Schweden: Kniefall vor Rassismus ermöglichte rechtsextremen Wahlerfolg
In Schweden wächst die Schere zwischen Arm und Reich am schnellsten von allen OECD-Ländern (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung), Privatisierungen und die Deregulierung des Arbeitsmarktes stehen auf der Tagesordnung – das neoliberale Vorgehen der bisherigen Politik verschlechtert die Situation der einfachen Bevölkerung konsequent.
Zusammen mit einer immer rassistischeren Anti-Flüchtlingspolitik konnten die rechtsextremen Schwedendemokraten bei der letzten Wahl im September gewinnen: ihr Stimmenanteil stieg von 4,6 auf 17,5 Prozent.
Fehlende Alternative
Die Analyse der Schlüsselthemen aus Sicht der Wählerschaft zeigte, was es für eine Auswirkung hat, wenn man Rassismus zulässt: Bei den drei letzten Wahlen standen Wirtschaft und Arbeitsplätze unter den fünf Topthemen. Dieses Jahr fiel das Thema Wirtschaft vom dritten auf den siebten Platz, und erstmals waren Flüchtlinge und Einwanderung unter den zehn Topthemen. Auch Kriminalität ist auf der Liste gestiegen, obwohl die Zahl der gemeldeten Straftaten, zum Beispiel in Malmö, gesunken ist.
Da eine wirkliche Alternative zu den sozialen und wirtschaftlichen Missständen fehlte, war es für die Rassisten ein leichtes, alle Schuld der Einwanderung zuzuschieben. Innerhalb von nur zwei Jahren verwandelte sich Schweden vom Land mit den offensten Grenzen zum Land mit den dichtesten Grenzen. Hier muss die Linke ansetzen und offensiv eine wirkliche antirassistische Alternative bieten!
Dies hatte die sozialdemokratische Vorgängerregierung versäumt, während ihrer Amtszeit gab es vor allem Steuererleichterungen für die Reichen und Kürzungen bei Sozialausgaben, Arbeitslosengeld und Krankengeld. Dass davon diejenigen Parteien profitieren, die sich dagegen positionieren – wie es die Rechten vorgegeben haben – ist nicht verwunderlich.
Doppelstrategie
Die Schwedendemokraten konnten auch deshalb gewinnen, weil sie eine Doppelstrategie fahren. Um ihre Regierungsfähigkeit zu demonstrieren, geben sie sich betont „volksnah“ und ahmen dabei die Vorgehensweise der Arbeiterbewegung nach: sie mobilisieren ihre Wählerschaft mit Ständen, Flyern, Veranstaltungen und einer eigenen Presse. Und sie lassen auch „gemäßigtere“ Rassisten in ihren Reihen zu, um die „besorgten Bürger“ anzusprechen.
Auf der anderen Seite treten – auch führende – Mitglieder der SD offen rassistisch und faschistisch auf, um den rechtsextremistischen Teil der Basis zu halten. Erfolg hatten sie auch damit, dass sie vorgaben, sich für Sozialpolitik einzusetzen, während sie gleichzeitig Treffen mit Vertretern von Großunternehmen abhielten. Mit dieser Vorgehensweise konnten sie vor allem (männliche) Wähler aus der Arbeiterklasse gewinnen.
Vergleichbar mit den Entwicklungen in anderen europäischen Staaten (etwa die FPÖ in Österreich, AfD in Deutschland) stellen sich die Schwedendemokraten gerne als „Protestpartei der Unzufriedenen“ und des „kleinen Mannes“ dar. Dabei ist ihr Ziel auf lange Sicht, eine insgesamt rassistischere Gesellschaft zu schaffen und eine faschistische Bewegung aufzubauen.
Ursprung und Hochburg der SD liegen in Schonen, einer Region im Süden Schwedens mit einer langen Geschichte sowohl des Faschismus als auch von lokalen rassistischen Protestparteien. In der dortigen Stadt Sjöbo erreichten die SD 39,2 Prozent der Stimmen – dort wurde 1988 auch ein Volksentscheid gegen die Aufnahme von Flüchtlingen durchgeführt und während des Zweiten Weltkriegs sollte dort ein Konzentrationslager gebaut werden.
Linke Alternative
Auch die Linkspartei konnten von 5,7 Prozent auf 8 Prozent zulegen und ihre Mitgliederzahl stieg in der letzten Zeit rasant. Im Moment zählt sie 25.000 Mitglieder, von denen 5.000 allein seit Juni dieses Jahres beigetreten sind. Anstatt sich (wie es die schwedischen Sozialdemokraten taten) dem neoliberalen Kurs und damit der Politik für die Reichen anzupassen und dem Rassismus nachzugeben, muss die Linke eine eindeutig antirassistische, antifaschistische und radikale Alternative für die Arbeiter_innenklasse bieten.
Als Vorlage diente ein Artikel von Åsa Hjalmers und Patrik Vulkan auf marx21.de.