Aktivisten demütigen Nazis und verhindern rechtsextreme Höbelt-Vorlesung

Am Dienstag, 14. Jänner blockierten etwa 200 antifaschistische Studierende den Hörsaal 50 der Universität Wien – die Vorlesung des FPÖ-Historikers Lothar Höbelt musste abgesagt werden. Höbelt gehört zu den „intellektuellen“ Aushängeschildern der extremen Rechten. Seine Vorlesung ist eine Pilgerstätte für Faschisten aller Art. Diesen Umtrieben wurde dieses Mal eine deutlich Grenze aufgezeigt. Linkswende jetzt-Aktivist David Reisinger war mit dabei.
15. Januar 2020 |

Ganz im Stile der SA kündigten „identitäre“ Neonazis und Burschenschafter am Dienstag, 14. Jänner einen Saalschutz für ihren Lieblingsprofessor Lothar Höbelt an. Ihrem Aufruf folgte aber nur ein kleines Häuflein, darunter der selbsternannte PEGIDA-Österreich-Führer Georg Immanuel Nagel. Auf der anderen Seite blockierten rund 200 Studierende kurzerhand die beiden Eingänge zum Hörsaal 50 an der Universität Wien. Zutiefst frustriert, dass sie heute nicht ihrem Führer lauschen konnten, mussten die wenigen Faschisten unter dem Spott der Antifaschist_innen wieder abziehen.

Zum Protest aufgerufen hatte die Plattform Radikale Linke, die Jüdischen Österreichische HochschülerInnen (JÖH), die ÖH Uni Wien und andere Organisationen. Aktivist_innen von Linkswende jetzt unterstützten die Blockade.

Rechtsextreme gedemütigt

Der Ring Freiheitlicher Studenten (RFS) jammerte, dass ihr Obmann Lukas Heim „mit rohen Eiern beworfen, bespuckt und mit Tritten und Schlägen attackiert“ worden sei (und ja, richtig gehört, der RFS-Chef ließ es sich nicht entgehen, sich mit Neonazis im Hörsaal zu treffen). Auf Twitter heulten die Rechtsextremen: „Kann dieses Antifa Gelumpe eigentlich überall machen was die wollen?“ Immer wieder riefen die selbsternannten Herrenmenschen nach der Polizei. In ihrer Frustration versuchten sie mehrmals, Antifaschist_innen körperlich zu attackieren, doch unsere Solidarität war stärker.

Thomas, einer der Antifaschisten, erklärte gegenüber Linkswende jetzt: „ Ich halte es für notwendig, sich an solchen Protesten zu beteiligen. Gerade die Geschichte der Universität Wien zeigt uns, wie bedrohlich Faschisten für alle Studierenden sind. In der 30er-Jahren machten in diesem Gebäude Nazis Jagd auf jüdische Studierende. Heute tun sie so, als seien sie friedlich und an einer Diskussion interessiert. Dieses Lügenmärchen dürfen wir ihnen nicht abnehmen.“ Er sagt weiter: „Rechtsextremismus ist eine immanent mörderische Ideologie, umso stärker sie wird, umso gefährlicher für alle, die nicht in ihre Volksgemeinschaft passen. Ich habe irgendwann einmal den Spruch ‚Heute die Pogrome von morgen verhindern‘ gelesen. Das ist unsere Aufgabe.“

Meinungsfreiheit für Faschisten – Nein!

In liberalen Medien wird wieder viel Geschwafel darüber zu lesen sein, wie böse Linke die Meinungsfreiheit sabotieren würden. Hans Rauscher verteidigte Höbelt bereits im November im Standard unter Berufung auf die „akademische Freiheit“ und meinte, dass es „grundsätzlich bedenklich“ sei, „ihn bei seiner Vorlesung zu behindern“. Nina Horaczek stellte sich ebenfalls hinter Höbelt und meinte, dass es einen „kritischen Diskurs“ statt den Professor „lautstark niederzubrüllen“.

Dadurch verwandeln sie sich gewollt oder ungewollt in Unterstützer des Rechtsextremismus. Seit Jahren versucht sich die extreme Rechte durch den Verweis auf Meinungsfreiheit gegen Kritik zu immunisieren und gleichzeitig ihre mörderischen Ideologien zu verbreiten. Man erinnere sich nur an die Forderung des FPÖ-Innenministers Herbert Kickl, Flüchtlinge zu konzentrieren.

Höbelt huldigt Holocaustleugner

Thomas Mann schrieb, dass „Toleranz zum Verbrechen wird, wenn sie dem Bösen gilt“. Hans-Henning-Scharsach erinnerte etwa, dass Höbelt den Holocaustleugner David Irving in einer Festschrift ehrte. Wer Holocaustleugner huldigt, der verdient keine ruhige Sekunde. Höbelt referierte auf rechtsextremen Kongressen über die „Entgermanisierung Österreichs und Deutschlands nach 1945“ und versucht damit, rechtsextreme Positionen mehrheitsfähig zu machen. Rechtsextreme Meinungen haben nichts anderes zu bieten, als Krieg, Gewalt und Völkermord – diese zu akzeptieren oder sogar zu schützen, bedeutet nichts anderes, als solche Gewalttaten zu legitimieren.

Antifaschismus ist nicht nur moralische Pflicht, sondern auch notwendiger Selbstschutz der Studierenden. Beispielsweise stürmten 2018 vom Dekan für Rechtswissenschaften beauftragte Faschisten bewaffnet mit Metallstangen einen von Studierenden besetzten Hörsaal in Frankreich (Montpellier). Faschisten dienten den Herrschenden schon immer als Rammbock gegen alle progressiven Bewegungen, auch deswegen gilt es, sich ihnen in den Weg zu stellen.

Meinungsfreiheit für Linke

Davon abgesehen ist die Heuchelei der Meinungsfreiheit-Schreier kaum zu übersehen. Wo waren ihre Stimmen, als die Polizei gewaltsam einen von Studierenden der TU Wien besetzten Hörsaal räumen ließ? Wo waren sie, als die Leitung der Universität Wien es Aktivist_innen von Linkswende jetzt im Wahlkampf verbot, Flyer in Hörsälen aufzulegen? Wo waren sie, als Klima-Aktivist_innen am 31. Mai 2019 von der Polizei in die Nieren geschlagen wurde und ein Kopf unter einen Autoreifen gelegt wurde?

Die Beispiele ließen sich ewig lange fortführen. Nicht der extremen Rechten, die Tag für Tag in den Medien ihre Hetze verbreiten kann, wird die Meinungsfreiheit genommen, sondern jenen Menschen, die gegen die Widerlichkeiten von Staat und Kapitalismus auf die Straße gehen.

Heuchelei der Universität Wien

Auch das Rektorat der Universität Wien zeigte wieder einmal, auf welcher Seite es steht. Während es sich konsequent weigert, irgendetwas gegen die wöchentlich stattfindenden Aufmärsche von antisemitischen deutschnationalen Burschenschaften an der Rampe der Universität Wien zu unternehmen und genauso kein Wort über die faschistischen Aufläufe bei Höbelts Vorlesung verlor, alarmierte es heute direkt die Polizei. Durch die Größe und Entschlossenheit des antifaschistischen Gegenprotestes konnte aber eine Räumung durch die Polizei verhindert werden.

Die Vorlesung Höbelts wurde schon am 19. November von antifaschistischen Studierenden kritisch kommentiert. Sie verteilten Informationsmaterial und entrollten ein Banner mit der Aufschrift „Kein Raum für Nazis an der Uni“. Höbelt war Straches Wunschkandidat für die FPÖ-Historikerkommission, doch nach Aufdeckung seiner braunen Verstrickungen musste er wieder fallengelassen werden. Die Universität Wien hingegen hält ihm die Treue und lässt ihn jeden Dienstag eine Vorlesung abhalten. Damit ist jetzt Schluss.

Wir feiern die Absage der Vorlesung als einen großen Erfolg und arbeiten weiter daran, dass Faschisten an der Uni Wien und in ganz Österreich Niederlage nach Niederlage kassieren.