Anti-Überwachungs-Demo: Mit Kickls Cousine gegen den FPÖ-Innenminister

Hunderte Menschen demonstrierten am Donnerstag, 19. April in Wien gegen FPÖ-Innenminister Herbert Kickl, die neuerlichen Asylrechtsverschärfungen und die schwarz-blauen Überwachungspläne. Daniela Kickl, die Cousine des Innenministers, reiste extra zur Demo an.
20. April 2018 |

Mehrere hundert Menschen demonstrierten am Donnerstag, 19. April unter dem Motto „Kickl muss weg“ vom Schottentor zum Innenministerium in Wien. Sie machten ihrem Ärger über FPÖ-Innenminister Herbert Kickl, die neuerliche Asylrechtsverschärfung und die Überwachungspläne von Schwarz-Blau Luft. Besonders viele junge Menschen, Schüler_innen und Studierende, beteiligten sich an der Demo, zahlreiche Flüchtlingshelfer_innen und Omas gegen Rechts marschierten lautstark mit. Auf der Schlusskundgebung vor Kickls Ministerium am Minoritenplatz kam es zu einem besonderen Highlight.

Die Cousine des Innenministers, Daniela Kickl, die seit Wochen mit ihren „Brieferl“ an die Regierung die Bewegung gegen Schwarz-Blau begeistert, reiste extra aus Irland an. In ihrer Rede prangerte sie die Überwachungspläne der Regierung scharf an: „Ich möchte nicht unter Generalverdacht kommen und ich möchte nicht, dass ich irgendjemandem erklären muss, was ich mache oder nicht mache!“ Wolfgang Ambros gab seine Zustimmung, im Sinne einer guten Sache, im Anschluss an Danielas Rede sein Lied „A Mensch möchte i bleiben“ vorzuspielen.

Schwarz-Blau verhasst

Zum Protest aufgerufen hatte Linkswende jetzt. Ziemlich genau 340 Teilnehmer_innen (nach einer Zählung von Gerhard Kettler) marschierten über die Landespolizeidirektion, die Burschenschaft „Gothia“ (Sitz der rechtsextremen FPÖ-nahen „Unzensuriert“-Redaktion), die Zentralen von FPÖ und ÖVP und den Regierungssitz zum Innenministerium am Minoritenplatz. „Wir protestieren heute gegen rechtsextreme Ideologie und rassistische Hetze, die mit Kickl Einzug in die höchsten Ämter des Staates gefunden haben“, sagte Linkswende jetzt-Pressesprecherin Katharina Anetzberger.

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Thomas, ein 23-jähriger Student, sagte gegenüber Linkswende jetzt: „Es ist eh klar, wieso man auf so eine Demonstration geht. Kickl steht für alles Reaktionäre in Österreich. Es braucht vielmehr Proteste wie diese, ansonsten normalisieren sich noch Rassismus, Neoliberalismus und Frauenverachtung.“ Die Stimmung war ausgelassen und kämpferisch. Eine ältere Frau erzählte, sie finde „den Kickl einfach nur fürchterlich“ und die schwarz-blaue Regierung „grausig“.

„Kickl abschieben“

Für besondere Empörung sorgte die in dieser Woche im Ministerrat beschlossene Asylrechtsverschärfung.  Nach der könnte die Regierung künftig Schutzsuchende, die alles verloren haben, bis zu 840 Euro für ihre eigenen Asylverfahren zahlen lassen, wodurch das Menschenrecht auf Asyl völlig ausgehebelt wird. Flüchtlingen sollen die Handys abgenommen werden und Kickl macht seine Drohung wahr, es sollen künftig Menschen während ihres Verfahrens an zentralen Orten „konzentriert“ werden.

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Viele Flüchtlinge aus Afghanistan reihten sich in den Demozug ein. Studentin Sabine war zornig: „Ich habe lange als Freiwillige in der Flüchtlingshilfe gearbeitet. Darum kenne ich die rassistische Praxis der Behörden. Kickl will das Ganze jetzt noch verschärfen, das ist eine Sauerei! Der Typ gehört aus Österreich abgeschoben, nicht die Afghanen.“ Auf selbstgemalten Schildern waren häufig antirassistische Parolen zu lesen, darunter „Diskriminierung darf nicht salonfähig sein!“ und „Kein Mensch ist illegal“.

Solidarität

In der Schlösselgasse, kurz vor dem Sitz der FPÖ-nahen Plattform „unzensuriert“ (dessen Chefredakteur zu Kickls Kommunikationschef im Innenministerium aufstieg), applaudierten Familien aus den Fenstern in den oberen Stockwerken eines Wohnhauses, zwei Solidarische ließen gar ein rotes Handtuch an einer Stange aus dem Fenster wehen und riefen „Hoch die internationale Solidarität!“ mit. Beim Rathaus zeigte ein Bauarbeiter den Daumen nach oben: „Gut, was ihr da macht. Die da oben sind eh alles Arschlöcher. Wenn ihr sowas gegen den ‚Geschniegelten‘ (gemeint ist Kanzler Sebastian Kurz, Anm.) macht, dann komm ich das nächste Mal auch.“

 

Unglaublich viele bedankten sich über Facebook für die Organisation der Demo. „Danke für Eure Arbeit“, meinte Lisi. Katharina schrieb: „Es war genial! Und wir waren laut!“ Monika war begeistert: „Ihr seid ein tolles Team, weiter so, wir sehen uns bestimmt wieder.“ Regina fand: „Super Leute, ich bin überwältigt!“ Hans meinte: „Das Beste am Kickl – ist seine Cousine!“ und Michael erklärte sich mit den Demonstrierenden solidarisch: „Kickl muss zurückgetreten werden!“

Polizeihubschrauber sollte drohen

Während der gesamten Demonstration kreiste stundenlang ein Polizeihubschrauber des Innenministeriums drohend über dem Zug, als ob es sich bei den rund 340 Demonstrierenden um Schwerverbrecher handeln würde – offenbar eine reine Machtdemonstration des Innenministers. Eine Flugstunde kostet übrigens rund 2.500 Euro, die Kickl sicherlich nicht persönlich zahlen wird. Vom Polizeihubschrauber ließ sich niemand einschüchtern. „Kickl muss einfach weg!“, sagte Alina wütend. „Dabei müssen wir ganz konkret auch gegen den Staat vorgehen, denn von alleine lässt sich Kickl wohl nicht absetzen.“

David vom Verein gegen Tierfabriken (VGT) meinte: „Ich bin gegen Kickl egal auf welcher Ebene, sei es die Aufstockung um 4.000 Polizeibeamte, immer schärfere Asylgesetze, und vieles mehr. Ich bin heute für einen Tierschutzverein hier, und die Einführung einer berittenen Polizei steht gegen alles, was mir wichtig ist.“  Aktivist_innen vom VGT marschierten mit einem Banner „Heast, Kickl, a Pferd is ka Kiwara“ im Demozug mit.

Grußbotschaft Hans-Henning Scharsach

Gewerkschafter Christian Volek verlas bei der Auftaktkundgebung am Schottentor vor der Universität Wien eine Grußbotschaft des bekannten Buchautors Hans-Henning Scharsach („Stille Machtergreifung“): „Wer Menschenrechte und demokratische Grundrechte wie Versammlungsfreiheit oder Pressefreiheit derart frontal attackiert und immer wieder durch rechte Sprüche die Neonazi-Szene bedient, hat in der Regierung eines demokratischen Landes nichts zu suchen. Jetzt liegt es an uns, Widerstand zu leisten!“

In weiteren Reden prangerten Aktivist_innen von Linkswende jetzt das frauenverachtende Menschenbild der Burschenschafter und der FPÖ, die geplante Einführung des Kopftuchverbots an den Schulen und den Ausbau von Überwachung und Aufstockung der Polizei an. Weitere Proteste wurden angekündigt, darunter der Fackelzug der Sozialistischen Jugend am 30. April, die Demonstration der Offensive gegen Rechts und das Konzert „Fest der Freude“ am Heldenplatz am Tag der Befreiung vom Nationalsozialismus (8. Mai) und eine Demonstration der Plattform für eine menschliche Asylpolitik am Weltflüchtlingstag (20. Juni).

Die Interviews führte David Reisinger. Fotos von Mustafa Azizi.