Elisabeth Dmitrieff

Als eine der tatkräftigsten revolutionären Frauen an der Front der Pariser Kommune trat die junge Elisabeth Dmitrieff für die Umorganisation
28. April 2017 |

Als eine der tatkräftigsten revolutionären Frauen an der Front der Pariser Kommune trat die junge Elisabeth Dmitrieff für die Umorganisation der sozialen Ordnung und die Frauenarbeitsrechte ein.

Die 1850 in Pskow als uneheliche Tochter eines russischen Aristokraten und einer deutschen Krankenschwester geborene Dmitrieff war bereits in jungen Jahren in der aufkommenden sozialistischen Bewegung in ihrem Heimatland, das damals noch unter zaristischer Herrschaft stand, aktiv. Da sie ihren Wissensdurst im repressiven Russland des 19. Jahrhunderts nicht stillen konnte, ging sie 1868, im Alter von 18 Jahren, eine Scheinehe ein, und zog nach Genf, wo es Frauen bereits erlaubt war, die Universität zu besuchen.

In der Schweiz lernte sie bald andere russische Revolutionäre kennen und schloss sich mit ihnen gemeinsam zur russischen Sektion der vier Jahre zuvor von Marx und Engels mitbegründeten 1. Internationalen, der IAA, zusammen. Im folgenden Jahr verbrachte Dmitrieff drei Monate in London, wo sie die Arbeitsbedingungen der Proletarierinnen erforschte und Karl Marx kennenlernte.

Pariser Kommune

Nachdem die Pariser Oberschicht und ihre Truppen am 18. März 1871 die Flucht ergriffen und Paris gen Versailles verließen, übernahm die Arbeiter_innenklasse in einem historischen Schritt die Macht über die Stadt. Die Rolle, die Frauen bereits während des Aufstands spielten, darf nicht unterschätzt werden: Am Morgen des 18. März wurde der Versuch der bürgerlichen Regierung, die Geschütze der Nationalgarde (also der bewaffneten Arbeiter_innenklasse) zu konfiszieren, von den Frauen vereitelt. Diese schlugen Alarm, stellten sich zwischen die Geschütze und die gegenerischen Soldaten und überzeugten diese, den Schießbefehl zu verweigern.

Nachdem sich viele Soldaten den Arbeiter_innen angeschlossen hatten, und die höheren Offiziere und Regierungsbeamten geflohen waren, fiel Paris in die Hände der Arbeiter_innen. Dmitrieff, die sich zu diesem Zeitpunkt noch in London aufhielt, war begeistert von den Entwicklungen in Frankreich und ließ sich sofort als Delegierte der IAA nach Paris entsenden.

Die Union des Femmes

Dmitrieff war in erster Linie eine aktive Agitatorin, die darauf drängte, theoretischen Ansätzen Taten folgen zu lassen. Nachdem sie sich in Paris mit Arbeiterinnen getroffen hatte, wurden unter ihrer Mithilfe Kantinen und Erstversorgungszentren eröffnet. Weniger als einen Monat später, am 8. April 1871, wurde die Union des femmes pour la défense de Paris et les soins aux blesses gegründet, die von einem demokratisch gewählten Rat aus fünf Frauen mit Dmitrieff als Generalsekretärin geleitet wurde. Die Union rief Frauen in ganz Paris dazu auf, Ableger in ihren Arrondissements zu gründen. Insgesamt schlossen sich rund 2.000 Frauen der Bewegung an.

Dmitrieff war in erster Linie eine aktive Agitatorin, die darauf drängte, theoretischen Ansätzen Taten folgen zu lassen.

In jedem Ableger der Union waren Rekrutierungskomittees vertreten, die Frauen in die Erstversorgungszentren, in die Kantinen und an die Barrikaden brachten. Ebenso wurde von Dmitrieff’s Truppe in den Pariser Fabriken ein Gleichberechtigungskampf losgetreten: die Frauen, die die Uniformen für die Nationalgarde nähten, wurden zu dieser Zeit schlechter bezahlt als unter dem Gouvernement d‘une politique de défense nationale, das mit dem 13. Februar 1871 aufgelöst worden war. Diesem Umstand bot Dmitrieff die Stirn.

Finanziert wurde die Union einerseits durch ihre Mitglieder selbst und andererseits durch die Führung der Kommune. Das Geld wurde dafür verwendet, die Organisatorinnen zu entlohnen, um den armen oder kranken Mitgliedern unter die Arme zu greifen und um Pistolen und Munition für die Frauen zu kaufen.

Dmitrieff und die Frauen der Union sahen den Kapitalismus als ihren primären Feind und sorgten sowohl auf theoretischer als auch auf praktischer Ebene dafür, eine sozialistische Gesellschaft aufzubauen und – wenn nötig mit ihrem eigenen Leben – zu verteidigen und zu erhalten.

Im von Dmitrieff unterzeichneten Manifest der Union wird unter anderem das „Ende allen Wettbewerbs zwischen männlichen und weiblichen Arbeiter_innen“ verlangt, da „ihre Interessen identisch und ihre Solidarität essentiell für den Erfolg des entgültigen, weltweiten Schlags der Arbeiterklasse gegen den Kapitalismus“ sind.

Link: Lousie Michel Nach diesem Motto schafften es Dmitrieff und die Union kurz vor dem gewaltsamen Niederschlag der Kommune noch, die gleiche Bezahlung von Männern und Frauen durchzusetzen. Nach der „blutigen Woche“, in der Dmitrieff alle Frauen zum aktiven Kampf aufrief, wurde die Kommune zerschlagen und Dmitrieff floh zunächst in die Schweiz, wo sie anderen Revolutionären Schutz bot, und folgte ihrem zum Exil verdammten Ehemann schließlich nach Sibirien. Dort starb sie im Alter von 67 Jahren.

Der Verfasser/die Verfasserin hat den Artikel mit freundlicher Genehmigung zur Verfügung gestellt.