Historischer Warnstreik: Wiener Ärzte trotzen Einschüchterung
Nachdem sich 93 Prozent der Ärzt_innen im Krankenanstaltenverbund (KAV) für streikbereit erklärt haben, wurde es heute am 12. September mit einem ersten Warnstreik ernst. Bis zu 1.500 Mediziner_innen demonstrierten in der Wiener Innenstadt gegen eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen und eine bessere Versorgung der Patient_innen. Konkret geht es um die Reduzierung der Wochenstunden und der Nachtdienste, ohne dass Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely zusätzliches Personal einstellen würde.
„Beispielsweise kann es vorkommen, dass nur ein Turnusarzt für vier Stationen mit jeweils 28 Patienten verantwortlich ist. Wenn es dann zwei Notfälle auf zwei verschiedenen Stationen zeitgleich gibt, wird es einer vielleicht nicht überleben“, erklärt eine Oberärztin einer chirurgischen Abteilung gegenüber der Neuen Linkswende. „Die Wartezeiten für Patienten sind völlig inakzeptabel, außer man ist ein Sonderklasse-Patient, dann muss man bevorzugt werden. Das unterstützt eine Zwei-Klassen-Medizin, die wir so nicht haben wollen.“
Solidarität
Damit setzt Wehsely nicht nur die Gesundheit der Wiener Bevölkerung aufs Spiel, sondern auch jene aller Angestellten – neben den Ärzt_innen werden auch dem Pflegepersonal immer mehr Aufgaben zugeteilt, die in weniger Zeit zu leisten sind. „Ich bin ja für eine Arbeitszeitreduzierung, aber es sollte dementsprechend neues Personal eingestellt werden“, so die angehende Gynäkologin Barbara Zelger-Hosmann.
Auch die Basisinitiative CaRevolution und solidarische Medizin-Studierende unterstützten die Demonstration. Die Gewerkschaft vida, die die Ärzteschaft in den Ordensspitälern (nicht im KAV) vertritt, hat ebenso Solidarität bekundet, wie der ärztliche Betriebsrat an der Medizinischen Universität Wien (MUW). Hinter den Anliegen der KAV–Mediziner_innen stehen auch alle niedergelassenen Ärzt_innen. Nur die Gewerkschaft der Gemeindebediensteten (younion) weigert sich, Widerstand zu organisieren.
Einschüchterung
„Die [Gewerkschaft] younion ist bei den Protesten nonexistent, was sehr enttäuschend ist. Unterstützt werden wir von [der Ärztegewerkschaft] Asklepios und der Ärztekammer“, berichtet eine junge Turnusärztin – die unerkannt bleiben wollte, weil der KAV skandalöserweise den Streikenden mit Kündigung gedroht hatte.
Die Einschüchterungsversuche fruchteten jedoch nicht. Im Gegenteil: Viele fordern nun endgültig den Rücktritt von KAV-Generaldirektor Udo Janßen. Schon vergangenes Jahr ist aufgeflogen, dass er – mit seinen 24.000 Euro monatlich – zwei Sozialwohnungen bekommen hat – eine davon ist eine Mutter-Kind-Wohnung, also für alleinerziehende Mütter gedacht. Eine weitere Sauerei angesichts der Sparpolitik von KAV und Wehsely.