Lorraine Hansberry

Die schwarze Bürgerrechtlerin und Bühnenautorin Lorraine Hansberry inspirierte Millionen Menschen. Nina Simone hat Lorraine Hansberry das Lied „To be young, gifted and black“ gewidmet. In der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung wurde es als „offizielle“ Hymne behandelt.
7. November 2017 |

James Baldwin erzählt im Kinofilm „I am not your negro“ das Aufeinandertreffen von Lorraine Hansberry mit Robert F. (Bobby) Kennedy. Schwarze Schüler_innen wurden von Rassisten im ganzen Land angegriffen, geschlagen, angespuckt und eingeschüchtert, weil sie es wagten, Schulen zu betreten, die bis kurz davor für weiße Kinder reserviert waren. Baldwin, Hansberry und andere schwarze Aktivist_innen schlugen vor, dass John F. Kennedy ein schwarzes Mädchen beim Betreten der Schule begleiten sollte. Bobby Kennedy tat die Idee als bloße Symbolpolitik ab. „Lorraine lächelte ihn an, stand auf und ging aus dem Raum. Ich bin froh, dass sie mich nie auf diese Weise angelächelt hat!“

Hansberry starb 34 Jahre jung im Jahr 1965 an einem Tumor der Bauchspeicheldrüse. Mit nur 29 Jahren hat sie mit dem Stück A Raisin in the Sun den Durchbruch als Bühnenautorin geschafft. Sie war die erste schwarze Frau, von der ein Theaterstück am Broadway produziert wurde und mit 29 Jahren die jüngste Autorin, die jemals den Preis der New Yorks Critics für das beste Stück des Jahres erhalten hat. A Raisin in the Sun (deutscher Titel: Ein Fleck in der Sonne) wurde später mit Sidney Portier in der Hauptrolle verfilmt und war eine der wenigen Begegnungen, die man normalerweise im deutschen Sprachraum mit Lorraine Hansberry hat.

Rassentrennung

© National Portrait Gallery

In den USA, und vor allem in der schwarzen Community, ist Hansberry dagegen ein Fixstern am Firmament. Bibliotheken sind nach ihr benannt worden und an den Universitäten werden Kurse über sie abgehalten. A raisin in the Sun gilt als unerreichbarer Klassiker seines Genres. Das Stück ist inspiriert vom Kampf ihrer Familie gegen die Rassentrennung in den USA, die Protagonisten sind allerdings eine Arbeiterfamilie aus der South Side von Chicago, und nicht aus der Mittelklasse wie die Hansberrys.

Ihr Vater Carl Hansberry klagte 1940 erfolgreich gegen eine Klausel, die es ihm unmöglich machte, ein Haus in einem weißen Viertel für seine Familie zu erwerben. Das Urteil änderte allerdings gar nichts an der Praxis der Rassentrennung in Chicago und Carl Hansberry starb 1946 als gebrochener Mann im selbst gewählten Exil.

Radikal

Wie seine zunehmend radikale Tochter die Sache verstand, triumphierte das System der Rassentrennung über die juristischen Höflichkeiten. Lorraine sah diese Familientragödie als ein Systemversagen und sie widmete ihr außergewöhnliches literarisches Talent vollständig der Suche nach revolutionären Lösungen. Das Stück war unter anderem deshalb so erfolgreich, weil sie ihre proletarischen Charaktere so treffsicher dargestellt hat. Dass sie selbst aus besseren Verhältnissen stammte, hat ihre Sensibilität für das Leben und Leiden der Arbeiter_innen in ihrer Nachbarschaft kein bisschen geschmälert.

Innerhalb der schwarzen Bürgerrechtsbewegung zählte Lorraine Hansberry, die ihren Mann, den weißen jüdischen Poeten und Songschreiber Robert Nemiroff auf einem Protest kennenlernte, zum radikalen Flügel. Sie hatte es satt, dass manche Mitstreiter die Bewegung auf einem braven Weg halten wollten.

Revolte

Noch kurz vor ihrem Tod schlüpfte sie aus ihrem Krankenbett und trat bei einer öffentlichen Debatte der Bewegung auf. „Der Druck … wird von 20 Millionen missmutigen schwarzen Menschen kommen, die allerdings von einer neuen, sich gerade entwickelnden neuen Führung angeführt werden müssen. Eine Führung, die, wenn aus der Revolte der Schwarzen eine Revolution werden soll, bestens vertraut mit den fortschrittlichsten Ideen von außerhalb sein muss, eine Führung die den großen Ideen und Bewegungen unserer Zeit ausgesetzt gewesen sein

Black Panthers und Gay Liberation Front: Unite and fight!

Black Panthers und Gay Liberation Front: Unite and fight!

wird, eine Führung die den Provinzialismus abschütteln kann und die die Erwartungen der schwarzen Bevölkerung im Realismus des 20. Jahrhunderts baden kann, eine Führung, die keine Illusion in die Natur unserer Unterdrückung hat und die nicht länger damit zögert, nicht nur die Resultate dieser Unterdrückung zu verdammen, sondern auch die wahre und unausweichliche Ursache davon – und das ist natürlich die aktuelle Organisation der amerikanischen Gesellschaft.“

Schreiben und Aktivismus waren für Hansberry immer eine Einheit – von ihren ersten Arbeiten Anfang ihrer 20er-Jahre für die antiimperialistische Zeitschrift Freedom von Paul Robeson bis zu ihrem letzten Auftrag 1964, dem Text für eine Dokumentation der Bürgerrechtsbewegung mit dem Titel The Movement.