Im Visier: Sebastian Kurz (2015)

Das Hirn darf hier schwänzen, nur der Anzug muss glänzen. Die politischen Vorschläge des österreichischen Außenministers Sebastian Kurz sind reif für die Kabarettbühne.
4. November 2015 |

Wenn man dem österreichischen Außenminister zuhört, dann bleibt man oft verwirrt zurück: Denkt Sebastian Kurz vielleicht wirklich wir seien eine Supermacht? Oder ist Österreich eine Großmacht und ich weiß es nicht, der Außenminister schon. Kurz trat vor die Medien und forderte, man solle die Flüchtlinge in den Herkunftsregionen halten, und dazu gehöre ein militärischer Einsatz – auch von Bodentruppen – gegen die Milizen des Islamischen Staates (IS).

Lächerlich

Daheim die dicke Lippe zu führen, gehört zur Grundausstattung eines österreichischen Regierungsmitgliedes“, schrieb daraufhin offensichtlich amüsiert die deutsche Tageszeitung „Die Zeit“. Und es stimmt: Schaut man dem Treiben von Sebastian Kurz aus dem Ausland zu, dann kommt das komische Element besser zur Geltung.

In Deutschland weiß man besser als hierzulande, dass weder Deutschland noch die EU imstande sind, eine unabhängige imperialistische Rolle zu spielen. Die EU ist militärisch machtlos und kann möglicherweise US-geführte Kriege unterstützen, aber keinesfalls eigene (zu Ende) führen. Weder kann die EU in der Ukraine, noch in Syrien eingreifen. Und dann kommt der Auftritt des österreichischen Außenministers und seine EU-Kollegen schauen betreten auf den Boden oder flehend gen Himmel. Krieg gegen den IS mit europäischen Bodentruppen? Ist zwar völlig lächerlich, wird aber von österreichischen Massenmedien wie eine ernstzunehmende Option diskutiert.

Ernsthaft?

Er hatte dazu auch schon andere, großartige Vorschläge: Terroristen, die für den „Islamischen Staat“ kämpfen, sollen auch die Staatsbürgerschaft verlieren. Mit dem Pass-Entzug erreiche man, „dass Menschen, die mit Terror-Organisationen wie dem IS liebäugeln, erst gar nicht in den Irak oder nach Syrien reisen können“. Ja, das wird helfen den IS zu schwächen: wer keine Angst vor dem Tod hat, wird ein Passentzug sicher abschrecken.

Banken und Konzerne bedrohen das Sozialsystem, nicht Flüchtlinge!

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Kurz weiß, wie er Feindbilder pflegt. Innenpolitisch hat er als Maßnahme zur besseren Integration von Migrant_innen angeregt, die Eltern von ­Schüler­_­innen zu strafen, die sich als integrationsunwillig erweisen. Wie beleidigend und erniedrigend das ist, dürfte Kurz bewusst sein, wie daneben und sinnlos, wahrscheinlich nicht. Es steht zu befürchten, dass der Mann an sich glaubt. In der österreichischen Politik braucht es oft nicht viel mehr. Das Hirn darf hier schwänzen, nur der Anzug muss glänzen.

Der Verfasser/die Verfasserin hat den Artikel mit freundlicher Genehmigung zur Verfügung gestellt.