GRÜNE enttäuschen an allen Fronten

„Wenn Wahlen etwas ändern würden, wären sie verboten!“, lautet der bekannte Satz von Kurt Tucholsky. Das große Versprechen der GRÜNEN war immer, dass sie eine Alternative sind zu dem Sumpf aus Korruption, Umweltzerstörung und Verachtung für Geflüchtete und Arbeiter_innen. Keine Partei, die daran glaubt, Veränderung innerhalb des kapitalistischen Systems durch Herrschaft von oben zu erreichen, kann diese Versprechen einlösen – das ist jetzt, wo sie in der Regierung sind und die gleiche unsaubere, antisoziale und umweltzerstörerische Politik betreiben, glasklar. Die Gesellschaft kann nur durch Widerstand aus der Bevölkerung verändert werden und nicht aus einem Staatsapparat heraus, der in erster Linie die Funktion erfüllt, das jetzige System zu erhalten.
10. Januar 2023 |

Die GRÜNEN in der Regierung führen aktiv Klassenkampf von oben. Schon vor der Teuerungswelle befanden sich gut eineinhalb Millionen Österreicher_innen in Armut, notwendige Maßnahmen, wie ersthafte Übergewinnsteuern (über dem von der EU vorgegebenen Mindestmaß) oder ein Mietpreisdeckel blieben aus, stattdessen beschenkte die Regierung Konzerne mit Nichtbesteuerung und Coronahilfen in Milliardenhöhe. Sozialleistungen wurden nicht an die Teuerung angepasst. Im Nationalrat stimmten die GRÜNEN gegen eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes, Einführung des Gaspreisdeckels, sowie die Erstellung eines jährlichen Berichts über Armut. Der Verrat an den eigenen Idealen, hat unzählige Menschen näher an die Armutsgrenze gerückt und Wähler_innen frustriert und enttäuscht zurückgelassen. Sie sehen, dass die Partei nun ein bloßer Mehrheitsbeschaffer für eine ÖVP-Politik der Banken und Konzerne ist. Das ist leider nicht überraschend. Sobald man regiert, ist man Teil des Systems, dass der Profitlogik folgt und ist dadurch den Sachzwängen aus der Wirtschaft unterworfen. Man wird vor eine Entscheidung gestellt: Nach den Regeln des Systems spielen, alle moralischen Ansprüche beerdigen oder Courage zeigen, Protestbewegungen unterstützen und das politische Klima nachhaltig verändern – dann ist man allerdings sehr schnell wieder weg vom Fenster. Wer nicht den Anspruch hat das System zu bekämpfen, wird hier nie die richtige Entscheidung treffen.

Flüchtlingspolitik wie unter Schwarz-Blau

Das gilt auch für soziale Fragen. Die GRÜNEN in der Regierung zu haben, war eine große Erleichterung für große Teile der Flüchtlingsbewegung, die schon lange mit grünen Strukturen zusammenarbeitet. Faktisch muss man sagen: Jetzt ist die Flüchtlingspolitik nicht besser, als sie es unter schwarz-blau war. Nur etwa ein Zehntel der gestellten Asylanträge werden gewährt, das sind sogar weit weniger als 2017/18, als die FPÖ in der Regierung war. Ankommende werden bei Schnee und Eiseskälte in Zelte gesteckt. In St. Georgen sprach einen grünen Politiker auf einer Demonstration, zu der alle im Gemeinderat vertretenen Parteien mobilisiert hatten. Auch berüchtigten Rechtsextremen, wie die Identitären, beteiligten sich an der Kundgebung. Diese pfiffen die Rede des Grünen Gemeinderats nieder – trotzdem ist es Ausdruck eines Rechts Rutsches, dass sich Grünen Politiker an Protesten von rechtsextremen beteiligen.

Die Flüchtlingsbewegung wird von den GRÜNEN im Stich gelassen. Versprechen, wie jenes der Justizministerin Alma Zadic, gegen die brutale Polizeigewalt und illegale Pushbacks österreichischer Polizist_innen an der serbisch-ungarischen Grenze vorzugehen, wurden nicht eingehalten. Grüne Regierungsbeteiligung allein hat für die antirassistische und antifaschistische Bewegung keinerlei Besserung gebracht. Im Gegenteil konnte sich die FPÖ, aufgrund der desaströsen Coronapolitik der schwarz-grünen Regierung erholen und landet bei der Sonntagsfrage inzwischen auf Platz 2.

Klimawandel

Die von den GRÜNEN getroffenen Klimaschutzmaßnahmen, eine symbolische CO2-Steuer oder das Klimaticket, sind nicht mehr als kleine Schönheitskorrekturen einer Politik, die weiter in rasendem Tempo auf die Klimakatastrophe zusteuert. Um die erforderlichen Netto-Null-Emissionen für das 1,5 Grad Ziel zu erreichen, müsste Österreich bis 2040 seine Emissionen um 90-95% verringern; mit dem derzeitigen Kurs ist das ein Fantasieziel. Es ist in erster Linie das ungebrochene Vertrauen der GRÜNEN in das System, das echte Klimaschutzpolitik unmöglich macht. Was notwendig ist, ist ein radikaler Bruch mit der herrschenden Ordnung: ein vollkommener Umstieg auf erneuerbare Energien, drastische Reduktion der Emissionen und Umbau des Verkehrssektors, stattdessen liefern die GRÜNEN individuell moralisierende Antworten wie Energiespartipps und subventionieren klimafeindliche Konzerne in Millionenhöhe. Eine Studie von Sarah Nash und Reinhard Steurer kommt zu dem Ergebnis, dass die Effektivität von Klimapolitik allein durch den „Grad der Politisierung“, also die Stärke der Klimabewegung in einem Land bestimmt ist und es ansonsten keinen Unterschied macht, ob linke oder rechte Parteien in der Regierung sitzen.

Saubere Umwelt, saubere Politik?

Zur Frage, was man alles in Kauf nimmt, um am Hebel der Macht zu bleiben, haben sich die GRÜNEN deutlich positioniert: um Neuwahlen zu verhindern, gehen sie über demokratiepolitische Leichen. Allein im letzten Monat stimmten sie im Nationalrat gegen: Neuwahlen, eine personelle Aufstockung der WkstA, den Entscheid die Regierung muss transparent über Handlungen und Entscheidungen ihrer politischen Arbeit informieren, Öffentliche Bewerbungs-Hearings für Posten, die die Regierung vergibt, Sicherung von digitalen Kommunikationsverläufen der Regierung und härtere Strafen für Spitzenpolitiker_innen bei Korruption. Das Problem ist, dass die grüne Partei nicht an Veränderung von unten glaubt und deswegen alles tun würde, um weiter in der Regierung zu sitzen. Uns, den Bewegungen von unten, muss klar sein, dass wir, als Gegner des kapitalistischen Systems, nicht am gleichen Strang ziehen wie sie.

Ihre Moral und unsere

Kritik an den GRÜNEN kommt nicht selten von rechter Seite und bedient den alten Mythos, die GRÜNEN seien Linke. Doch viel was in der Gesellschaft an Wut auf die Partei zu spüren ist, hat eine berechtigte Grundlage: Die GRÜNEN machen eine Politik, die nicht sozial ist, aber gleichzeitig unheimlich moralisierend daherkommt. Wir sollten frieren für den Frieden in der Ukraine, Fahrradfahren fürs Klima, ehrenamtlich aktiv werden, all das, während sie eine Politik verfolgen, für die diese Moral nicht gilt. Eine Partei, die lieber mit dem Status Quo regiert als dagegen, kann auch nie gesellschaftlichen Wandel herbeiführen. Wer keine Illusionen in das kapitalistische System hat, braucht also auch keine Illusionen in die grüne Partei oder irgendeine andere haben. Anstatt Hoffnungen in einzelne Parteien zu legen, muss unsere ganze Unterstützung bei den Streikenden sein, den Demonstrierenden und den Besetzer_innen: Druck aus der Bevölkerung – den Herrschenden Angst machen – ist das einzige Mittel unsere politischen Forderungen zu erkämpfen.