Madaya Mom: Syrische Mutter wird zur Comic-Heldin

Im Oktober 2016 erschien im Internet ein kostenloser Graphic Novel vom US-Comikverlag Marvel über das Alltagsleben einer etwas ungewöhnlichen Superheldin: einer Mutter in der syrischen Kleinstadt Madaya.
13. Dezember 2016 |

In dreiunddreißig fesselnden Illustrationen vom Comikzeichner Dalibor Talajić zeigt Madaya Mom die verzweifelte Lage in der besetzten syrischen Kleinstadt Madaya, und wie eine Frau kämpft, ihre Familie so gut wie möglich zu unterstützen. In einem Zeitalter eines politischen Diskurses, der gegen Syrer_innen und anderen Menschen in und aus Kriegsgebieten hetzt und ihnen die Schuld für ihr Leiden gibt, ist „Madaya Mom“ mit seiner zutiefst humanisierenden Darstellung von kriegsbetroffenen Zivilist_innen ein Hauch frischer Luft.

Wahre Begebenheit

Aber was „Madaya Mom“ noch beeindruckender macht, ist, dass die Titelfigur eine echte Person ist. Die Inspiration dieses Projekts war eine Reihe von SMS-Nachrichten, die zwischen Reporter_innen vom amerikanischen Nachrichtensender ABC News und einer Mutter in Madaya ausgetauscht wurden. Alle Textzeilen im Comik sind Auszüge dieses Austausches. Seine Horrorszenen sind keine Fiktion.

Seit Juli 2015 wird Madaya von der Assad-Regierung und ihren Alliierten belagert. Journalist_innen können nicht in die Stadt und Einwohner_innen können nicht heraus – deswegen kommunizierte ABC News mit der „Madaya Mom“ per SMS. Die Stadt ist im Grunde zu einem Gefängnis unter freiem Himmel geworden, in dem Hungersnot und militärische Gewalt herrschen. Das Ziel des Comics ist, der Welt zu zeigen, was für Fernsehkameras wegen der politischen Situation nicht zugänglich ist.

Bürgerkrieg

„Madaya Mom“ stellt das Schließen von Apotheken, die mangelhafte Ernährung, die Gefahr von Minen und Bomben und andere grausame Wirklichkeiten dar. Die Figuren im Comik sind allerdings keine eindimensionale Opfer: sepia-gefärbte Illustrationen aus der gewaltsamen Gegenwart und türkis-gefärbte aus der friedlichen, wohlhabenden Vergangenheit von ihrer Erinnerung sind nebeneinander gestellt. Diese Technik lässt sie in ihrer Vielseitigkeit erscheinen, was Leser_innen dazu bringt, sich in ihre Situation einzufühlen.

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Dalibor Talajić war selbst von Krieg betroffen. Er war 18 Jahre alt, als Bürgerkrieg in seiner Heimat Kroatien ausbrach. Über die Vorstellung seines Subjekts als eine Superheldin, sagt er: „Superheld_innen zeichnen sich nicht durch ihre Kräfte oder Statur aus. Superheld_in ist man im Herz. Madaya Mom passt zu dieser Kategorie, weil sie die Kraft findet, ein Mensch und nicht abgehärtet zu sein.“

Madaya Mom – The story of one mother's unimaginable struggle for survival ist online kostenlos auf ABC News abrufbar.
Der Verfasser/die Verfasserin hat den Artikel mit freundlicher Genehmigung zur Verfügung gestellt.