2 %. Im Doppelbudget werden Unterstützungen für diese Menschen von knapp 270 Mio. € im Jahr 2024 auf 130 Mio. € dieses Jahr gekürzt und mit 2026 komplett gestrichen. Das bedeutet: Für fast doppelt so viele von Armut Betroffene gibt es nur mehr die Hälfte an Unterstützungen Anna Parr fordert die schwarz-rot-pinke Regierung auf: „Sie muss Verantwortung übernehmen und die härtesten Belastungen für von Armut betroffene Familien, Frauen und Kinder zurücknehmen.“

Frauen und Kinder zuerst

Die nächste Kürzung im Budget betrifft die Familienbeihilfe. Im Grunde eine weitere Kürzung bei armutsgefährdeten Menschen, da vor allem Familien mit mehreren Kindern und Alleinerzieher:innen (meistens Frauen) von dem geplanten Ende der Valorisierung (Anpassung an die Inflation) der Beihilfe betroffen sind. Das Momentum Institut rechnet vor, wie die nicht angepassten Beihilfen bei steigender Inflation ein Loch in die Haushaltskassen von Familien reißen: „Eine Familie mit 2 Kindern verliert etwa kommendes Jahr 165 Euro, 2027 ist der Verlust mit 291 Euro beinahe doppelt so hoch. Setzt die Regierung die Valorisierung sogar bis 2029 aus, bedeutet das für sie Einbußen in Höhe von 512 Euro. Am meisten verliert eine Familie mit fünf Kindern. Kommendes Jahr haben sie dadurch 454 Euro weniger zur Verfügung, 2027 dann 799 Euro. Bis zum Ende der Legislaturperiode 2029 verlieren sie durch die Streichung der Inflationsanpassung sogar 1.408 Euro.“

Eine weitere Maßnahme, die hauptsächlich Frauen trifft, ist die Kürzung der Bildungskarenz und der Bildungsteilzeit. Mehr als 80 % war der Frauenanteil bei der Bildungskarenz. Mit März 2025 sind beide Modelle abgeschafft worden und derzeit gibt es keinen Plan für einen Ersatz.

Milliarden gibt es nur für Waffen

In Summe kommen diese Kürzungen auf rund eine Milliarde Euro über die nächsten zwei Jahre. Nur ein kleiner Teil der 18,1 Mrd. €, die laut Finanzministerium bis 2031 für eine Konsolidierung des österreichischen Budgets eingespart werden müssen. Geht es nach dem Fiskalrat, fehlen noch 2,2 Mrd. € mehr, die eingespart werden müssen, also insgesamt 20,3 Mrd. €, um unter die Maastricht-Grenze von 3 % des BIP zu fallen. Das geplante EU-Defizitverfahren, um die derzeitige Schuldquote zu senken, wird wiederum Anlass sein, um weitere Kürzungen bei Sozialleistungen zu begründen.

Gerald Oberansmayr von der Solidarwerkstatt hat den geplanten „Einsparungsbedarf“ den Aufrüstungsplänen der Regierung gegenübergestellt. Seine Berechnungen zeigen, dass dem Bundesheer bis 2033 fast 23 Mrd. € an zusätzlichem Geld zugeschanzt werden. Der „Aufbauplan 2032+“ hat das Ziel, die Militärausgaben von derzeit ca. 1% des BIP (2024: 4,86 Mrd. €) auf 2% des BIP (Prognose für das Jahr 2032 mehr als 10 Mrd. €) zu verdoppeln und damit das derzeitige NATO-Ziel zu erreichen.
Gekürzt wird nur bei jenen, die sich nicht wehren können. Das Ganze wirkt noch grausamer, wenn man sich vor Augen hält, dass mit SPÖ-Vorsitzendem Andreas Babler und Finanzminister Markus Marterbauer zwei ausgesprochene Kämpfer für Vermögenssteuern und den Sozialstaat dieses Budget grundlegend mitbeschlossen haben.

Die EU-Kommission ermöglicht mit dem im März beschlossenen „ReArm Europe“-Plan den Mitgliedstaaten zum einen für Rüstungsausgaben das Überschreiten der festgelegten Verschuldungsgrenze von 3 % des BIP und bietet zusätzlich insgesamt 150 Mrd. € Darlehen für Militärausgaben an. Geld, das für den Klimaschutz oder für soziale Unterstützung dringend notwendig wäre, aber genau dort sparen sie gerade wieder.

Wo ist das Soziale in der SPÖ?

Babler sagte noch im April 2024 zur 150-Jahr-Feier der SPÖ: „Es ist unsere Verantwortung, für Gerechtigkeit zu sorgen“. Eine interessante Gerechtigkeit, für die neuerdings die SPÖ steht. Der „linke“ Ökonom Marterbauer hat noch vor wenigen Jahren gesagt: „Bevor ich die Flugstunden für die Eurofighter ausweite, stecke ich das Geld lieber in die Schulen.“ Und noch vor einem Jahr erkannte er die Baustellen: „öffentliche (Klima-)Investitionen stärken, gute Arbeit schaffen, soziale Sicherheit stärken, Ungleichheit verringern, manifeste Armut beenden, Steuersystem gerechter machen, Steuerhinterziehung bekämpfen, die Verwaltung stärken.“

Die SPÖ hat auf ganzer Linie versagt, ein „gerechtes“ Budget zu beschließen und stattdessen die Aufrüstung Österreichs eingeläutet. Sie wird bei den nächsten Wahlen die Rechnung dafür zahlen, doch wir zahlen bereits für die nächsten Panzer. Wir brauchen eine starke Anti-Kriegs-Bewegung, die diese Themen verknüpfen kann, wenn wir unsere sozialen Errungenschaften erfolgreich verteidigen und ausbauen wollen.