Von Hunden und Katzen und Rassismus

Am 10. September 2024 traten Donald Trump und Kamala Harris zu einer viel beobachteten Wahlkampfdebatte an. Die Debatte wird im Großen und Ganzen als Sieg für Kamala Harris verbucht, aber die dort wieder verbreiteten schamlosen Lügen von Donald Trump verursachten nur einen geringen Aufschrei.
28. Oktober 2024 |

In Springfield essen die Leute, die reinkommen, die Hunde, sie essen die Katzen, sie essen, sie essen die Haustiere der Menschen, die dort leben und das ist was in unserem Land passiert.“
Eine unfassbar grausliche rassistische Lüge. Man hat darüber gelacht und gewitzelt, aber dieses Witzeln ist gleichzeitig die Verweigerung Trump wirklich für seine Lügen zur Rechenschaft zu ziehen. Ähnlich wie hierzulande ist in dem Kampf zwischen den Rechtsextremen und ihren Gegnern nur eine Seite kampfbereit.

Lügen und Bombendrohungen

Rechtspopulisten behaupten selbstsicherer und öfter denn je unhaltbare Lügen, die ihre Anhänger als „alternative Fakten“ akzeptieren. Es ist ein schwerer Fehler und ein Zeichen von Überheblichkeit darüber nur zu witzeln. Wir dürfen die Normalisierung dieser Praxis nicht hinnehmen und unbeantwortet lassen! Hier werden massenhaft entwürdigende Aussagen gemacht, die nur Hass in der Bevölkerung schüren. Manche tun diese Lügen als Übertreibungen ab, andere aber werden davon angespornt und überfallen, so wie Gruppen der rechtsextremen Miliz „Proud Boys“, Springfield und jagen Menschen, die in ihr rassistisches Narrativ passen. Die rechtsradikale und offen neonazistische Gruppierung fiel nach Trumps Äußerungen in Springfield ein und schüchterte die Bevölkerung ein. Kinder wurden, aus Angst sie würden verletzt, nicht in die Schule geschickt und aus dem ganzen Land gingen Bombendrohungen in den Schulen ein.

JD Vance, Trumps auserkorener Vizepräsidentschaftsanwärter, hat diese Strategie sogar in einem Interview nach der Debatte zugegeben, als er gefragt wurde, ob es in Ordnung sei, solche offensichtlichen Lügen zu verbreiten:

„Wenn ich Geschichten erfinden muss, damit die amerikanischen Medien auf das Leid der amerikanischen Bevölkerung schauen, dann werde ich das tun.“
Doch die Taktik der postfaktischen Rechten ist alles andere als neu. Göbbels hat in seinen Tagebüchern eingestanden, dass die Hetze gegen Juden auf Lügen basiert. Und auch in den USA und vor allem für Donald Trump ist das kein neues Phänomen.

Die Central Park Five

1989 wurde im Central Park in New York Trisha Meili während ihrer Joggingrunde brutal vergewaltigt und misshandelt. Sie fiel in ein zweiwöchiges Koma und hatte danach keine Erinnerung mehr an den Übergriff.
Die Polizei nahm eine Gruppe schwarzer Jugendlicher (Antron McCray, Kevin Richardson, Raymond Santana, Korey Wise und Yusef Salaam) fest. Sie waren unschuldig und wurden in einer Lynchmob-Stimmung, die Donald Trump mit einer 85.000 Dollar teuren Inseratenkampagne in lokalen Zeitschriften geschaffen hat, so brutal verhört, dass sie zwischenzeitlich gestanden. Erst zwölf Jahre später wurde der wirkliche Täter gefasst und die fünf Unschuldigen, die die wichtigste Zeit ihres Lebens im Gefängnis verbracht hatten, freigelassen.

Nach dem Mord an einer jungen Frau in Charlotteville durch einen Neonazi verteidigte Trump den Mörder und beschuldigte das Mordopfer, mit denselben Worten, mit denen er heute noch Zweifel an der Unschuld der Central Park Five schürt: „Es gab Schuldige auf beiden Seiten.“ Was für ein Frechheit. Kein Wunder, dass er der Held und das Vorbild der FPÖ-Spitzen ist.

Wer glaubt, solcher Realitätsverlust sei lediglich ein amerikanisches (Trump) oder deutsches (AfD) Phänomen, der/die irrt. Lügen und „alternative Fakten“ sind für die FPÖ längst ein zentrales Werkzeug. Trump hat lediglich von Faschisten und Nazis gelernt. Die FPÖ dagegen wurde von aktiven Nazis gegründet und geschult. Sie hat Lügen perfektioniert und den Fakten, und der Wahrheit im generellen, den Kampf angesagt.

Diese Normalisierung der Lüge im politischen Diskurs zeigt sich beispielsweise, wenn Kickl, ein Berufspolitiker mit mehr als 10.000€ Gehalt, behauptet nicht zum politischen Establishment zu gehören, wenn er abstreitet, dass er die Identitäre Bewegung gelobt hat.

Diese Normalisierung der Lüge im politischen Diskurs zeigt sich beispielsweise, wenn Kickl, ein Berufspolitiker mit mehr als 10.000€ Gehalt, behauptet, nicht zum politischen Establishment zu gehören, wenn er abstreitet, dass er die Identitäre Bewegung gelobt hat. Zuwanderer würden uns ihre Sitten aufzwingen, migrantische Eltern die Ausbildung ihrer Kinder vernachlässigen und unter Asylwerbern gäbe es keine Fachkräfte – eine unhaltbare Lüge nach der anderen. Aber natürlich darf auch nicht auf Verschwörungstheorien wie das Entwurmungsmittel zur Behandlung von COVID-19, die komplett haltlose Darstellung der Impfschäden und die Unwirksamkeit von Masken im Zusammenhang mit der Pandemie vergessen werden, die die Partei immer noch propagiert. Auch den wissenschaftlichen Konsens, dass es mehr als zwei Geschlechter gibt, leugnet die FPÖ vehement.

Die versprochene Patientenmilliarde hat Österreich Berichten zufolge mehrere hundert Millionen Euro gekostet anstatt eingebracht. Auch die Nähe zu Russland ist ein heißes Eisen, das gerne geleugnet wird: Dass Karin Kneissl, ehemalige Außenministerin mit FPÖ-Nähe auf der Gehaltsliste Putins steht, wird auch nicht gerne gehört, außer man kann dem politischen Gegner damit schaden.

Der ORF und die politischen Parteien scheinen kein Rezept gegen die Lügen der FPÖ zu haben. Es wäre aber so einfach, die Aussage in den Kontext des Sprechers zu stellen: „Es ist nicht verwunderlich, dass ein Nazi den Klimawandel (oder eine Pandemie) nicht verstehen kann und so abstruse Behauptungen von sich gibt.“ Wenn Ihnen, liebe Leser:innen, ein deklarierter Nazi ein Pferdewurmmittel und den Segen einer Wahrsagerin gegen Covid-19 empfiehlt, wie reagieren Sie dann? Sie lachen ihn so aus, dass es ihm weh tut, und jagen ihn zum Teufel. Deshalb ist es wirklich entscheidend, nicht ein Punkt unter vielen: Man muss wissen und öffentlich machen, wessen Geistes Kind der Mensch ist, der so unverschämt lügt.
Eine andere Taktik, die im Bezug auf Trumps Aussagen und auch auf die FPÖ zutrifft, ist das unablässige Behaupten von komplett weltfremden Geschichten. Diese werden dann so oft wie möglich wiederholt, dass ihre Aussagen nicht mehr als plausibel oder komplett verrückt eingestuft werden können. Offensichtlich zeigt sich diese Strategie, beispielsweise, wenn Kickl den Spitzenkandidaten der SPÖ, Andreas Babler, unablässig als Faschisten bezeichnet, eben weil dieser ein gestandener Antifaschist ist.
Faschistische Parteien und Anführer wie Donald Trump oder die FPÖ verwerten jede Gelegenheit dazu, Unmut, Hass, Hetze und Hass-schürende Nachrichten zu verbreiten, die die Gesellschaft spalten. Nur so kommen sie an die Macht und nur so können sie ihre Macht halten. Wir dürfen diese, scheinbar harmlosen, Lügen, die schon zum politischen Alltag zu gehören scheinen, nie Normalität werden lassen. Ähnlich wie in den USA werden inzwischen auch in Großbritannien, Deutschland und Österreich nach jahrzehntelanger Hetze gegen Flüchtlinge Asylunterkünfte angegriffen und in Brand gesetzt.
Wenn der Obmann einer Partei, die einen Volkskanzler stellen will, dessen Macht mit der des Bundespräsidenten vereint werden soll, seinen Wählern keine Person oder keine Organisation im deutschen Sprachraum nennen kann, die man als rechtsradikal bezeichnen kann, müssen wir das tun! Lügen sind Lügen. Es gibt keine alternativen Fakten, auf die man sich berufen kann, wenn der wissenschaftliche Konsens nicht ins eigene Konzept passt. So etwas sollte man schon vor einem Studium der Philosophie gelernt haben. Aber manche brauchen etwas länger. Wir erinnern sie bis dahin gerne täglich daran, im Parlament, in den Gewerkschaften, im Netz, und auf der Straße.