CHUZPE – Terror in Klein Babylon
Chuzpe sind nicht nur eine der ersten Punkbands Österreichs, sondern bis heute musikalisch aktiv und politisch relevant. Das Label „Punk“ greift jedoch zu kurz: Gegründet 1977 erlebte die Formation um Sänger, Gitarrist und Texter Robert „Räudig“ Wolf in wenigen Jahren die Entwicklung vom Underground zu New-Wave und Postpunk. Am geläufigsten dürfte vielen das Joy Division Cover Love will tear us apart aus dem Jahr 1980 sein. Das 1982 erschienene Debut-Album 1000 Takte Tanz orientierte sich musikalisch an der zu dieser Zeit angesagten Neuen Deutschen Welle. Nach dem Suizid des Sängers und Bassisten Christian Brandl im Jahr 1987 endete die Geschichte vorerst, ehe es anno 2003 zu einem Comeback in neuer Besetzung kam.
Terror in Klein Babylon ist eine Zusammenstellung früher Chuzpe-Songperlen, die hier erstmals in der Original-Aufnahme vorliegen, eingespielt in nur zwei Tagen im Winter 1978/79 im Studio der Schmetterlinge. Die Texte von Chuzpe waren scharfzüngig und politisch, Songtitel wie Stingert Reich und Braune Nostalgie sprechen für sich und haben auch heute noch keine Patina angesetzt. Beislanarchie etwa wirft einen durchaus selbstkritischen Blick auf Wiens linke Szene: „Die Hitze des Gefechts vom Sommer achtasechzg wärmt uns auch noch heut’ aus der Vergangenheit.“
Aufgrund des druckvollen Remasterings und des räudigen Sounds hält dieses spät aber doch veröffentlichte Werk sehr authentisch die eigenartige Stimmung in der „toten Stadt“ Wien fest, grau und langweilig, nur ein paar Kilometer vorm Eisernen Vorhang. Hier wurde zu jener Zeit nach wie vor der „Hochkultur“ hofiert, während der einst rebellische Austropop bereits erste Ermüdungserscheinungen zeigte, als dessen „Schmuddelkinder“ Chuzpe von manchen bezeichnet wurden. Album-Liner-Notes von Al Bird Sputnik ergänzen das Album und geben Einblick in diese beinahe vergessene Phase österreichischer Subkultur.
Bandcamp Auftritt von Chuzpe