Faschistischer Front National bei französischen Regionalwahlen vorne
Gelingt dem Front National ein Sieg in einer einzigen Region, wäre das schon historisch erstmalig. FN-Vorsitzende Marine Le Pen gewann im Norden fast so viele Stimmen wie die Kandidaten aller wichtigen Parteien zusammen, ebenso wie ihre Nichte Marion Marechal-Le Pen im Südwesten. In ganz Frankreich gewann die Partei 27,7 Prozent.
Bei einer Wahlbeteiligung von 50 Prozent bedeutet dies, dass eine Person von sieben Wahlberechtigten für eine faschistische Partei gestimmt hat. Mit 9,7 Prozent in Paris gelang es dem FN in urbane Wahlkreise vorzudringen, was bisher nicht möglich schien. Außerdem konsolidierte er den Rückhalt in seinen Kerngebieten.
Straßenbewegung droht
Frankreichs Regionalpolitik besitzt nur limitierte politische Macht. Aber Marechal-Le Pen will die Förderungen für Familienplanungs-Kliniken und LGBT-Organisationen streichen. Le Pen will finanzielle Mittel für Organisationen kürzen, die Migrant_innen in Calais unterstützen, und sie will eine regionale Bahnpolizei gründen, die ihr unterstehen würde.
Noch wichtiger ist jedoch, dass der FN nun eine noch größere Bühne hat, um seinen Hass zu verbreiten, und mehr Möglichkeiten, den aktivistischen Kern von hartgesottenen Faschisten zu einer Bewegung aufzubauen. Im Wahlkampf forderte Le Pen „die Ausrottung der bakteriellen Einwanderung“ von Flüchtlingen mit „nicht-europäischen Krankheiten“. Marechal-Le Pen argumentierte, dass Muslim_innen in einem „kulturell christlichen“ Land „nicht denselben Status“ wie Katholiken haben könnten. Dieser Rassismus wird bei der Präsidentschaftswahl 2017 tonangebend sein.
Nicht kampflos das Feld räumen
Während die etablierten Parteien die Faschisten mit der Verfolgung von Muslim_innen erst legitimiert haben, wollen sie sich nun vereinen, um den FN in der zweiten Runde der Regionalwahlen zu „blockieren“. Links ausgerichtete Parteien stehen nun unter Druck, jene rechts von ihnen zu unterstützen. Die regierende sozialdemokratische Sozialistische Partei (PS) wies ihre Kandidat_innen an, in jenen Regionen, in denen die Konservativen hinter dem FN auf Rang zwei liegen, nicht mehr zu anzutreten.
Das bedeutet, den antifaschistischen Kampf der republikanischen Partei des ehemaligen Präsidenten Nicolas Sarkozy zu überlassen. Ihr Generalsekretär Laurent Wauquiez forderte letzten Monat, 4.000, hauptsächlich muslimische, mutmaßliche Extremisten in Internierungslager zu stecken. Sarkozy hat nachdrücklich ausgeschlossen, zugunsten der PS irgendwo nicht anzutreten.
Auf Bewegung, nicht Wahlstimmen konzentrieren
In mehreren Regionen legen die Grünen und die Linkspartei Front de Gauche (Linksfront) ihre Kandidat_innenlisten mit der PS zusammen. Die Untersagung von Protesten durch die PS könnte für Aktivist_innen Verhaftungen bedeuten, sollten sie versuchen, gegen die Faschisten zu demonstrieren. Premierminister Manuel Valls versucht unterdessen Unterstützung für eine „Fusion“ der Wahllisten von allen demokratischen Parteien gegen den FN bei der Wahl 2017 zu sammeln.
Doch die Rechten im Kampf gegen die Ultrarechten zu unterstützen ist eine Sackgassen-Strategie. Das wurde klar, als Le Pens Vater Jean-Marie Le Pen die zweite Runde der Präsidentschaftswahlen 2002 erreichte. Sogar die revolutionäre Linke rief damals dazu auf, den konservativen Jacques Chirac zu wählen. Diese Strategie unterstützte einen korrupten und brutal rassistischen Politiker anstatt eine Bewegung aufzubauen, die den FN tatsächlich schlagen könnte.
Artikel zuerst erschienen in der britischen Zeitung Socialist Worker. Übersetzung von Judith Litschauer.