CETA durchgeboxt: Strache und die FPÖ verarschen ihre Wähler
Die Mehrheit der FPÖ-Abgeordneten – nämlich 29 von 51 – sind schon vor der letzten Nationalratswahl im Parlament gesessen: Dort haben sie vor 9 Monaten Anträge gegen CETA eingebracht und eine Volksabstimmung gefordert. Jetzt wurde CETA mit den Stimmen von FPÖ, ÖVP und NEOS im Nationalrat beschlossen, obwohl es vielleicht illegal ist.
Eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), ob CETA – insbesondere die Investor-Schiedsgerichtsbarkeit – mit EU-Recht vereinbar ist, steht noch aus. Regierung und Konzerne versuchen das Abkommen durchzuboxen, obwohl 562.000 Menschen dagegen unterschrieben haben und die gesellschaftliche Mehrheit dagegen ist.
Die leeren Versprechungen der FPÖ von vor der Wahl, CETA ohne vorige Volksabstimmung die Zustimmung zu verweigern, ad acta gelegt. Ebenso wie die Forderung nach einer Volksbefragung zu CETA. Obwohl die Freiheitlichen noch drei Tage vor der Nationalratswahl 2017 einen solchen Antrag im Parlament eingebracht haben, lehnen sie den von der SPÖ jetzt ab – selbes Thema, andere politische Vorzeichen.
Noch im Februar 2017 wetterte Strache gegen CETA © Screenshot Facebook
Langer, undemokratischer Weg
Als sich im September 2016 in einer Umfrage nur sechs Prozent für CETA aussprachen, stimmte der damalige Bundeskanzler Christian Kern nur eine Woche später im EU-Rat für CETA. Politik wird auf dem Rücken der Bevölkerung gemacht – und das auf höchst undemokratische Weise. Denn es war ein langer Weg, dass CETA überhaupt in nationalen Parlamenten behandelt werden „darf“: In transnationalen Gremien verhandelte die Europäische Kommission an nationalen Parlamenten vorbei, denn deren Einbindung war nicht vorgesehen.
Nachdem sich bereits über 3,2 Millionen EU-Bürger_innen gegen TTIP ausgesprochen hatten, entschied die Kommission, dass die Parlamente der einzelnen Mitgliedsstaaten NICHT über das ausverhandelte CETA-Abkommen abstimmen dürfen. Der Europäische Rat musste das wieder rückgängig machen, weil der politische Druck von der Straße nach dem TTIP-Debakel zu groß wurde. Der 1.600-Seiten-Vertrag samt 39 (!) Zusatzerklärungen muss 40 nationale und regionale Parlamente passieren.
Politik für Konzerne
CETA sieht vor, dass Konzerne Einfluss auf Gesetzesvorhaben nehmen können und so neoliberale Wirtschaftspolitik festschreiben. Erstens bedeutet CETA, dass ausländischen Investoren Marktzugang garantiert wird – das schließt die öffentliche Daseinsvorsorge, wie etwa Wasser oder Gesundheit mit ein. Mit speziellen Klauseln wird außerdem festgeschrieben, dass bestehende Liberalisierungen nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Ob der 12-Stunden-Tag damit in Stein gemeißelt ist? Ginge es nach Schwarz-Blau; definitiv.
Sollten sich Konzerne durch neue Gesetze in ihren Profitinteressen beschnitten sehen, stehen ihnen besondere Klagerechte gegen Staaten zu. Aus Angst vor einer solchen Klage schrecken Staaten davor zurück, neue Regelungen im Arbeitsrecht oder Sozial- und Umweltbereich zu treffen.
Die Umsetzung von CETA in der jetzigen Form wäre ein Dammbruch: Bislang enthält noch kein einziges EU-Handelsabkommen Konzernklagsrechte, wie sie bei CETA vorgesehen sind. Geht das jetzt durch, hat das weitreichende Konsequenzen für die weiteren Abkommen mit Japan, Australien, und südamerikanischen Ländern. Die EU verhandelt momentan mehr als zwei Dutzend weiterer Freihandelsabkommen.
Wer profitiert?
Das Argument der Kommission, dass CETA den transatlantischen Handel um über 55 Prozent steigern würde, ist in mehrfacher Weise absurd: Einerseits wird offensichtlich kein Gedanke an die ökologischen Folgen für die Umwelt „verschwendet“, wenn alles über den Atlantik hin- und hergeschippert wird. Andererseits bescheinigen neuere Studien negative Folgen für heimische Arbeitsplätze.
Von einer Handelsliberalisierung profitieren höchstens große Konzerne: Schon jetzt ist ein Drittel des Welthandels „Intrakonzernhandel“, ein weiteres Drittel Handel zwischen Konzernen – bleibt ein Drittel für nicht-riesige Konzerne. Demgegenüber steht der Verlust von Einnahmen aus Zöllen. 2016 lukrierte die EU 25 Milliarden Euro, die 15,2 Prozent zum Gesamthaushalt der EU beitrugen.
Widerstand
Der Widerstand gegen CETA braucht – nicht zuletzt dank der Regierung – einen noch längeren Atem als gedacht. Tausende Menschen gingen auf die Straße, Klein- und Mittelbetriebe sind gegen TTIP und CETA aktiv geworden und hunderte Gemeinden verabschiedeten Resolutionen gegen TTIP und CETA.
Mehr Infos: anders-handeln.at