Die Geschichte der helfenden Hände für Flüchtlinge

Seit Monaten sehen wir, dass sich die österreichische Bevölkerung unglaublich solidarisch gegenüber Flüchtlingen verhält. Hunderte fuhren nach Traiskirchen und gründeten lokale Initiativen. Als die Flüchtlinge zu Tausenden die Festung Europa stürmten, empfingen sie jubelnde Menschen am Westbahnhof. Neue Linkswende hat sich mit den Helfer_innen unterhalten und sich ihre Geschichte erzählen lassen.
16. Oktober 2015 |

Billa-Kassiererin Necmiye: „Ohne uns hätte es eine humanitäre Kathastrophe gegeben!“

Ich war schon einige Male in Traiskirchen und habe gemeinsam mit einigen Freunden Essen und Kleidung vorbeigebracht. Deshalb bin ich auch gleich zum Westbahnhof gefahren und habe dort mitgeholfen. Ich bin noch immer komplett überwältigt von der Hilfsbereitschaft in Österreich. Das Problem ist aber, dass vielen Menschen langsam die Ressourcen ausgehen.

Freunde von mir haben ihren ganzen Urlaub aufgebraucht um Flüchtlingen zu helfen und nach Ungarn bzw. jetzt Kroatien zu fahren. Die Kleidungs-Spenden werden auch weniger. Die meisten Leute haben kaum mehr Gewand, das sie noch spenden können, und auch die Nahrungsspenden werden weniger, weil viele Leute einfach kein Geld mehr haben. Ich würde auch gerne mehr spenden, doch mein Gehalt als Billa-Kassiererin ist dafür einfach zu niedrig.

Die Regierung hat vollständig versagt, ohne uns wäre es zu einer humanitären Katastrophe gekommen.

Die Regierung hat vollständig versagt, ohne uns wäre es zu einer humanitären Katastrophe gekommen. Die Regierung muss endlich handeln und die Menschen in Österreich integrieren. Sie muss Wohnungen finden und wenn es keine gibt, halt welche bauen. Es ist grausam dass noch immer Menschen in Zelten schlafen müssen, teilweise sogar auf Bahnhöfen, und das in einem der reichsten Länder der Welt. Jetzt wo der Winter kommt wird das alles noch schlimmer.

Studentin Marina half als Übersetzerin: „Ich musste selbst aus Afghanistan flüchten.“

Ich bin zufällig zum Westbahnhof gekommen und habe gesehen, was los war, da wollte ich natürlich gleich mithelfen. Ich war in den letzten zwei Wochen siebenmal am Westbahnhof. Vor einer Woche war extrem viel los, praktisch stündlich kamen Züge. Wir haben den Flüchtlingen Essen und Wasser gegeben, und ich habe beim Übersetzen geholfen. Ich musste selbst aus meiner Heimat Afghanistan fliehen. Da kann man noch viel besser verstehen, was diese Menschen durchmachen und wieso sie Hilfe brauchen.

Nur wenige der Flüchtlinge wollten hier bleiben, die meisten wollten nach Deutschland. Übersetzer werden eigentlich immer gebracht, darum hab ich gleich noch drei Freude von mir mitgebracht.

Lehrling Sonja: „Ich bin sofort zum Westbahnhof gefahren“

Ich war schon oft in Traiskirchen und habe Kleiderspenden hingebracht und mich mit den Flüchtlingen unterhalten. Als ich erfahren habe, wie die Situation am Westbahnhof ist, dass tausende Flüchtlinge hier ankommen, bin ich gleich hingefahren.

Die Vorstellung, mir würde es so wie ihnen gehen, hat mich entsetzt. Stell dir vor. du hast kein zu Hause mehr, du weißt nicht wohin, man muss wieder von Null anfangen. Deshalb bin ich hierhergekommen, um den Flüchtlinge zu zeigen, dass sie hier willkommen sind.

Student Jawin: „Ich war komplett überwältigt“

Jawin hilft als Dolmetscher freiwillig am Westbahnhof. © Neue Linkswende
Jawin hilft als Dolmetscher freiwillig am Westbahnhof. © Neue Linkswende

Das erste Mal kam ich vor zwei Wochen hierher. Ich hab im Fernsehen gesehen, wie es am Westbahnhof aussieht. Ich wohne nicht weit weg, deshalb bin ich hierher gefahren. Ich wollte nur mal schauen, wie es aussieht. Am ersten Tag habe ich noch nicht mitgeholfen, ich war von der Situation komplett überwältigt. Am nächsten Tag bin ich wieder gekommen und es wurden Leute gesucht, die Dolmetschen können. Da hab ich mich natürlich gleich freiwillig gemeldet. Seit dem komm ich immer wieder, wenn ich Zeit habe!

Jussuf Schüler: „Menschen, die in Not sind, muss geholfen werden“

Wir mussten für unsere Schule ein Projekt machen und wir wollten Flüchtlingen helfen. Wir haben in unserer Schule Decken, Matten, Schlafsäcke und was man halt so braucht gesammelt und echt viel zusammenbekommen. Die werden wir aber erst später verteilen, weil es jetzt noch nicht so kalt ist. Heute verteilen wir Essen, vor allem Schokolade. Es ist doch selbstverständlich, dass man Flüchtlingen hilft. Menschen, die in Not sind, muss geholfen werden. Wenn hunderte Kinder draußen schlafen, kann man nicht einfach zuschauen.

Saskia, Angestellte: „Helfen ist ein gutes Gefühl“

Ich war eigentlich noch nie sonderlich sozial engagiert. Darum war ich zuerst skeptisch, als mir eine Freundin gesagt hat, dass ich zum Westbahnhof kommen soll. Aber sie hat nicht locker gelassen, deshalb bin ich dann doch hin gefahren.

Interview mit Train of Hope: Flüchtlingshilfe am Hauptbahnhof

Interview mit Train of Hope: Flüchtlingshilfe am Hauptbahnhof

Die Lage hat mich total überrascht, zu sehen wie hunderte verzweifelte Menschen direkt vor meiner Haustür ankommen und menschlich empfangen werden. Meine Freundin hat mir dann gesagt, was ich tun soll, vor allem Sachen hin- und hertragen und Essen ausgeben. Es war ein gutes Gefühl zu helfen und nützlich zu sein. Heute bin ich schon zum fünften Mal hier.

Der Verfasser/die Verfasserin hat den Artikel mit freundlicher Genehmigung zur Verfügung gestellt.