In Straches Verhandlungsteam ist alles in teutscher Hand

Vier der fünf Vertreter in Straches Regierungsverhandlungsteam sind Mitglieder von rechtsextremen, deutschnationalen Verbindungen, und auch die Untergruppen sind in den Händen antisemitischer Burschenschafter. Strache, selbst Mitglied der „Vandalia Wien“, will Innenminister werden.
30. Oktober 2017 |

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache schickt die rechtesten seiner Recken in die Regierungsverhandlungen mit der ÖVP. Im Hauptverhandlerteam gehören vier der fünf Delegierten deutschnationalen Verbindungen an: Strache selbst ist Mitglied der „Vandalia Wien“, Norbert Hofer ist Ehrenmitglied der „Marko-Germania“, Norbert Nemeth gehört zur berüchtigten „Olympia“ und Anneliese Kitzmüller zur „Mädelschaft Sigrid“. Der fünfte im Bunde, Herbert Kickl, ist zwar kein Mitglied einer Burschenschaft, aber wohl „Deutscher im Geiste“ – immerhin gilt er als jahrelanger Vertrauter von Strache; er selbst hat 2016 am rechtsextremen Kongress „Verteidiger Europas“ in Linz vor den Neonazis der „Identitären Bewegung“ referiert.

Aber nicht nur die Leitungsgruppe ist in „teutscher Hand“, sondern auch die Untergruppen, die sogenannten „Cluster“.

Braune Speerspitze

Das Unter-Verhandlungsteam zu „Staat und Gesellschaft“ leitet ein Mitglied der radikal antisemitischen Burschenschaft „Olympia“ (Harald Stefan), die 1938 den „Anschluss“ an Hitlerdeutschland und ihre Eingliederung in den Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund (NSDStB) mit einer „eindrucksvollen Feier im großen Konzerthaussaal“ feierte (nachzulesen in der „Festschrift“ der Olympia). Die Olympia gehörte zur Speerspitze der Nazis in Österreich – sie führte bereits 1933 das „Führerprinzip“ kurz nach der Machtergreifung der Nazis in Deutschland ein.

Heute gehen in den Räumlichkeiten der Olympia die prominentesten Neonazis Europas aus und ein. So referierten der NPD-Kader Jürgen Schwab oder der Rassentheoretiker Rolf Kosiek auf ihren „Bildungsseminaren“, eine Veranstaltung mit dem Holocaustleugner David Irving wurde kurzfristig abgesagt, weil dieser verhaftet und vor Gericht gestellt wurde. Auf den „nationalen Liederabenden“ der Olympia spielte Michael Müller, der das Udo Jürgens-Lied „Mit 66 Jahren“ umdichtete zu „Mit sechs Millionen Juden, da fängt der Spaß erst an, bis sechs Millionen Juden, da ist der Ofen an“, und Frank Rennicke, der für seine „Hitlerballaden“ bekannt wurde und ein Benefizkonzert für die untergetauchten NSU-Mitglieder gab.

Heimatschutz und Arierparagraph

Das Verhandlungsteam zu „Sicherheit, Ordnung, Heimatschutz“ wird angeführt von einem Mitglied der Burschenschaft „Libertas“ (Walter Rosenkranz), die als erste Burschenschaft in Österreich bereits 1881 den „Arierparagraphen“ eingeführt hat. Sie hat diesen Paragraphen, der Jüdinnen und Juden und „Andersrassige“ von der Mitgliedschaft ausschließt, bis heute als „Abstammungsprinzip“ verteidigt – zuletzt im Jahr 2011, als die Libertas im Dachverband „Deutsche Burschenschaft“ mit anderen rechten Elite-Korporationen eine „Erklärung zum volkstumsbezogenen Vaterlandsbegriff“ unterzeichnete.

Rosenkranz selbst ist kein passives Mitglied der Libertas, sondern führender Ideologe. 2009 erklärte er im von Martin Graf herausgegebenen Buch 150 Jahre Burschenschaften, der studentische Antisemitismus habe seinen Grund in der Tatsache, dass „überdurchschnittlich viele Juden Hörer an den Universitäten waren“.

Eigentlich sollten die Alarmglocken bereits bei der Erwähnung „Heimatschutz“ im Titel des Verhandlungsteams läuten. Bereits im Wahlkampf forderte die FPÖ ein „Ministerium für Heimatschutz und Leitkultur“. Als „Österreichischen Heimatschutz“ (besser bekannt als „Heimwehr“) bezeichneten sich die paramilitärischen, faschistischen Milizen in der Zwischenkriegszeit. In der Steiermark waren diese Verbände vor allem Sammelbecken für Nazis, angeführt von dem deutschnationalen Burschenschafter Walter Pfrimer. Dieser initiierte 1931 den „Pfrimer-Putsch“, der die Heimwehren an die Macht bringen sollte.

Deutschnationale Elite

Die Verhandlungsgruppe „Zukunft“ wird von einem Mitglied der „Germania Graz“ und „Thessalia Prag“ (Axel Kassegger) geleitet. In derselben Ausgabe der rechtsextremen Aula, in der Überlebende des KZ Mauthausen als „Massenmörder“ und „Landplage“ diffamiert wurden, ist eine Rede von Kassegger abgedruckt, die mit den Worten endet:  „Heil Deutsche Burschenschaft!“

Die Verhandlungsgruppe „Soziales, Fairness und neue Gerechtigkeit“ wird von Dagmar Belakowitsch-Jenewein angeführt, die zwar keine Burschenschafterin ist, aber in den Schulen eine de facto „Rassentrennung“ einführen will – sie fordert eigene „Inländerschulen“ in „rot-weiß-rot“. Für die den Verhandlungsgruppen untergeordneten Fachgruppen hat die FPÖ weitere Korporierte nominiert, darunter Reinhart Waneck von der „Wartburg zu Wien“.

Noch nie waren so viele Burschenschafter im Parlament wie heute. 20 von 51 freiheitlichen Abgeordneten des künftigen Nationalrats kommen aus deutschnationalen Verbindungen (39 Prozent) – unter Jörg Haider waren es, als 2000 die schwarz-blaue Regierung angelobt wurde, noch 8 von 52 Mandataren (15 Prozent). Die Burschenschafter haben sich, wie Hans-Henning Scharsach in seinem Buch Stille Machtergreifung – Hofer, Strache und die Burschenschaften eindrücklich darlegt, nie vom Nationalsozialismus gelöst. Dass einer von ihnen, nämlich Strache selbst, österreichischer Innenminister werden will, ist mehr als eine gefährliche Drohung.

 

Am Donnerstag, 9. November werden vormittags die Abgeordneten des neuen Nationalrats angelobt. Linkswende jetzt und die Sozialistische Jugend Wien rufen um 10:00 Uhr zum Protest vor der Universität Wien.
Details und Belege siehe im Buch von Hans-Henning Scharsach Stille Machtergreifung – Hofer, Strache und die Burschenschaften.