Regierung ignoriert Höchstgericht und setzt Deportationen fort

Der österreichische Verwaltungsgerichtshof (VwGH) erklärte am 16. November Dublin-Abschiebungen nach Kroatien für unzulässig. Die Regierung setzt sich darüber hinweg und deportiert weiter Menschen.
13. Dezember 2016 |

Offene Grenzen, staatlich organisierte Sonderzüge und Busse für Flüchtlinge waren zwischen September 2015 und März 2016 gelebte Realität. Der damalige Kanzler Werner Faymann und die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel mussten unter dem Druck der Flüchtlingsbewegung die „Öffnung“ gegen Ungarns Regierungschef Viktor Orbán verteidigen.

Aber zeitgleich begann die SPÖ-ÖVP-Regierung die Solidaritätsbewegung zurückzudrängen und griff dabei auf eine alte Tradition zurück: Zuerst werden – trotz der Wahrscheinlichkeit, dass die Maßnahmen rechtswidrig sind – Fakten geschaffen. Später wird das Unrecht zwar durch ein Höchstgericht beendet, aber die Regierung nutzt die Zwischenzeit.

Im Herbst schob der Staat hunderte Asylwerbende, die im vergangenen Jahr in Österreich eine neue Heimat gefunden haben, nach Kroatien ab. Die schockierten Flüchtlinge und ihre solidarischen Unterstützer_innen haben mit ihrem Unrechtsempfinden klar recht behalten.

Rechtswidrig

Nach einer richtungsweisenden Entscheidung des österreichischen Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) vom 16. November sind Abschiebungen nach Kroatien, für die Dauer des Verfahrens beim Europäischen Gerichtshof (EuGH), unzulässig.

Slowenien hatte die Frage vor den EuGH gebracht, ob es sich im Zeitraum der geöffneten Grenzen um „illegale Einreisen“ handeln konnte. Das ist die Voraussetzung für eine Abschiebung in das EU-Land, dass Flüchtlinge zuerst betreten haben (Dublin-Abkommen). Dagegen spricht, dass die Länder entlang der Westbalkanroute im letzten Jahr die Weiterreise und den Transport selbst so gestalteten, dass Flüchtlinge weiterreisen konnten. Sie hatten über die „humanitäre Klausel“ im Schengen-Vertrag die Einreise ermöglicht.

Verbrecherisch

Das VwGH-Urteil betrifft alle Fälle, die während des „Durchwinkens“ 2015/16 entstanden sind, egal ob die Flüchtlinge bereits abgeschoben wurden oder noch in Österreich sind. Verbrecherisch mutet an, dass das ÖVP-Innenministerium an der brutalen, unrechtmäßigen Abschiebepraxis festhält. Minister Wolfgang Sobotka will rund 2.000 weitere Menschen nach Kroatien deportieren lassen.

Tausende fordern in Wien von Regierung: Stoppt die Abschiebungen!

„Die derzeit massenhaft stattfindenden Rücküberstellungen nach Kroatien könnten somit allesamt rechtswidrig sein“, sagte der Asylexperte der Diakonie Österreich Christoph Riedl. Alleine bis Oktober hat Österreich 300 Deportationen nach Kroatien durchgeführt. Manche Unrechtstaten sind durch heftigen Widerstand in Gemeinden gescheitert.

Der Verfasser/die Verfasserin hat den Artikel mit freundlicher Genehmigung zur Verfügung gestellt.