Landtagswahl in Niederösterreich: Nazi-Keule schadet der FPÖ!

Der Nazilieder-Skandal der Burschenschaft „Germania“ sorgt für einen schweren Dämpfer für die FPÖ bei der niederösterreichischen Landtagswahl am 28. Jänner. Die Freiheitlichen kommen nach den ersten Hochrechnungen auf 14,8 Prozent. Das ist immer noch viel zu viel, aber die FPÖ bleibt damit deutlich unter den Vorwahl-Umfragen mit 19 bis 21 Prozent. Das Ergebnis weist uns die Strategie, wie wir die FPÖ auf Bundesebene bekämpfen können.
28. Januar 2018 |

Wenn die blaue demokratische Maske verrutscht und der braune faschistische Kern zum Vorschein kommt, verliert die Partei. Antisemitismus und Nationalsozialismus sind bei der Mehrheit der Bevölkerung verhasst. Günther Ogris, Leiter des Meinungsforschungsinstitutes SORA, präsentierte in der „Zeit im Bild 2“ im ORF die Ergebnisse der Wahltagsbefragungen: „Mehr als jeder zweite FPÖ-Wähler von der Nationalratswahl ist zuhause geblieben. Die FPÖ hatte wegen dieser Affäre Mobilisierungsprobleme. Wir haben mehrere Hinweise, dass ihr das doch erheblich geschadet hat.“

Fünf Tage vor der niederösterreichischen Landtagswahl machte die Wiener Stadtzeitung Falter ein Nazi-Liederbuch der Burschenschaft des FPÖ-Spitzenkandidaten Udo Landbauer öffentlich. In der Wiener Neustädter „Germania“ wurden Lieder gesungen mit Texten wie: „Gebt Gas, ihr alten Germanen, wir schaffen die siebte Million“. Landbauer war bis vor kurzem stellvertretender Obmann der Burschenschaft und damit voll verantwortlich für diesen Skandal.

Schaden für die FPÖ

Bundespräsident Alexander Van der Bellen forderte Landbauers Rücktritt und sagte, die Liedtexte der Germania „verhöhnen die Opfer des Massenmordes des Holocaust“. Künstler_innen wie Elfriede Jelinek bezeichneten das Liedgut in einer Erklärung als „neo-nationalsozialistische Propaganda“. Sogar ÖVP-Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner schloss am Vortag zur Wahl eine Zusammenarbeit mit Landbauer aus und sprach sich gegen „einen sorglosen Umgang mit Antisemitismus“ aus.

Die beiden letzten Umfragen kurz vor Aufdeckung der Nazilieder prognostizierten für die FPÖ zwischen 19 und 21 Prozent. In den ersten Hochrechnungen am Wahlabend kam die FPÖ allerdings nur auf 14,8 Prozent. ÖVP-Generalsekretär Harald Vilimsky musste im ORF zugeben, dass es „da und dort eine Irritation“ gab, und beteuerte, dass sich die FPÖ „von allem, was irgendwie einen totalitären, antisemitischen oder sonst irgendeinen unangenehmen Geruch hat“ distanziere. In der anschließenden ORF-Sendung „Im Zentrum“ wirkte Vilimsky schon sichtlich genervt, immer wieder auf die Causa angesprochen zu werden.

Auswirkungen der Causa

Oswald Hicker, Chefredakteur der Bezirksblätter Niederösterreich, sagte im ORF unmittelbar nach Bekanntgabe der ersten Hochrechnungen: „Ich glaube schon, dass das eine Auswirkung hatte. Die Theorie, dass etwas zehn Tage Minimum vor der Wahl passieren muss, dass es noch Auswirkungen hat, war in diesem Fall einfach durch die Schwere der Vorwürfe außer Kraft gesetzt. Auch der Schritt der Landeshauptfrau, eine Zusammenarbeit mit Landbauer auszuschließen, war richtig und könnte das Zünglein an der Waage ausgelöst haben.“

Christoph Weisgram von der Kronenzeitung stimmte Hicker zu: „Ich glaube zwar schon auch, dass sich ein Großteil der Wähler schon lange vor der Wahl oder zumindest eine Woche zuvor festgelegt hatte, und daher nicht mehr so beeinflusst wurde von dieser Diskussion, aber es könnte durchaus dieses Zünglein an der Waage gewesen sein, das dann der ÖVP die absolute Mehrheit beschert hat.“

Hochrechnung, 19:30 Uhr

 

Ergebnis nicht verdoppelt

Udo Landbauer selbst jammerte in einer ersten Reaktion zur Wahl erneut über die „mediale Kampagne“ gegen die FPÖ. Sogar er ließ offen, ob der Skandal eine Auswirkung gehabt haben könnte: „Wenn man sich die Umfragen der letzten Wochen ansieht und die Ergebnisse, die wir heute am Tisch haben, dann stelle ich mir die Frage, wie genau man es mit Vorhersagen von Meinungsforschern nehmen kann.“

Die FPÖ hat ihr Ergebnis übrigens nicht „verdoppelt“, wie viele Medien behaupten. Sie berücksichtigen nicht, dass die FPÖ 2013 über 20.000 Wähler_innen an das „Team Stronach“ verloren hat, das jetzt nicht mehr angetreten ist. Richtigerweise müsste man das Ergebnis daher nicht in Relation zum offiziellen Ergebnis von 8,2 Prozent setzen, sondern zu 10,3 Prozent (also mit den „verlorenen Wählern“) – in diesem Fall hat die FPÖ „nur“ 4,5 Prozentpunkte zugelegt. Tatsächlich zeigte die Wählerstromanalyse, dass die FPÖ wieder 21.000 Wähler_innen vom Team Stronach zurückgewonnen hat.

Massenproteste können FPÖ enttarnen

Die Causa könnte noch für ordentlich Sprengstoff sorgen. Unverbesserliche Nazis nahmen es Strache auf Facebook bereits übel, dass er sich so vehement vom Antisemitismus – übrigens aus unserer Sicht rein taktisch – distanziert hat. Bereits 2010 konnte Strache bei seiner Israel-Reise (auf seiner Suche nach Bündnispartnern gegen den „politischen Islam“) nur mit Müh und Not einen Aufstand der Burschenschafter verhindern – damals setzte er sich kurzfristig die Burschenschafterkappe in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem auf, um die Hardcore-Antisemiten nicht zu vergrämen.

Tausende protestierten am 25. März 2010 gegen die FPÖ-Kandidatin Barbara Rosenkranz

 

Die Freiheitlichen werden von deutschnationalen Burschenschaften angeführt, die immer noch die Traditionen des Nationalsozialismus hochhalten, wie Buchautor Hans-Henning Scharsach sagt. Die „Germania“ ist nur die Spitze des Eisbergs. Die FPÖ kann noch größeren Schaden nehmen, wenn die antifaschistische Bewegung den wahren Charakter der FPÖ bekannt macht und diesen auf großen Massenprotesten anprangert. 2010 endete auch die FPÖ-Kandidatur von „Kellernazi“ Barbara Rosenkranz als Bundespräsidentin nach Massenprotesten in einem Debakel.

Details und Belege siehe im Buch Stille Machtergreifung – Hofer, Strache und die Burschenschaften von Hans-Henning Scharsach