FPÖ-Kandidat gegen Sexualstrafrechtsreform: „Die Frau muss zum Ding werden“

„Freie Frauen statt Kopftuchzwang“, ließ die FPÖ plakatieren. Dass die freie Frau eine Reform des Sexualstrafrechts verdient, geht den Rechten aber dann doch zu weit.
1. Mai 2015 |

War es ein durchgeknallter Fan? Man weiß es nicht. Jedenfalls gab Heinz-Christian Strache in der ORF-Pressestunde vom 19. April zu Protokoll, dass auch er schon einmal sexuell belästigt worden war. Wer erwartet hatte, dass der FPÖ-Chef nun aus Verständnis für die Opfer von sexuellen Übergriffen die Verschärfung des Sexualstrafrechts begrüßen würde, war aber schief gewickelt.

„In der Regel sagt man dann sehr klar und deutlich, dass man das nicht wünscht. Und dann hat man in der Regel auch eine Ruhe“, empfahl der 1,86 Meter große, ehemalige Wehrsportbegeisterte den Frauen.

Die Basis der FPÖ

Dass nicht alle seine Mannen ein „Nein heißt Nein!“ verstehen, das zeigt die Stellungnahme zur Reform des Sexualstrafrechts, die Wilfried Grießer, der bei der niederösterreichischen Gemeinderatswahl im Jänner in Mödling für die FPÖ antrat, abgab: „Auf daß der Mann sich als Mann setzt, muß er die Frau zum Ding bzw. zur „Ware“ herabsetzen“, schrieb der „Lehrbeauftrage“ in dem Dokument, das auf der Parlamentshomepage abrufbar ist. Und: „Mitunter lieben es Frauen … von einem ,wildgewordenen’ Penis ,überfallen’ zu werden“.

Wieder ein Ausrutscher eines unbedeutenden FPÖ-Kandidaten in einer beachtlichen Einzelfall-Statistik? Mitnichten. Hier plappert die Basis der FPÖ unverbrämt nach, was die Spitze seit jeher ausgibt. Schließlich schrieb Ex-FPÖ-Präsidentschaftskandidatin Barbara Rosenkranz ein ganzes Buch über den „Gender-Wahn“. Wenn Grießer von der Notwendigkeit, die Frau als Ware herabzusetzen, schreibt, so hat dies FPÖ-Arbeiterkammerrat Bernhard Rösch bereits in die Tat umgesetzt, als er nackte Mädchen für seinen Wahlwerbespot einsetzte.

Aus Angst keine Gegenwehr

Der Wahlerfolg einer Partei mit einem solchen Frauenbild spiegelt den Backlash in der gesamten Gesellschaft wieder: Beweist, dass ihr selbstbewusst und stark seid, indem ihr nichts fordert, so die paradoxe Direktive, um Frauen ruhig zu halten. Die auch vom Leitmedium Profil ausgegeben wird, wo Rosemarie Schwaiger von der „totalen Entmündigung der Frauen durch die Frauenpolitik“ schwadroniert.

FPÖ-Klagsdrohung in der Causa „Wildgewordener Penis“

FPÖ-Klagsdrohung in der Causa „Wildgewordener Penis“

Die harten Fakten sehen anders aus, wie eine Studie, die auf ­gewaltinfo.at veröffentlicht wurde, zeigt: Drei Viertel der Frauen (und ein Viertel der Männer) geben an, schon mal sexuell belästigt worden zu sein. Gegen eine Vergewaltigung wehren sich viele Opfer aus Angst nicht einmal verbal, die Vergewaltiger kommen nicht selten aus der Familie, dem Freundeskreis, der Nachbarschaft. Im Schnitt wird nur jede zehnte Vergewaltigung überhaupt angezeigt. Die Verurteilungen liegen noch um ein Vielfaches darunter: 2013 wurden 920 Vergewaltigungen angezeigt und nur in 104 Fällen kam es zu einer Verurteilung.

Frauenrechte als Grenze

Im neuen Sexualstrafrecht gibt es daher zwei wichtige Änderungen: Paragraf 205a weitet den Tatbestand der Vergewaltigung auf die „Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung“ aus und macht damit das fehlende Einverständnis aber auch ein Einverständnis unter Zwang zum Tatgegenstand. Paragraf 218 dehnt sexuelle Belästigung auf „körperliche Handlungen“ die der sexuellen Sphäre zugehörig sind, aus. Denn Übergriffe auf andere Körperteile als die Geschlechtsorgane, wie das Gesäß, waren bisher nicht strafbar.

Den Rechten, die sonst bei jeder Gelegenheit nach härteren Gesetzen schreien, geht aber Law-and-Order zu weit, wenn es um Frauenrechte geht. Die sind den rechten Recken ebenso zuwider, wie das Verbotsgesetz, wie man in der rechtsextremen Postille Zur Zeit lesen kann: „beides inhaltlich völlig unbestimmt und uferlos“. Das sehen nicht mehr nur die Ewiggestrigen so.

Glosse: Der Landesparteisekretär der FPÖ Niederösterreich, Christian Hafenecker, wies die Redaktion darauf hin, dass der FPÖ-Kandidat Wilfried Grießer „weder Parteimitglied, noch politischer Mandatar der FPÖ“ ist. Hafenecker wollte, dass die Redaktion „umgehend“ dafür sorgt, „dass jeglicher FPÖ-Bezug aus dem Artikel entfernt wird.“ Das ist uns sehr befremdlich, da Wilfried Grießer auf der Liste der FPÖ Mödling in den Gemeinderatswahlen 2015 kandidierte und diese Kandidatur bis heute (18. Mai 2015) auf dem Internetauftritt der FPÖ-Mödling abrufbar ist. Es steht der FPÖ Niederösterreich natürlich frei, sich öffentlich von ihren Kandidaten zu distanzieren.
Der Verfasser/die Verfasserin hat den Artikel mit freundlicher Genehmigung zur Verfügung gestellt.