Die Revolutionären Sozialisten (R.S.) Österreichs
„Lieber Wien als Berlin!“ war 1934 der Schlachtruf von Antifaschist_innen weltweit. Am 12. Februar 1934 schießen Arbeiter im Linzer Hotel Schiff zurück auf die Polizei. Vier Tage lang leisten Werktätige in Oberösterreich, der Steiermark und Wien Widerstand gegen die Diktatur von Engelbert Dollfuß. Nach der Niederlage wird die Sozialdemokratische Arbeiterpartei (SDAP) verboten.
Mitglieder, die ihren Kampfesgeist wiedergefunden haben, und die jüngere Generation sind von der zögerlichen Führung während der Auseinandersetzungen enttäuscht. Diese „neuen Menschen“ können in der ersten Phase der Illegalität der alten Organisation ihren Stempel aufdrücken.
Vom linken Radikalismus…
„Wir sind nun – was wir eigentlich schon immer waren“, tauft der erste Vorsitzende Manfred Ackermann die Partei: „Revolutionäre Sozialisten“.
In den Bezirken organisiert man „Blitzkundgebungen“. Nachdem man die Polizei abgelenkt hatte, beschreibt eine Erzählung die Ereignisse in Alsergrund, „strömten dreihundert aufgeregte Schutzbündler und Jugendliche … vor die Volksoper. Während aus vorbeifahrenden Straßenbahnwagen und vom Stadtbahnviadukt Tausende selbstgemachter Zettel mit den Kampfparolen der Illegalen auf die Währinger Straße und den Gürtel geworfen wurden, hielt der Redner von den Schultern eines Kollegen seine [Ansprache].“ Nach wenigen Minuten ist alles vorbei. „Als die Überfallautos der Polizei heransausten, war bereits die erste Strophe der Internationale verklungen; auf dem Stadtbahnviadukt wehte eine Fahne.“
… zur Kaderpartei
Die Aktionen bleiben in ihrer Wirkung beschränkt und riskant – Parteimitglieder werden oft verhaftet. Als Joseph Buttinger die Partei nach einer großen Verhaftungswelle Anfang 1935 übernimmt, wird ein neuer Kurs, die Politik der „langen Perspektive“, eingeschlagen. Die Organisation wird zu einer „Kaderpartei“ umgebaut. Mit dem Aufbau von „Zellen“ in den legalen Einheitsgewerkschaften der Regierung rüstet man sich für eine Chance zum Gegenschlag.
Eine Streikwelle Anfang 1936 hilft die Partei auf den neuen Kurs einzuschwören. Vom Fiat-Betrieb in Floridsdorf breitet sich eine Bewegung auf die Saurer-Werke in Simmering, die Phönix-Versicherungsangestellten und weitere Maschinenbau- und Metallfirmen aus.
Arbeiterwiderstand gegen Hitler
Im Februar 1938 zieht sich die Schlinge für das autoritäre Regime zu. Kanzler Schuschnigg laviert in einer für sein Regime aussichtslosen Lage zwischen zwei unversöhnlichen Lagern: den Werktätigen und Faschisten. Als die Geheimverhandlungen mit Hitler an die Öffentlichkeit kommen, berufen die Führer der Regierungsgewerkschaften Betriebsrätekonferenzen ein. Die Regierung verliert beinahe die Kontrolle: Arbeiter_innen verabschieden selbständig Resolutionen, „jederzeit den Kampf für ein freies und unabhängiges Österreich, in dem sie selbst frei und unabhängig sind, zu führen“. Im Café Meteor im dritten Wiener Gemeindebezirk tagt permanent ein Komitee aus Arbeiter_innen, Gewerkschaften, RS und KP.
Um Widerstand gegen Hitler zu organisieren hat Schuschnigg den Arbeiter_innen mehr Freiheiten in Aussicht gestellt, und gewährt sie am Ende doch nicht. Stattdessen gelingt es ihm jeglichen Widerstand auf die Abhaltung einer Volksbefragung über die Unabhängigkeit Österreichs zu beschränken. Die Hoffnungen der unterdrückten österreichischen Arbeiter_innenklasse werden hinweggefegt, als deutsche Truppen am 12. März 1938 kampflos einmarschieren.
Joseph Buttinger hatte in nur drei Jahren den Kern einer revolutionären Partei geschaffen. Nach Kriegsende konnten die RS keine größere Rolle spielen. Sie gerieten rasch in Vergessenheit: Die Alliierten zogen es vor, ehemaligen Kriegsverbrecher die Rückkehr nach Österreich zu ermöglichen. Den Revolutionär_innen wurde jahrelang die Einreise verwehrt. Erst Jahrzehnte später ehrte Bruno Kreisky den Führer der Revolutionären Sozialisten, Joseph Buttinger, „als Helden, der, wenn er nach Österreich zurückgekehrt wäre, wahrscheinlich Bundeskanzler geworden wäre.“