Griechische Küstenwache ertränkt zwei Menschen
Während die griechischen Behörden Pushbacks bestreiten, gibt es unzählige Beweise dafür, dass Flüchtende, die aus der Türkei ankommen, illegal aus Griechenland abgeschoben werden, bevor sie einen Asylantrag stellen können. Die Staatsgewalt geht dabei aggressiv gegen die Schutzsuchenden vor. Flüchtende werden geschlagen, erniedrigt und ins Wasser geworfen, mit der Aufforderung in die Türkei zurückzuschwimmen – selbst, wenn sie Nichtschwimmer sind.
Ein Journalisten-Team von Guardian, Lighthouse Reports, Mediapart und Spiegel recherchierten die Geschichte der Ermordeten. Ihr Boot erreichte gegen sieben Uhr morgens die nordöstliche Küste von Samos, wie Zeugen berichten. Das Human Rights Legal Project (HRLP) wurde über die Ankunft des Bootes informiert, auf ihre Anfrage an die Behörden, die notwendige und gesetzlich vorgeschriebene Unterstützung zu gewährleisten, erhielten sie keine Antwort. Stattdessen wurde schon beim Eintreffen des Bootes auf die Flüchtenden geschossen. Am Boot brach Panik aus, die Menschen trennten sich und versuchten verzweifelt sich am steilen und gefährlichen Gelände der Küste zu verstecken. Nur acht von ihnen gelang die Flucht ins Landesinnere, die restlichen 28, darunter eine schwangere Frau und junge Kinder, wurden festgenommen: Sie sollten auf Rettungsinseln im Meer ausgesetzt werden. Die Polizei schlug dabei brutal auf die Flüchtenden ein, sie nahmen ihnen das Geld weg, einer Mutter entrissen sie ihr Baby und warfen es achtlos in die Rettungsinsel. Nach einigen Stunden griff die türkische Küstenwache die Rettungsboote auf.
Von den acht Personen, die entkommen waren, schafften es vier sich in ein Flüchtlingslager zu retten. Die anderen vier wurden an Land festgenommen, darunter eine Frau, die man alleine und nur mit einer Flasche Wasser im Meer sich selbst überließ. Am 17. September wurde sie von der türkischen Küstenwache aufgegriffen. Keita und Kouamou wurden gemeinsam mit einem weiteren Mann auf ein Schnellboot verladen, geprügelt und der Reihe nach in die Fluten gestoßen. Beide konnten nicht schwimmen und wurden kurze Zeit später leblos in der Türkei ans Ufer gespült. Der Überlebende fand die Leiche von Keita und versuchte noch ihn wiederzubeleben – erfolglos. „Ich habe das Gefühl, dass ich einen Teil von mir im Wasser zurückgelassen habe“, sagte er in einem Gespräch mit dem Guardian. Am 18. September schilderte er der türkischen Polizei was passiert war. Medizinische Befunde, Zeugenaussagen und die Angabe von zwei griechischen Beamten, die bestätigen, dass so etwas schon öfter vorgekommen sei, belegen seine Erzählung.
Bei diesem schrecklichen Verbrechen handelt es sich nicht um eine Einzeltat. Es gibt ein grausames Wechselspiel zwischen der europäischen Asylpolitik, rassistischen Parteien und Beamten. Manche von ihnen werden unter den aktuellen Verhältnissen zu Mördern. Im November wurde ein Schiff mit 382 Asylsuchenden auf dem Weg nach Italien vier Tage lang von den griechischen Behörden auf See festgehalten, ohne Zugang zu Grundversorgung. Nach Angaben von Statista sind seit 2014 mehr als 23.590 Geflüchtete im Mittelmeer ertrunken (Stand: 18.02.2022). Die Europäische Union ist direkt für die Ermordung von Schutzsuchenden verantwortlich. Aber es sind Politiker mit Gesicht und Namen, die diesen Prozess antreiben.