Nazianschlagspläne: Verschleierung von höchsten Stellen
Mit zwei Jahren Verspätung ließ ÖVP-Innenminister Gerhard Karner die Bombe platzen: Am 12.Mai stellte er den Verfassungsschutzbericht 2022 vor, darin fand sich ein „Hinweis auf einen geplanten Anschlag auf das Volksstimmefest in Wien“. Vom geplanten Nazi-Terroranschlag auf das KPÖ-Fest wurden damals zwar europäische Geheimdienste informiert, aber nicht die österreichische Öffentlichkeit oder die Betroffenen. Europol erwähnte den Fall eines vereitelten Terroranschlages und die Quelle war das österreichische Innenministerium. Deshalb forderte die SPÖ-Abgeordnete Sabine Schatz schon im September 2022 Aufklärung, und brachte eine parlamentarische Anfrage an den Innenminister ein. Die Antworten blieben vage, der geplante Anschlag und die Existenz von Feindeslisten der Terroristen wurden dem Parlament in der Antwort unterschlagen. Und dieses Verhalten der Bundesregierung im Nationalrat ist tatsächlich beängstigend, wenn man es in dem Kontext betrachtet, dass nicht nur ideologische Wiederbetätigung von faschistischer Seite geduldet und sogar mit einer Koalitionsregierung belohnt wird, sondern dieselbe Toleranz inzwischen auf die bewaffnete Neonaziszene ausgeweitet wird.
Der Ermittlungserfolg wurde nicht via Pressekonferenz präsentiert und auch im Prozess gab es keinen einzigen Hinweis auf den konkret geplanten Anschlag! Der Verfassungsschutz bzw. das zuständige ÖVP-Innenministerium unter Karl Nehammer und dessen Nachfolger Karner gefielen sich besser in der Rolle der Kämpfer gegen den „politischen Islam“. Die Vermutung liegt nahe, dass der FPÖ-Hintergrund des rechtsextremen Täters nicht ins Schema passte und dies obwohl das Strafmaß, laut Verfassungsschutzbericht 2022 in einem Berufungsverfahren, auf fünf Jahre unbedingt erhöht wurde, weil „beim Beschuldigten eine besondere Gefährlichkeit” vorliegt.
Waffenfunde: Die Szene rüstet auf
Bei den burgenländischen Gemeinderatswahlen im Oktober 2007 führte Rudolf Prinesdomu die FPÖ auf kommunaler Ebene. Zwei Monate später verurteilte ihn ein Gericht wegen des illegalen Besitzes einer halbautomatischen Waffe und des Besitzes bzw. der Weitergabe kinderpornografischen Materials. Als dies medial bekannt wurde, musste der Ortsparteichef die FPÖ verlassen. Dem freiheitlichen Gedankengut hielt Rudolf Prinesdomu aber in sozialen Medien bis zur aktuellen Verurteilung wegen NS-Wiederbetätigung, Verhetzung, Suchtgifthandel und illegalem Waffenbesitz die Treue. Der Mordlüsterne saß nicht alleine auf der Anklagebank. Das Recherchenetzwerk zu Rechtsextremismus und Neonazismus in Österreich Österreich Rechtsaußen berichtete: „Ohne eine breite öffentliche Wahrnehmung fand am 31. März 2022 ein Prozess gegen Rudolf P. und seinen Sohn statt…“
Schusswaffen, 3 Kilo Nitrozellulosepulver, 400 Schweizer Kracher und 10 Rohre und gerahmte Bilder der Naziterroristen Anders Breivik, Beate Zschäpe und Franz Fuchs (durch dessen Rohrbomben vier Roma ermordet wurden) wurden entdeckt. Das Handbuch „Nationale Wehrkraft“, das der alte Neonazi selbst verfasst hatte, beschreibt wie man Waffen bzw. Rohrbomben herstellt oder Trinkflaschen im Supermarkt durch Injektion mit Gift präpariert und dann wieder unbemerkt zum Verkauf platzieren könnte. Am beschlagnahmten USB-Stick befanden sich umfassende Freundes- und Feindeslisten.
Vor Rudolf Prinesdomu ging den Behörden der bekannte österreichische Neonazi Peter Binder wegen Waffen- und Drogenhandels ins Netz. Im Dezember 2020 sprach der damalige Innenminister Nehammer nicht nur von einem der größten in der Zweiten Republik, sondern auch von einem Netzwerk zwischen Rechtsextremen und organisierter Kriminalität. In der Anklage fand sich nichts davon, auch Binder wurde als „Einzeltäter“ verharmlost. Der deutsche Innenminister vermutete aber, dass mit Binders Waffen eine rechte Miliz in Deutschland aufgerüstet werden sollte.
Vernetzung mit heimischen und deutschen Kameraden
Der ehemalige FPÖ-Politiker Rudolf Prinesdomu postete ein Bild von rothaarigen Kindern mit dem Vermerk „Irlands Mädchen, sind sie nicht süß?“. Sven Krüger, dessen rassistische Facebookbeiträge er gerne teilte, kommentierte „Gutes Blut muss erhalten bleiben“. Der zig-fach vorbestrafte deutsche Neonazi Krüger gründete mit einschlägigem Personal ein Abrissunternehmen und kaufte systematisch Immobilien in Jamel um das Dorf zu einer „national befreiten Zone“ zu machen. In der Rubrik „Gefällt mir“ tauchen bei Rudolf Prinesdomu neben Krüger die „Corona-Querfront“ von Neonazi Gottfried Küssel, die AfD, das Identitären-Zentrum in der Steiermark ebenso auf wie die „Freie Bürgerpartei“, deren Beiträge er neben jenen von Herbert Kickl besonders häufig teilte. Auch der mittlerweile verstorbenen Neonazi Gerd Honsik wird zitiert.
Unter den Facbook-Freunden der Profile von Rudolf Prinesdomu sind FPÖ-Politiker wie Martin Graf, Heinrich Sickl, Günter Koderhold, Wolfgang Jung, der auch reißerische Beiträge des Täters zustimmend kommentiert, viele Identitäre, wie Luca Kerbl, AUF1-Chef Stefan Magnet und Norbert Hofers Lieblingsmaler Odin Wiesinger. Laut Medienberichten soll Prinesdomu Mitglied der Identitäten gewesen sein. Die Frage, ob der damals 78-jährige Täter mit den Identitären oder anderen Rechtsextremisten vernetzt war, beantwortete Innenminister Karner so: „Aufgrund des verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechtes auf Datenschutz, der Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit bzw. um allfällige Ermittlungsergebnisse nicht zu konterkarieren, muss von einer Beantwortung der Fragen Abstand genommen werden.“
Nicht erst seit den Protesten gegen die Corona-Maßnahmen radikalisiert sich die Szene. Ihr Hass auf Linke und alles Fremde hält sie trotz unterschiedlicher Organisationsstrukturen zusammen. Das stets gut besuchte Volksstimmefest der KPÖ, an dem beinahe die gesamte radikale Linke teilnimmt, ist für Neonazis ein perfektes Feindbild. Die solidarische Linke und fortschrittliche Gesellschaftsentwürfe werden in Krisenzeiten von rechts-oben und rechts-unten in die Zange genommen. Die Konservativen radikalisieren sich weit nach rechts und übernehmen autoritäre Gesellschaftsmodelle à la Orban in Ungarn. Rechts-unten dreht an der Spirale des Hasses und fühlt sich, wie die FPÖ, im extremen Kurs bestätigt. Die große ÖVP-FPÖ-Versöhnung nach der Pandemie, Hass auf Flüchtlinge, auf Transmenschen und auf die Klimabewegung schaffen ein Klima in dem sich die außerparlamentarische Neonaziszene wohl fühlt. Manche meinen, ihre Zeit wäre gekommen. Die einen hetzen, die anderen handeln.