Fortschritte im Kampf gegen den Faschismus

Seit dem Regierungsantritt von Schwarz-Blau vergeht für die FPÖ kein Tag ohne Negativ-Schlagzeilen. Breiter Widerstand und öffentliche Anklagen zeigen offenbar Wirkung: die demokratische Maske der Freiheitlichen verrutscht immer mehr.
5. März 2018 |

Es kristallisiert sich immer weiter heraus, dass die FPÖ in ihrer Regierungsposition immense Schwierigkeiten hat und ihre immer deutlicher zutage tretende Gesinnung keineswegs von der Bevölkerung geteilt wird. Das hat man an den unfassbar riesigen Menschenmengen gesehen, die sich an den Demos gegen die schwarz-blaue Regierung beteiligt haben.

10.000 Menschen gingen am Tag der Angelobung auf die Straße. Bei der Großdemo am 13. Jänner waren es bereits 70.000! Gegen den Akademikerball waren es 15.000 Demonstrierende, und auch das Lichtermeer für die Flüchtlingshelferin Ute Bock war ein eindeutiges Statement gegen die Regierung.

Die Mehrheit der Menschen in Österreich will keine deutschnationalen Burschenschafter und Politiker mit Verbindung zur Neonazi-Szene in der Regierung. Der Widerstand von unterschiedlichsten Seiten gegen Rassismus und Faschismus in Österreich hat Erfolg, was einige der jüngsten Beispiele belegen.

Causa „Nazilieder“

Spätestens seit dem „Nazilieder-Skandal“ ist es kaum mehr möglich, die Augen vor dem eindeutig rechtsextremen, antisemitischen und deutschnationalen Charakter der Burschenschaften zu verschließen. Sogar das Boulevard-Blatt Kronenzeitung titelte: „Burschenschafter als Misere für FPÖ-Regierungsteam“.

Aufgrund des antisemitischen Liederbuches der „Germania zu Wiener Neustadt“ musste Udo Landbauer seine Mitgliedschaft in der Burschenschaft ruhend stellen. © Nina Horaczek (Twitter)

Der FPÖ-Spitzenkandidat für die Niederösterreich-Wahl Udo Landbauer musste sich nach dem Auftauchen eines antisemitischen Textes im Liederbuch seiner Burschenschaft „Germania“ dem öffentlichen Druck beugen und alle seine politischen Ämter niederlegen.

Innerhalb der FPÖ sorgte die „Causa Nazilieder“ für riesige Konflikte. In der Öffentlichkeit musste sie sich von den Burschenschaftern distanzieren und einen liberalen Anschein wahren. Aus dem Mund Straches, selbst ein völkischer Burschenschafter, wirkt das jedoch wenig glaubwürdig.

Der fanatische Kern der Freiheitlichen und hartgesottene Strache-Fans nehmen ihm diese Haltung übel, auf seiner Facebook-Seite wird ihm „Verweichlichung“ vorgeworfen und gefragt: „Warum knickt ihr jetzt ein?“ Ex-Parteikollege Ewald Stadler prophezeit rebellierende Burschenschafter, falls Strache „Gesinnungsbrüder“ zugunsten des demokratischen Scheins opfern sollte.

Und das nicht unbegründet: immer wieder traten in der Vergangenheit Unzufriedene aus der FPÖ aus, wie z.B. Norbert Burger. Da sie ihm nicht mehr radikal genug war, gründete er die Nationaldemokratische Partei (NDP), die 1988 wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung verboten wurde. Solcher Zwiespalt schwächt die FPÖ enorm, wir dürfen jetzt nicht aufhören, nachzustochern.

Als Reaktion musste Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) einen Auflösungsantrag für die Burschenschaft „Germania“ stellen, was ihm von den Deutschnationalen nicht gerade Sympathie einbrachte. Zusätzlich muss Strache eine „Historikerkommission“ einsetzen, offiziell, um die Partei-Geschichte aufzuarbeiten und die Rolle der Burschenschaften zu prüfen, in Wahrheit ist es eine Blendgranate.

Das sorgt für weiteren Zündstoff: die Burschenschaften wollen ihre schmutzigen Geheimnisse natürlich nicht ausplaudern und verweigern die Öffnung ihrer Archive – wohlwissend, dass dort im braunen Sumpf einiges zu finden ist, das auch den Verfassungsschutz interessieren sollte.

FPÖ-„Historikerkommission“

Die Nominierungen für die Kommission vonseiten der FPÖ stießen auf Widerstand. Als Lothar Höbelt als Leiter genannt wurde hagelte es Protest. Die Österreichische HochschülerInnenschaft (ÖH) empörte sich: „Höbelt fiel an der Uni Wien immer wieder durch NS-verharmlosende Äußerungen auf.“ Höbelt wurde dann fallen gelassen.

Scharsach entlarvt Neonazi-Verbindungen von FPÖ-Historikerkommission

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Zwar wird diesen Posten jetzt FPÖ-Mann Wilhelm Brauneder übernehmen, der selbst schon für die rechtsextreme Zeitschrift „Aula“ schrieb und 1987 als Dekan der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Wiener Universität einen Vortrag des bekennenden Antisemiten und Neonazi Reinhold Oberlercher genehmigte, wie Autor Hans-Henning Scharsach schreibt.

Strache musste jedoch einwilligen, neben zahlreichen Burschenschaftern auch kritische Stimmen in der „Historikerkommission“ zuzulassen und stellte widerwillig die Mitarbeit des Dokumentationsarchives des österreichischen Widerstands (DÖW) in Aussicht.

Ähnlich ergeht es der FPÖ auch mit den von ihnen vorgeschlagenen Kandidaten für die Uni-Räte (Aufsichtsräte der Universitäten) und den Verfassungsgerichtshof (VfGH). In ideologiefeste Burschenschafter setzt man eben nicht gern sein Vertrauen, weder wenn es um Bildung geht, noch wenn Gesetze eingehalten werden sollen.

Widerspruch und Empörung von vielen Seiten haben bewirkt, dass die Entscheidung wiederholt vertagt wurde. Für das Amt des Höchstrichters war auch der Rechtsanwalt und wegen Hetze gegen EU, Flüchtlinge und „Genderwahn“ umstrittene Kolumnist der Kronenzeitung, Tassilo Wallentin, vorgesehen. Auch ihn dürfte Strache fallen gelassen haben, denn inzwischen nutzt Wallentin seine Kolumne in der Krone, um über den FPÖ-Chef herzuziehen. So schnell kanns gehen!

Montanuni Leoben

Die Montanuni Leoben in der Steiermark schloss vorübergehend alle Mitglieder der Burschenschaft „Leder“ von akademischen Feiern aus. Zuvor erhob die Sozialistische Jugend Steiermark schwerwiegende Vorwürfe, die jetzt im Zuge eines Ermittlungsverfahrens von der Staatsanwaltschaft Leoben geprüft werden.

Der Ausschluss erfolgte mit der Begründung: „Alle Formen der Verherrlichung, Anerkennung oder Verbreitung von rassistischem, diskriminierendem und nationalsozialistischem Gedankengut haben auf unserer Universität keinen Platz.“

Jüdischer Widerstand

Eine Regierungspartei, in der es immer wieder Skandale um antisemitische Äußerungen gibt, ist für die jüdische Bevölkerung untragbar. Verständlich, dass die Israelitische Kultusgemeinde Wien (IKG) jeglichen politischen Kontakt zur FPÖ verweigert.

Sie begründet die Entscheidung damit, „dass deutschnationale Burschenschafter Vordenker des politischen Antisemitismus gewesen seien.“ Die Kultusgemeinde berief sich auf einen Beschluss aus dem Jahr 2000, der aufgrund des wachsenden Einflusses deutschnationaler Burschenschafter gefasst wurde und bis heute gültig ist.

Der jüdische ÖVP-Mandatar Martin Engelberg sprach sich Ende des Jahres 2017 für eine Zusammenarbeit mit den Freiheitlichen aus. Er relativierte die „nationalsozialistischen Wurzeln“ der FPÖ damit, dass auch ÖVP und SPÖ früher um ehemalige Nazis geworben hätten.

Oskar Deutsch, Präsident des IKG, hielt aber an seiner Kritik fest: „Der Grund für den Boykott von FPÖ-Ministern ist nicht die Nazi-Vergangenheit des deutschnationalen Lagers, sie hat sich davon nie klar distanziert. Das Problem ist, wer die FPÖ heute ist und wofür sie wirklich steht. Symbolische Israel-Besuche können darüber nicht hinwegtäuschen.“

Erfolge fortsetzen

Die wenigsten FPÖ-Fans haben etwas mit den elitären deutschnationalen Burschenschaften gemein und sind sicher nicht vom Sozialabbau der FPÖ begeistert. © Nathan Spasic (Flickr)

Die Liste könnte noch um weitere Niederlagen der FPÖ fortgeführt werde, ein Beispiel sei hier noch genannt: In erster Instanz hat Linkswende jetzt den Prozess gegen Strache gewonnen. Er hatte wegen „Beleidigung“ geklagt, weil wir mit „FCK Strache“ gegen die FPÖ mobilisiert haben. Er musste sich aber dann gefallen lassen, vom Richter als „wehleidig“ bezeichnet zu werden.

Die FPÖ hat mit verschiedenen Konflikten zu kämpfen: Einerseits zwischen dem harten, deutschnationalen Kern und der Parteispitze. Dann zwischen dem harten Kern und dem weichen Umfeld, das zwar eine rassistische Partei in Kauf genommen hat, aber keine deutschnationale. Außerdem wird den Protestwähler_innen langsam bewusst, dass die FPÖ angetreten ist, gemeinsam mit der ÖVP den Sozialstaat zu zerschlagen. Sündenbockpolitik sollte genau von diesem Umstand ablenken, aber die antirassistische Bewegung macht ihnen hier einen Strich durch die Rechnung.

Das zeugt von „Bruchlinien, die in der Opposition gerade noch zu kaschieren waren“, erklärt Bernhard Weidinger vom DÖW und sagt: „Der chronische Charakter rechtsextremer Ausritte im völkischen Verbindungswesen legt eine Partei, in der dieses Verbindungswesen stark wie nie zuvor verankert ist, auf ein ständiges Oszillieren zwischen Partei- und Regierungskrise fest.“

Wir müssen diese Schwachstellen nutzen und den Widerstand aufrecht erhalten, das war erst der Anfang. Schwarz-Blau ist erst kurze Zeit im Amt und zeigt schon jetzt Schwächen. Die größte Angriffsfläche bietet die FPÖ, dort gilt es, weiterhin anzusetzen.

Details und Belege im Buch Stille Machtergreifung – Hofer, Strache und die Burschenschaften von Hans-Henning Scharsach.
Samstag, 17. März, 14:00 Uhr: Großdemo gegen Rassismus und Faschismus! Karlsplatz, Wien. Marsch über Ring. Mehr dazu | Facebook