The Radical Jewish Tradition

Das Buch The Radical Jewish Tradition - Revolutionaries, Resistance Fighters and Firebrands von Donny Gluckstein und Janey Stone ist genau zum richtigen Zeitpunkt erschienen.
2. Mai 2024 |

Im Windschatten des Völkermords in Gaza durch die israelische Armee greift echter Antisemitismus immer stärker um sich. Die Diffamierung von Kritik an Israel oder der Solidarität mit seinen Opfern als antisemitisch verschleiert nicht nur den echten rassistischen Antisemitismus der extremen und weniger extremen Rechten, diese Diffamierung geht auch immer mit rassistischer Islamfeindlichkeit einher. Das Buch von Gluckstein und Stone eröffnet einen völlig anderen Blick auf die jüdische Geschichte als die vorherrschende zionistische Geschichtsschreibung.


Weit entfernt, von dem was Maxime Rodinson die „tränenreiche Vorstellung von der jüdischen Geschichte“ nennt, zeichnet sie sich durch zahllose Geschichten von Partisanen und Revolutionären, Widerstandskämpfern und Brandstiftern aus, Frauen und Männer, die in einem feurigen Kampf um Erlösung und Befreiung stehen. Dies ist sehr wichtig, weil für die jüdischen Radikalen der letzten 150 Jahre der Kampf gegen den Antisemitismus untrennbar mit dem Kampf gegen das herrschende System und für den Sozialismus verbunden war.


Die dominierende zeitgenössische Erzählung der jüdischen Geschichte beginnt mit Ghettos, Pogromen, Leiden, Unterdrückung – Jüdinnen und Juden als die ewigen Opfer. Diese Darstellung soll die Brutalität rechtfertigen, mit der Israel die Bevölkerung Palästinas behandelt. Die Autor:innen zeigen eindrücklich, dass der Kampf für jüdische Emanzipation immer ein Kampf war, den Jüd:innen gemeinsam mit den nicht jüdischen Radikalen gegen das unterdrückerische System gefochten haben, unterdem alle Gruppen litten.

Das Buch liefert zuerst einen kurzen Überblick über die Situation, in der sich die jüdischen Gemeinden im Altertum und dem Mittelalter wiederfanden. Geographisch legt das Buch den Schwerpunkt auf die jüdischen Gemeinden in New York, im Londoner East End, Russland und Polen. Überall spielten Jüd:innen eine prominente Rolle in den emanzipatorischen und revolutionären Bewegungen, und oft genug in einem Umfeld, das von extremen antisemitischen Initiativen der herrschenden Eliten geprägt war. Ein berühmtes Beispiel sind die von der Geheimpolizei des Zaren organisierte Pogrome gegen jüdische und nicht jüdische Aktivist:innen zum Teil bewaffnet Widerstand geleistet haben. Das zaristische Russland galt als das Mekka des Antisemitismus und trotzdem wählten die russischen Arbeiter:innen während beider Revolutionen, der von 1905 und von 1917, einen Juden zu ihrem allgemeinen Vertreter – Leon Trotzki!

Im Londoner East End sorgte eine große Mobilisierung, getragen von jüdischen, irischen und englischen Radikalen, dafür, dass die faschistische Partei von Oswald Moseley von den Straßen gejagt wurde und niemals mehr Fuß fassen konnte. In New York kämpften Jüd:innen gemeinsam mit Schwarzen gegen Rassismus und die Ausbeutung von Kinderarbeit.


Das Buch geht auch auf die zwei wichtigsten jüdischen Philosophen ein. Baruch Spinoza war Schlüsselfigur des Goldenen Zeitalters in den Niederlanden. In Anlehnung an Marx erkannte er die Art und Weise, wie die Religion im Feudalismus eingesetzt wurde: „Das große Geheimnis des monarchischen Regimes und sein größtes Interesse besteht darin, die Menschen zu täuschen und die Angst, mit der sie sie kontrollieren wollen, unter dem Namen Religion zu verkleiden, um für ihre Sklaverei zu kämpfen.“
Dieses Buch bietet allen, und am wichtigsten den neuen jüdischen Radikalen, die sich heute im Kampf gegen den US-Imperialismus engagieren, eine wichtige Inspiration und zeigt ihnen, dass sie auf eine stolze Geschichte zurückblicken und sie fortsetzen können.