Solidarität statt Deportationen für syrische Geflüchtete!

Am 8. Dezember 2024 herrschte globale Euphorie über den Sturz des blutigen Regimes von Baschar al-Assad in Syrien. Schon am 10. Dezember zeigte sich eine neu gebildete Achse der Unmenschlichkeit. Mit dabei ist Österreich. Das ÖVP-Innenministerium beschloss sofort die „Zurückstellung von Asylverfahren“ für Syrier:innen.
11. Dezember 2024 |

Im Jahr 2015 hat sich Österreich schlagartig als Vorbild für Menschlichkeit am Kontinent hervorgetan. Die Hunderttausenden, die sich um Flüchtlinge kümmerten, sie über die Grenzen holten und versorgten, waren für die Herrschenden ein enorm beängstigendes Lebenszeichen des solidarischen Österreichs. Es bedeutete Kontrollverlust. Die Mauern der Festung Europa wurden überrannt, die Regierung musste die Tore der Festung öffnen und die „Invasoren“ hereinlassen, um größeren Schaden zu verhindern und um Protest zu mildern. Sie gingen sogar so weit, den Flüchtlingen mit Bussen und Zügen entgegenzufahren und sie nach Österreich und Deutschland zu bringen. 64 Prozent der Bevölkerung gaben an, dass Österreich Schutzbedürftigen Asyl gewähren soll. 23 Prozent der Bevölkerung waren 2015 direkt in der Flüchtlingshilfe tätig.

Die Gegenreaktion

Schon nach wenigen Wochen propagierte der damalige Staatssekretär Sebastian Kurz die Schließung der Balkanroute, und dass man mit Hilfe von Grenzkontrollen wieder zu einem Normalzustand zurückkehren müsse. Dann scherte unsere Regierung aus der EU-Linie aus, verbündete sich mit Ungarns Ministerpräsidenten Viktor Orbán, und folgt seither einem stramm rassistischen Kurs. Mit dieser Erinnerung an 2015 wollen wir klar stellen, dass die Regierung nicht dem Druck der öffentlichen Meinung nachgegeben hat, hinter der rassistischen Asylpolitik steckt politisches Kalkül. Der Rechtsruck ist gewollt und von oben fabriziert. Es darf also weder von der sozialdemokratischen Linken, und schon gar nicht von weiter links irgendeine Form der Zustimmung zur offiziellen österreichischen Reaktion auf den Sturz Assads geben.

Offene Grenzen für alle

Es ist nötig, die Linke an die Haltung der sozialistischen Internationale zu erinnern, die kurz gesagt Reisefreiheit für alle Menschen fordert. Weshalb sollten nur wir Bürger:innen aus den wohlhabenden Industriestaaten frei und unbehelligt in alle Welt reisen können? Warum sollten nur Wohlhabende das Recht genießen, sich überall niederlassen zu können, wo es ihnen beliebt? Dieses universelle Recht den Menschen aus ärmeren Ländern vorzuenthalten ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit und ein Baustein für den Erfolg rechtsextremer Politik. Aber es gibt auch Argumente, die innerhalb des herrschenden Asylsystems geltend gemacht werden können.

Asyl-Aberkennungsverfahren sind bekämpfbar!

Manche der syrischen Menschen, die seit 2012 zu uns geflohen sind, fürchten die Aberkennung von Asyl oder subsidiärem Schutz und Deportation in das weiterhin instabile Ursprungsland. Die Behörden haben sich als Grundlage für ihre Entscheidungen von Behörden- und Gerichtsseite im Asylverfahren aber an geltendes Recht zu halten. Je nach Aktualisierung des Länderberichts zu Syrien könnten Menschen, die subsidiären Schutz wegen der Sicherheits- oder Versorgungslage zuerkannt bekamen oder die weniger als fünf Jahre Asyl haben und ihren Asylantrag mit Verfolgung von Seiten des syrischen Regimes begründeten, künftig mit Aberkennungsverfahren konfrontiert sein. Sie sollten dann keinesfalls aufgeben, sondern rasch rechtliche Beratung in Anspruch nehmen. Niemand weiß, wie moderat oder radikal das neue syrische Regime sein wird, ob es mehr Sicherheit und politischen Spielraum oder neue Gewalt geben wird.

Druck von rechts

Die FPÖ und ihre hetzerischen Fake-Medien krakeelen im harmlosesten Fall „Gute Heimreise!“. Die Regierung erledigt deren schmutziges Geschäft und quält Menschen aus Syrien, die dank der „Zurückstellung ihrer Verfahren“ ohne Anerkennung völlig in der Luft hängen. Für rabiate Massenabschiebungen nach Kickls Wunsch ist die Demokratie noch nicht ausgehöhlt genug. Der engagierte Anwalt Norbert Kittenberger informiert: „Wer länger als fünf Jahre Asyl hat, darf Asyl nur dann wegen eines Wegfalls der Fluchtgründe aberkannt bekommen, wenn stattdessen ein Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt EU“ zuerkannt wird – ein Daueraufenthaltstitel mit umfassenden Rechten wie freiem Arbeitsmarktzugang. Diese Menschen haben jetzt also – so sie nicht ohnehin nach Syrien zurückkehren wollen – in Hinblick auf ihren Verbleib in Österreich nichts zu befürchten.“ Stellen wir solidarischen Menschen sicher, dass Geflüchtete hier sicher sind.

Es bleibt dabei: Flüchtlinge willkommen!

Die unsichere Lage bedeutet für Betroffene letztlich, dass sie es selbst entscheiden müssen, ob sie lieber hierbleiben oder nach Syrien zurückkehren und notfalls wieder hierher zurückkommen wollen. Wir dürfen den Faschisten und Rassisten keinen Zentimeter überlassen und für globale Bewegungsfreiheit eintreten.

Egal wie sehr sie seit 2015 versuchen uns zum Hass oder zur Angst aufzustacheln, bieten wir dem Rassismus die Stirn. Nein, nicht Flüchtlingskinder ohne Deutschkenntnisse überfordern unser Bildungssystem, es sind die politisch Verantwortlichen, die nicht ausreichend Ressourcen zur Verfügung stellen. Reiche Männer in Anzügen wie Elon Musk oder Donald Trump zerstören den Planeten, nicht Frauen mit Kopftuch. Nicht die Mehrkind-Familie sondern FPÖ-Führer Kickl ist durch Steuergelder zum Millionär geworden. Wir haben mehr mit dem Essenslieferanten aus Syrien gemeinsam, mit der somalischen Mutter des Freundes unseres Kindes oder mit der Studentin aus Afghanistan als mit den Rassisten an der Spitze von Medienkonzernen und Parteien. Weil die Herrschenden uns mit ihrer Menschenverachtung spalten, können sie uns und diesen Planeten weiterhin in Ruhe ausbeuten.

Kein Regime kann sich sicher sein!

Selbst widerlichste Folterknechte, die Bomben und Giftgas gegen die eigene Bevölkerung einsetzen, können gestürzt werden, das ist die Lehre aus Syrien. Auch wenn es nicht die mutige revolutionäre Demokratiebewegung von 2011 war, die den syrischen Tyrannen vertrieben hat, sondern Islamisten ohne Basis in dieser Bewegung, es beweist: Geschichte ist nicht geradlinig, sondern sprunghaft und veränderbar. Das gibt Hoffnung und Lust auf Revolution. Unrechtsregime in der Region zittern daher, unabhängig davon ob sie mit Diktator Assad kooperierten oder nicht. Diese Massenmörder halten sich mit Krieg gegen die eigene Bevölkerung oder Krieg gegen besetzte Gebiete am Ruder und füllen ihre Foltergefängnisse.

Jetzt ist erstmals seit der Revolutionswelle, die vor bald 14 Jahre begann, eines der arabischen Regime dauerhaft gestürzt. Die Autokraten fürchten die Hoffnung, die Unterdrückte jetzt weltweit aus der syrischen Erfahrung schöpfen werden. Wir leben in sehr instabilen und gefährlichen Zeiten mit vielen Krisen. Wir müssen uns organisieren und gemeinsam für eine solidarische Gesellschaft kämpfen. Die echten Grenzen und Interessensgegensätze verlaufen überall zwischen den Klassen und die Klimakrise zeigt die Dringlichkeit von grundlegenden Revolutionen.