Am 8. März gegen den Völkermord in Gaza auf die Straße
Feminist:innen, bzw. FLINTA* (FLINTA* steht für Frauen, Lesben, intergeschlechtliche, nichtbinäre, trans und agender Personen) versammeln sich unter dem Banner „Decolonize the 8th of March“ und machen so darauf aufmerksam, wie sehr die Rechtfertigung für den Völkermord in Gaza von kolonialer Verachtung für die Opfer getragen ist. Dafür wird diese neue Bewegung wenig überraschend von „links“ angegriffen, genauer gesagt von Linksliberalen. Wolfgang Sobotka und Co. müssen erst noch auf den Zug aufspringen. Die Angriffe lauten ungefähr so: Wer als FLINTA* den Völkermord in Gaza verurteilt, muss Antisemit:in und dumm sein, denn in Gaza würden FINTA* verfolgt oder ermordet werden. Das ist plumpes „Pink-washing“ des Genozids!
Anbiedern ans Establishment
Politisch aktive queere Menschen, die sich mit der Bevölkerung Gazas solidarisieren, sind nicht dumm; ihnen ist völlig bewusst, dass queere Personen in Gaza unterdrückt werden. Die Unterdrückung queerer Menschen ist indes nicht Gaza oder Palästina eigen. Queere Menschen werden auf der ganzen Welt angefeindet, diskriminiert und Gewalt ausgesetzt. Queeren Aktivist:innen Dummheit zu unterstellen, sobald sie sich gegen den Genozid in Gaza stellen, spricht eigentlich schon für sich. Es ist eine taktische Anbiederung an das homophobe und queerfeindliche Establishment, und bedient sich dafür der gebräuchlichsten Vorurteile: Queere Personen könne man nicht ernst nehmen, sie taugen bestenfalls als Aufputz für Spendengalas und Bälle, wenn man sich liberal geben will. Eine eigene strategische Perspektive, eine differenzierte Analyse der eigenen Unterdrückung zu entwickeln, wird ihnen indes abgesprochen. Viel tiefer können Linke und Feministinnen nicht mehr sinken.
Schuldige Zivilisten
Diese „linken“ Angriffe auf „Decolonize the 8th of March“ geben vor, für die Befreiung von FINTA* zu stehen, ohne sich auch nur eine Sekunde daran zu stören, dass die Mehrheit der ermordeten Menschen in Gaza Frauen und Kinder sind. Die verschiedenen Maßstäbe, die diese Menschen setzen, sind in der Tat aufschlussreich. Sie haben in der Vergangenheit die Bombardierung von Afghanistan unter dem Vorwand von Frauenbefreiung begrüßt, sie tun das heute in Gaza. Abgesehen davon, wie absurd der Gedanke ist, man könne FINTA* mit Bomben befreien, trieft diese Haltung vor Rassismus und Ignoranz. Hier gibt es keinerlei Mitgefühl und Null Empörung über die hunderttausenden ermordeten Frauen, welche die US-Kriege in den zwei vergangenen Jahrzehnten in muslimischen Ländern gebracht haben.
Es sind eben muslimische Frauen und Kinder, „schuldige Zivilisten“, im Gegensatz zu den unschuldigen Zivilist:innen, wenn es zivile Tote auf westlicher Seite gibt. Speziell im Fall des Völkermords in Gaza hört man nur zu oft: „Aber sie haben die Hamas gewählt, oder?“ Und nur um sicher zu gehen: haben wir je von diesen so genannten Linken die Forderung gehört, die Frauen israelischer Siedler, die unter extremer patriarchaler Unterdrückung leben, mit Bomben zu befreien? Ihr Rassismus, bzw. ihre Verachtung für Musliminnen sticht ihre hausbackene „Frauensolidarität“ mit Leichtigkeit aus.
Alte Tricks
Maryam Aldossari, eine Forscherin zu Geschlechterungleichheit im Nahen Osten stellt eine wichtige Frage an die feministische Bewegung. „Warum werden die Geschichten palästinensischer Frauen ignoriert? Warum verdienen die Kämpfe palästinensischer Frauen und Kinder nicht dasselbe Maß an Besorgnis? Israels fast vollständige Belagerung und wahllose Bombardierung des Gazastreifens hat bereits Zehntausende von palästinensischen Frauen und Kindern getötet, verstümmelt und unter den Trümmern verschwinden lassen. Viele weitere wurden vertrieben und müssen den harten Winter ohne angemessene Unterkünfte und Vorräte überleben. Der fast vollständige Zusammenbruch des Gesundheitssystems, gepaart mit dem Mangel an Nahrung und sauberem Wasser, bedeutet, dass etwa 45.000 schwangere Frauen und 68.000 stillende Mütter in Gaza dem Risiko von Anämie, Blutungen und Tod ausgesetzt sind.“ Die hier kritisierte Haltung gegenüber nicht westlichen Völkern ist so alt, wie der Imperialismus selbst. Unsere Herrschenden haben immer auf dieselbe Art und Weise um ideologische Unterstützung für ihre Grausamkeiten geworben. Unsere Gewalt sei nötig, weil die Angegriffenen so rückständig seien.
Den Frauen der unterworfenen Gesellschaften wurde damals und heute rundweg der Wille und die Fähigkeit abgesprochen, sich selbst zu befreien. Das zeugt von unerträglicher Ignoranz gegenüber den täglichen Realitäten in solchen Gesellschaften, die natürlich genauso von Klassenkampf und von Kampf gegen Unterdrückung geprägt sind. Und es ignoriert die Tatsache, dass Bedrohung und Angriff von außen immer konservative Tendenzen stärkt. Selbst in Kuba ist das ganz deutlich zu beobachten. Homosexuelle Aktivist:innen in Kuba verfluchen das Embargo der USA, weil es jeden Fortschritt zunichte gemacht, und sie in eine unerträgliche Situation gebracht hat.
Deshalb der Aufruf an Linke und FLINTA*: Auf die Straßen gegen den Völkermord in Gaza. Hier geht es nicht nur um unsere Glaubwürdigkeit, es geht um echte Menschen, die leiden und zu Tausenden vom westlichen Imperialismus ermordet werden.
Freitag. 8. März 15:00 am Platz der Menschenrechte, Mariahilfer Str. 1, 1070 Wien