WAS DROHT UNS MIT KICKL ALS KANZLER?

Georgia Meloni ist seit ihrer Jugend eine waschechte Faschistin – aber ihre Regierung hat mit einer Mussolini- oder Hitler-Diktatur nicht viel gemeinsam. Von außen ähnelt sie viel eher den Regierungen aus anderen Parteien, die ihr in Puncto Rassismus und Kriegsunterstützung um nichts nachstehen. Doch Meloni, Kickl oder Trump als Staatsoberhäupter sind fundamental gefährlicher – auch in Zeiten, in denen eine faschistische Machtergreifung nur schwer vorstellbar ist. Sie unterwandern die demokratischen Strukturen, schaffen ein Klima der Angst und des Hasses und bauen schleichend den Staat in Richtung Autoritarismus um. Was also droht uns, sollte auch in Österreich ein Faschist Kanzler werden?
17. August 2024 |

Erst die Partei übernehmen…


Noch in Friedenszeiten ihre ideologischen Hardliner in zentralen Positionen unterzubringen, ist eine zentrale Strategie von Faschisten. Innerhalb der FPÖ sehen wir seit Mitte der 2000er wie die Partei von liberalen Patrioten und Opportunisten gesäubert wurde und stattdessen deutschnationale Burschenschafter – jener antisemitische Bodensatz aller rechtsextremen Bewegungen in Österreich – die Zügel fest in der Hand halten. Hans-Henning Scharsach beschreibt diese Entwicklung in seinem Buch Stille Machtergreifung. Hofer, Strache und die Burschenschaften. Heute ist das Verhältnis enger als je zuvor, so Andreas Peham vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands: „Sie dominieren die Partei auch ideologisch. Das drückt sich etwa in der Wiederaufnahme des Bekenntnisses zur deutschen Volksgemeinschaft ins Parteiprogramm der FPÖ aus.“

…dann den Staat

Polizei und Überwachung
Der Staat besitzt mit der Polizei ein Monopol auf Gewalt – nur sie darf legal Menschen körperlich verletzen oder sie ihrer Freiheit berauben und tut es auch. Im Kapitalismus kann man reale politische Macht nur durch die Polizei ausüben und sichern. Darum ist es keine Überraschung, dass die Aufrüstung des Polizeiapparates 2018 das Hauptprojekt des Kickl-geführten Innenministeriums war. Laut Regierungsprogramm war geplant, 4100 neue Beamte einzusetzen, unter anderem als Bereitschaftseinheiten in den Bundesländern. In Wien wurde den Bereitschaftseinheiten das Einsetzen von Tasern erlaubt und mit PUMA wurde extra eine Anti-Flüchtlings-Einheit geschaffen, die Menschen an den Grenzen terrorisieren darf. Insbesondere hier wurde auch eine Blaufärbung der hohen Positionen sichergestellt.


In der letzten schwarz-blauen Regierung hat Strache sichergestellt, die wichtigsten Posten im Staat auf die radikalsten Elemente in der Partei zu verteilen. Kickl wurde Innenminister, Mario Kunasek, der gemeinsam mit Identitären abhängt, bekam das Verteidigungsministerium, der ehemalige Präsidentschaftskandidat Norbert Hofer (Burschenschaft Marko Germania) bekam Innovation und Technologie, Andreas Hauer (Burschenschaft Alemannia zu Linz) wurde im Verfassungshof installiert. Mit ihren Kadern in den zentralen Institutionen, verstärkt die FPÖ ihren Einfluss in allen repressiven Staatsorganen: Polizei, Militär und Justiz. Das Kickl-geführte Innenministerium ging sogar so weit, eine rechtswidrige Razzia im BVT durchzuführen, bei der Akten über die rechtsextreme Szene mitgenommen wurden. Auch eine Umstrukturierung des Geheimdienstes war geplant, wie aus den Chats zwischen dem freiheitlichen Sicherheitssprecher Hans-Jörg Jenewein und dem mutmaßlichen Russland-Spion Egisto Ott hervorgeht. Dass so eine Infiltrierung auch in einem noch viel größeren Stil durchgeführt werden kann, sehen wir momentan in Amerika: Trump-Unterstützer propagieren ein Project 2025. Demnach sollen 50.000 Bundesbeamte im öffentlichen Dienst durch eigens ausgewähltes Personal ersetzt werden.

Deportationen


Die FPÖ arbeitet durch das Verbreiten von propagandistischer Lügen systematisch daran Araber:innen und Flüchtlinge zu entmenschlichen. Während Konservative, in klassischer Teile-und-Herrsche-Manier den Rassismus anheizen, sind es immer die faschistischen Parteien, die das Unsagbare erst sagbar machen, die antisemitischen Verschwörungstheorien und Deportationsfantasien soweit normal machen, dass sich niemand mehr dafür schämen muss, wie ein Faschist zu reden. Der Schritt in die Praxis ist dann nicht weit. Im Januar erklärte Kickl in einem Interview eine Rechtsgrundlage dafür schaffen zu wollen, Leuten die Staatsbürgerschaft zu entziehen. Seit über 2 Jahren arbeitet die FPÖ gemeinsam mit den Identitären konkrete Pläne zu Massenabschiebungen aus. Auch in Österreich geborene Menschen sollen deportiert werden, natürlich auch in Kriegsgebiete, so spricht Kickl von Syrien inzwischen nur noch als „Urlaubsland“, auch Kinder will er dorthin abschieben und betont das in Interviews häufig.

Angstklima durch Straßentrupps


Die FPÖ hat offensichtlich keine SA – aber das liegt nicht am fehlenden Willen. Kickl sieht die Identitären als die Speerspitze seiner Bewegung, darum werden sie von der FPÖ mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln unterstützt: Die Partei finanziert sie mit Inseraten in rechtsextremen Medien, hofiert sie im österreichischen und im EU-Parlament, beschafft ihnen Räumlichkeiten und Jobs. Als Regierungspartei stehen ihnen natürlich noch viel mehr Türen offen, um den Aufstieg der Neofaschisten zu fördern: Entkriminalisierung ihrer Symbole und Organisationen, internationale Vernetzungen herstellen, Vergabe von einflussreichen Posten und natürlich das Nutzen aller meinungsbildenden Einflussnahmen, die als Regierungspartei möglich werden, um die Identitären der Bevölkerung als „NGO von rechts“ zu verkaufen, wie Kickl sie nennt.

Pressefreiheit einschränken


2018 gab es einen direkten Befehl aus dem blau-geführten Innenministerium an die Polizei, keine Informationen an „kritische Medien“ weiterzugeben – genannt wurden Standard, Falter und Kurier. Parteitreue Medien wolle man hingegen mit „Zuckerln“ belohnen. Seit der Corona-Krise finanziert die FPÖ ein weitverzweigtes Netzwerk aus verschwörungstheoretischen und parteitreuen Propagandamedien zu denen neben Identitären-Medien (Heimatkurier, Info-direkt), auch online Fernsehsender (AUF1, FPÖ-TV, Report24) und Zeitungen oder Blogs aus dem rechtsäußersten Milieu zählen (Zur Zeit, unzensuriert, Der Eckart, Freilich). Kickl hat bereits angekündigt, dass mit ihm als Kanzler „Journalisten das Fürchten lernen“ werden. Es besteht kein Grund an seinen Absichten zu zweifeln.

Arbeiterorganisationen schwächen


Faschistische Parteien verstehen sich selbst als Elite, die die dummen und irrationalen Massen anführen. Menschen, die sich selbst organisieren und für ihre Befreiung kämpfen, sind ihr Hauptfeind. Darum sind es in jeder faschistischen Diktatur die Gewerkschaften und die Kommunist:innen, die als erstes verboten, verhaftet und umgebracht werden. Das wird unter einem Kanzler Kickl nicht passieren. Doch wird er mit Sicherheit nichts unversucht lassen, um die Selbstorganisation der Bevölkerung zu unterbinden. Im August 2023 brachte die FPÖ in einer Sondersitzung im Nationalrat zum Beispiel einen Antrag auf Abschaffung einer verpflichtenden Mitgliedschaft in der Arbeiterkammer ein. Kickl lässt wenig Raum zur Spekulationen, wie mit er mit Linken und Antifaschisten umgehen wird: „Man sollte sie zu ihren Freunden aus Afghanistan ins Loch sperren.“ Repression ist für die FPÖ überlebensnotwendig, weil die Geschichte gezeigt hat, dass eine antifaschistische Front oder eine starke Arbeiter:innenbewegung den Faschismus im Nullkommanichts wegfegen kann.
Wir müssen noch mehr Menschen auf die Straßen bringen um aus dieser Möglichkeit eine Realität zu machen.