Italien: Antirassistische Großdemo nach Nazi-Attentat

In über 150 italienischen Städten demonstrierten die Menschen gegen den faschistischen Terror, der das Land heimgesucht hat. Am 4. Februar hat der 28-jährige Luca Traini, ein gescheiterter Kandidat der Lega Nord, zwei Stunden lang in der Stadt Macerata aus seinem Auto heraus gezielt auf Einwanderer aus Afrika geschossen. Eine Frau und fünf Männer wurden von den Kugeln getroffen, ein Mann musste auf der Intensivstation behandelt werden.
5. März 2018 |

Die Tat wurde als Racheaktion gewertet, weil wenige Tage zuvor die zerstückelten Überreste einer jungen Frau gefunden wurden. Die Tat wurde von der Polizei vorschnell und zu Unrecht einem jungen Nigerianer angelastet, der inzwischen wieder freigelassen wurde.

Die größte der Demonstrationen war mit 30.000 Menschen in Macerata. In Mailand folgten 20.000 Menschen dem Aufruf zur „Einheit aller antifaschistischen Kräfte“. Das Wahlbündnis Freie und Gleiche LeU (Liberi e Uguali), gegründet aus sozialistischen Parteien, hat gemeinsam mit zahlreichen Sozialzentren, der Antifaschistischen Aktion, dem Verband ehemaliger Partisanen ANPI und Gewerkschaften die Demonstrationen organisiert, obwohl der Bürgermeister von Macerata versuchte, sie zu verhindern. „Er wolle kein Öl ins Feuer gießen“, war sein Argument für diese katastrophale Haltung, die den rassistischen Parteien gänzlich die Offensive überlassen hätte.

Drohender Rechtsruck

Es wird allgemein befürchtet, dass bei kommenden Wahlen am 4. März die rechte Allianz von Silvio Berlusconi und Matteo Salvini von der Lega Nord gewinnen wird. Berlusconi distanzierte sich von dem Attentat und gab gleichzeitig den Opfern die Schuld: Einwanderer seien soziale Zeitbomben, bereit zur Explosion und er versprach, dass, wenn er gewählt werden sollte, er 600.000 der 630.000 Einwanderer deportieren lassen würde.

Luca Traini’s Parteichef Salvini ging nach dem Schussattentat soweit, dem Attentäter die Absolution zu erteilen. Schuld seien die linken Politiker, die Italien mit Immigranten überflutet hätten – eine Propagandamethode, die wir nur zu gut aus dem österreichischen Wahlkampf kennen. Die Motive des Attentäters Luca Traini und seines Parteichefs passen erschreckend gut zusammen: er hat nicht nur auf Migrant_innen geschossen, sondern auch auf das Lokal der Demokratischen Partei. In der Wohnung Trainis fand die Polizei eine Ausgabe von Hitlers „Mein Kampf“ und eine Fahne mit dem Keltenkreuz.

Berlusconi und seine Alliierten haben jahrelang systematisch Fremdenhass angeheizt. Sein TV-Kanal Rete 4 strahlt wöchentlich die Sendung Quinta Colonna (5. Kolonne) aus, die über Verbrechen berichtet, die von Migranten verübt wurden. Bei der Wahl tritt Berlusconi, der selbst wegen eines Betrugsverfahrens von Regierungsämtern ausgeschlossen ist, mit einem rechten Bündnis an, dem außer seiner Forza Italia, die Lega Nord und die Fratelli d’Italia (Brüder Italiens) angehören, die ihrerseits aus der postfaschistischen Alleanza Nazionale hervorgegangen ist.

Für das Wochenende vor der Wahl sind weitere antirassistische und antifaschistische Proteste angesagt. Es geht darum, den Wahlsieg der Rechten zu verhindern.