Mit Verzicht gegen Klimawandel? Systemwandel – nicht Lebenswandel!
Vielen gilt der gemeinsame Urlaub mit Freund_innen oder Familie als ein Jahreshöhepunkt. Die wenige Zeit, die man von der kraftraubenden Arbeit frei bekommt, will man endlich mit den Liebsten verbringen und möglichst viele, schöne Erinnerungen schaffen. Doch sobald man über den Flug nachdenkt, kommen manche man ins Zweifeln, ob es der Urlaub Wert ist, den CO2-Ausstoß durch den Flugverkehr zu fördern. Sollte man stattdessen mit dem Zug reisen? Die Zugverbindungen sind oft umständlicher und wesentlich teurer. Dann vielleicht ganz auf den Urlaub verzichten?
Niemand muss verzichten
Die Frage sollte nicht lauten, worauf muss ich verzichten, sondern wie stoppe ich den Klimawandel. Warum sollten wir auf unseren Urlaub verzichten, weil unsere Regierungen lieber Banken retten anstatt den Schienenverkehr zu subventionieren? Auf was müssten wir alles verzichten, um wenigsten in geringem Ausmaß den Klimawandel verlangsamen zu können, weil die zahlreichen erneuerbaren Energie-Technologien aus wirtschaftlichen Gründen nicht umgesetzt werden, während weiter Öl, Kohle und Gas gefördert werden, die Konzerne Milliarden-Profite machen können und dabei staatlich kräftig unterstützt werden.
Forderungen nach höheren Flugpreisen oder teurerem Fleisch ändern daran nichts, sondern zwingen die Ärmeren, die ohnehin schon auf mehr verzichten müssen (auf Urlaub), umso stärker ihr Leben einzuschränken, während Reichere sich mit dem SUV das Biofleisch kaufen und Geschäftsleute fast neun Mal pro Jahr fliegen.
Gewaltige Möglichkeiten nutzen
Tatsächlich müssten wir auf nichts verzichten. Im Gegenteil: Der Großteil der Menschen könnte hochwertigere Nahrung zu sich nehmen und mobiler sein als bisher, wenn die technologischen Möglichkeiten umgesetzt und die Güter gerechter verteilt würden. Das bedarf allerdings großer Veränderungen. Um das Zwei-Grad-Ziel zu erreichen, das gesetzt wurde um eine irreversible Entwicklung des Klimawandels zu verhindern, sollten wir vollkommen von der Verbrennung fossiler Rohstoffe wegkommen. Solar-, Wind-, Wasser- und Gezeitenenergie reichen bei weitem aus, um den weltweiten Energiebedarf zu decken.
Technologisch gesehen ist es ohne Probleme möglich zwischen den Städten Schnellzugverbindungen herzustellen. Eine Reise von Wien nach Brüssel mit den sehr energieeffizienten und schnellen Magnetschwebebahnen würde nicht viel länger dauern als ein Flug. Diese Fortbewegung würde ausschließlich erneuerbare Energien beanspruchen. Die Landwirtschaft könnte jetzt bereits alle Menschen mit ausreichend hochwertiger Nahrung versorgen, ohne dabei Ökosysteme zu zerstören oder das Klima zu schädigen.
Wir haben die nötigen Technologien bereits, was fehlt ist der politische Wille zur Umsetzung. Staaten am finanziellen Tropf der Industrie und Finanzwirtschaft entpuppen sich als Teil des Problems, was gerade auf den UN-Klimagipfeln deutlich wird. Die profitorientierte, kapitalistische Wirtschaft wird entgegen aller Versprechungen nicht nur zum Bremsklotz, sondern auch zur Gefahr für Mensch und Umwelt.
Stärkerer Druck ist nötig
Um die massiven Veränderungen erringen zu können, braucht es massiven politischen Druck von unten. Massenproteste können sogar Staatsgrenzen niederringen, wie in der Flüchtlingsbewegung geschehen. Wenn Menschen sich organisieren und kämpfen, können sie es schaffen, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen und demokratisch von unten zu verwalten, wie beispielsweise mit der Besetzung des Senders ERT in Griechenland. Durch die gemeinschaftliche, demokratische Verwaltung über das, was produziert und erarbeitet wird, könnten wir ohne größere Probleme den Klimawandel bekämpfen. Die demokratische Verwaltung wäre Grundlage für eine gerechte Verteilung der Güter anstatt Mobilität und Nahrung zum Luxusgut zu degradieren.
Bis dorthin ist es noch weit, aber bereits der Weg wird wichtige Verbesserungen erringen. Die Klimaproteste rund um die UN-Klimakonferenz in Paris wurden alle wegen der Terrorgefahr verboten. Kommerzielle Massenveranstaltungen bleiben hingegen erlaubt. Wir dürfen uns nicht von diesem Manöver einschüchtern lassen. Lösungen bietet nicht die UN-Klimakonferenz, sondern der Widerstand von unten.