Rosa Lila Villa: Lesben & Schwulenhaus statt Parkgarage

Die Rosa Lila Villa ist einer der wichtigsten Anlaufpunkte für Lesben, Schwule und Transgender-Personen in Österreich. Entstanden ist sie aus einer Besetzung. Bis heute treibt die Rosa Lila Villa mit der Aufschrift „Lesben & Schwulenhaus“ Reaktionäre zur Weißglut.
26. April 2017 |

Wie wir schon in Laufe unserer Serie über Besetzungen berichtet haben, kam es Ende der 1970er- bzw. Anfang der 1980er-Jahre vermehrt zu Hausbesetzungen in Wien. Neben diesen Initiativen gab es eine immer lautere Schwulen- und Lesbenbewegung, die ihre Rechte einforderte. Die 1979 gegründete Homosexuelle Initiative (HOSI) setzte sich für die Rechte von Lesben und Schwulen ein.

Besetzung der Rosa Lila Villa

Eine Gruppe, die unter dem Namen „Rosa Wirbel“ bekannt wurde, sorgte 1982 für Aufsehen, als zwei Aktivisten nackt, nur mit einer Fliege bekleidet, die Bühne des Neujahrskonzertes stürmten und „Freiheit für Schwule“ skandierte. Eine Woche später drangen Aktivist_innen in die Räume des Opernballes ein und zeigten ein Transparent mit der Aufschrift: „Menschenrechte für alle“, während sie rosa Flugblätter in die Menge schmissen. Anknüpfend an diese Bewegung wurde nach einem Freiraum für Lesben und Schwule gesucht.

Die Stadt Wien verfolgte damals eine doppelbödige Politik gegenüber der Hausbesetzerbewegung: Um zu verhindern, dass sich die Bewegung radikalisierte, wie es bspw. in Zürich oder Berlin passierte (dort kam es zu riesigen Straßenschlachten zwischen Polizei und Besetzer_innen), wurde in Wien mit den Hausbesetzer_innen verhandelt.

Die damalige Vize-Bürgermeisterin Gertrude Fröhlich-Sandner bot Häuser, die abgerissen werden sollten, zur „legalen Instandbesetzung“ an. Natürlich mussten dann die Besetzer_innen das Haus selber renovieren. Auch der Lesben- und Schwulen Bewegung wurde ein Haus in der Liniengasse im 6. Bezirk angeboten. Die Verhandlungen waren zäh und als endlich ein Kompromiss erreicht wurde, bewertete die Bauaufsichtsbehörde das Haus als zu baufällig und ließ die Renovierung nicht zu.

© Rosa Lila Villa (Facebook)

Doch die Schwulen und Lesben wollten nicht länger warten, deshalb besetzten sie kurzerhand das Haus an der Linken Wienzeile 102. Das Haus war nicht für eine Instandbesetzung vorgesehen, eigentlich hätte eine Parkgarage an seine Stelle gebaut werden sollen. Nach der Besetzung kam es zu einer Renovierung und am 15. November 1982 wurde die Rosa Lila Villa eröffnet. Es war noch nicht klar, ob die Stadt Wien das Haus akzeptieren würde oder ob es doch zu einer Räumung kommen würde.

Wie riskant die Besetzung war sieht man auch daran, dass bis 1997 (!) die Sexualstrafrechtsparagrafen 220 und 221 die Gründung von Vereinen verboten, die sich für die „gleichgeschlechtliche Unzucht“ einsetzten bzw. für sie warben. Die Stadt Wien hätte also Möglichkeiten gehabt, auf juristischem Wege gegen die ­Besetzer­_­innen vorzugehen. Erst 1984 gelang es den Besetzer_innen einen Baurechtsvertrag abzuschließen, dieser galt dann aber gleich für 30 Jahre.

Die einzigen Forderungen der Stadt Wien waren einerseits die Instandhaltung des Gebäudes und die Einrichtung einer Beratungsstelle für Lesben und Schwule. Die Beratungsstelle „Rosa Lila Tip“ gibt es bis heute, und steht mittlerweile auch für Transgender-Personen offen.

Reaktionäre toben

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 Seit es die Rosa Lila Villa gibt, wird sie von der politischen Rechten angegriffen. Direkt nach der Einweihung tobte der ÖVP-Bezirksvorsteher Kurt Pint über die „sittenverderbende Aufschrift“. Die FPÖ-Politikerin Ilse Arié beschwerte sich: „eine kleine lautstarke Minderheit hat nicht das Recht sich über eine schweigende Mehrheit hinwegzusetzen“. Als Johann Gudenus 2014 bei einer Forum zum Thema „Mehrkindfamilien und die Zukunft der Menschheit“ in Russland auftrat, fantasierte er von einer „mächtigen europäischen Homolobby die eigene Zeitungen und Fernsehsender besitzt“.

Angestachelt von diesen Hetzreden kommt es zu Angriffen auf die Villa, zuletzt mit einem Schriftzug: „Tötet Schwule“. Doch die Bewohner_innen lassen sich nicht einschüchtern, im letzten Wahlkampf brachten sie ein Transparent an der Fassade an: „wer* schweigt stimmt zu #nohofer“.

Der Verfasser/die Verfasserin hat den Artikel mit freundlicher Genehmigung zur Verfügung gestellt.