FPÖ-Hetze
mündet in rechter Gewalt
In Niederösterreich gewann die rechte Rabauken-Truppe um Udo Landbauer und Gottfried Waldhäusl Platz 2 hinter der geschwächten ÖVP mit einem Plus von 9,43 Prozent. Spitzenkandidat Landbauer beleidigte Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner als „Moslem-Mama“ und sperrte sich gegen Katastrophenhilfe für die Erdbebenopfern in der Türkei und Syrien. Waldhäusl sprach in einer TV-Diskussion Schüler_innen des Laaerberger Gymnasiums in Favoriten das Existenzrecht ab. Wären sie und ihre Familien nicht zugezogen, wäre Wien noch Wien.
Am nächsten Morgen wurde das Laaerberg-Gymnasium zum Ziel einer Nazi-Attacke. Solch ein Zusammenspiel von Parlament und militanter Straßenbewegung hat es seit der NS-Zeit nicht mehr gegeben. Hassbotschaften wurden vor der Schule verstreut und ein Banner auf einem Zaun gehisst. Aufgrund der einschlägigen Slogans vermutete jeder die Identitären hinter der Aktion gegen die Kinder und Jugendlichen. Bei der folgenden Solidaritätskundgebung kam es abermals zu einer Störaktion der Identitären. Nur wenige Tage später versuchten sie die nächste Aktion bei einem linken Protest. Bei einer Blockadeaktion der Letzten Generation tauchten Identitäre mit Schildern auf, deren Aufschrift fast ident mit der zuvor erschienen Presseaussendung des Wiener FPÖ-Klubobmanns Anton Mahdalik zu den „terroristischen Klebeaktionen“ war.
Obwohl die FPÖ Hass und Gewalt schürt, wird sie als Regierungspartnerin umworben. Mikl-Leitner hofiert die rechten Recken geradezu
Klima-Terroristen, Genderwahnsinn dienen den FPÖlern neben Muslim_innen und Asylwerbenden als Hassobjekte. In Linz zerstörte ein Brandanschlag eine noch in Bau befindliche Unterkunft für Geflüchtete. Wenige Tage zuvor berichtete Alexander Pollak, Sprecher von SOS-Mitmensch, schockiert: „Herbert Kickl hat gerade ein Video veröffentlicht, das so abgrundtief rassistisch ist, dass es von einer Neonazigruppierung stammen könnte.“ Obwohl die FPÖ Hass und Gewalt schürt, wird sie als Regierungspartnerin umworben. Mikl-Leitner hofiert die rechten Recken geradezu: „Wir sind der FPÖ inhaltlich näher als der SPÖ“. FPÖ-Landesparteisekretär Andreas Bors, bekannt für ein Foto in Hitlergruß-Pose, feiert diese Entwicklung ebenso wie braune Hetzmedien. Das sei ein wichtiges Zeichen für den Bund und für Kickl als nächsten Kanzler.
Der Fisch beginnt beim Kopf zu stinken
FPÖ-Führer Kickl ist in braunen Kreisen ein Held. Wenige dürften sein Verständnis für den gleichzeitigen Aufbau eines Straßenflügels neben dem parlamentarischen Arm der Bundespartei teilen. Dank Pandemie und schlechter Regierungspolitik formierte sich erstmals eine Massenbewegung ohne Berührungsängste zu Nazis und rechts-esoterischen Obskuranten. Kickl nutzte die Gunst der Stunde und machte einen knallharten Bruch mit der Vergangenheit. Er putschte gegen Norbert Hofer und legte den Fokus auf die Corona-Proteste. Die außerparlamentarischen Fascho-Gruppierungen überließen Kickl gerne die Führung der Proteste. Vor seiner Zeit als Innenminister hielt Herbert Kickl 2016 vor Identitären in Linz beim rechten Kongress „Verteidiger Europas“ eine Brandrede. Seither diskutieren Faschisten die Frage, wie „Straße und Parlament“ sich wechselseitig ergänzen und helfen könnten. Rechtsparteien sollten Unterstützung bei der Durchbrechung der Isolation liefern und „Festanstellungen für ‚verdiente‘ Akteure“ bieten.
Die Limits für gewalttätigen Nazitruppen zwingen die Szene immer wieder zu Neuformationen. Nach dem Imageschaden und juristische Verfolgung durch die Terror-Verwicklung der Identitären wurde 2020 Die Österreicher (DO5) gegründet. Im Strategiepapier der DO5, welches dem Medium Addendum vorliegt, wurden 2019 Zielgruppe, Struktur und erste Aktionen skizziert: „Ausgehend von der letzten NRW 2017 befindet sich dieses Potential in der zahlenmäßig feststellbaren Zielgruppe der 1,3 Millionen FPÖ-Wähler, die sich bei der NRW 2019 auf ca. 75.000 Vorzugsstimmen für Kickl konzentriert hat. Aus diesen gilt es eine Sympathisanten- und Fördererbasis von 25.000, das sind 2% zu gewinnen, die eine aktive Spitze von 5.000, das ist ein Fünftel davon, unterstützen.“
Das liefert die FPÖ. Kickl beendete die kurze Abgrenzung zu den Identitären während der ÖVP/FPÖ-Regierungszeit nach Bekanntwerden der Spende und Kontakte des Nazi-Attentäters von Christchurch mit Martin Sellner. Kickl lobt die Identitären als „interessantes und unterstützenswertes Projekt“. FPÖ-Generalsekretärs Schnedlitz verkündete: „Mit dieser Distanziererei ist es jetzt aber definitiv vorbei“. Er hielt den Identitären-nahen Obmann des Ring Freiheitlicher Jugend Salzburg Roman Möseneder für eine Nachwuchshoffnung. Aber Möseneder stolperte über die guten Beziehungen der FPÖ mit der Polizei. Für die FPÖ ist die Infiltrierung des Staatsapparates von höchster Bedeutung. Deshalb sind ja machtbewusste FPÖ-Burschenschafter tausendmal gefährlicher als offen bekennende Springerstiefel-Nazis. Möseneder machte Gesichter von Polizisten mit Schweine-Emojis unkenntlich. Ein Demo-Video zeigt, wie er eine Rauchbombe mit dem Fuß in die Richtung von Polizisten kickt. Nach herber Kritik der Polizeigewerkschaft trat Möseneder, wohl nicht ganz freiwillig, zurück. Er wird schon rehabilitiert werden, wenn er verstanden hat, wie wichtig der FPÖ die Polizei als Fußtruppe ist.
Burschenschafter Speerspitze für Gewalt
Korporationen (Burschenschaften) sind die Kaderschmiede der FPÖ. Aus ihren Reihen kamen die schlimmsten NS-Kriegsverbrecher. Der Politikwissenschafter Gernot Stimmer stellte unter der NS-Herrschaft in Österreich von 1938 bis 1945 mit 70 Prozent den höchsten Anteil von „national-liberalen Korporationen“ unter den Regierungsmitgliedern fest. Bis heute sind NS-Größen Ehrenmitglieder der Burschenschaften. Der Neonazi Gottfried Küssel entstammt ebenso dem Milieu, wie Martin Sellner und viele andere rechte Kader. Die Burschenschaft Germania zu Wiener Neustadt, deren stellvertretender Vorsitzender Udo Landbauer war, ist für ihr Liederbuch mit dem einschlägigen Motto „Deutsch und treu in Not und Tod“ berühmt geworden.
Die Freiheitliche Partei war immer mit im Spiel. Und daher war es in Österreich nicht üblich aufzuzeigen, dass die Wurzeln der Freiheitlichen Partei eigentlich im österreichischen Nationalsozialismus liegen.“
Anton Pelinka
Da verhöhnt man im Text die Opfer des Holocaust: „Da trat der Jude Ben Gurion in ihre Mitte: ‚Gebt Gas, ihr alten Teutonen, wir machen die siebte Million‘.“ Die nächste – erst kürzlich hinzugefügte – Strophe ist nicht minder unappetitlich: „Da schritt ein schlitzäugiger Chinese in ihre Mitte: ‚Auch wir sind Indo-Germanen und wollen zur Waffen-SS.’“ Der Liederbuchskandal hielt wochenlang an und zog die Aufmerksamkeit aller Faschisten und Antifaschist_innen auf sich. Alle fordern wie bei Waldhäusl eine Entschuldigung und die Nazis lachten sich ins Fäustchen. Es war ein wichtiger Schritt für die FPÖ, dem enttarnten Udo Landbauer bei diesen Landtagswahlen 2023 den Spitzenplatz anzubieten. Angesichts solcher Skandale perlt jede Kritik von der FPÖ ab und Neonazis feiern die Hilf- und Machtlosigkeit von Antifaschist_innen. Die gewaltbereite Nazi-Szene fühlt sich durch jeden erfolgreichen Tabubruch bestärkt.
Die SPÖ-Abgeordnete Sabine Schatz stellt seit 2017 jährlich eine Anfrage über die offiziellen Zahlen des Justizministeriums (BMJ) und des Innenministeriums (BMI) zu rechtsextremen Straftaten, so auch heuer. Das Ergebnis verrät mehr über das ÖVP-Innenministerium als über die Lage. Die Zahlen des BMJ sind mit 2.392 Anzeigen nach Verbotsgesetz auf einem Rekordniveau seit 2017 und doppelt so hoch wie jene aus dem BMI. In den letzten drei Jahren fanden die Behörden mindestens 36 Waffenarsenale. Das BMI antwortet auf die Nachfrage dazu lapidar, dass man „zu konkreten Ermittlungen keine Auskunft geben“ könne. Den aufschlussreicheren Rechtsextremismus-Bericht schaffte die ÖVP/FPÖ-Regierung 2002 auf Wunsch der FPÖ ab.
Wurzeln der FPÖ im Nationalsozialismus
Der Politikwissenschaftler Anton Pelinka hält fest: „Die FPÖ repräsentiert die Fortsetzung der deutsch-völkischen Tradition, deren Höhepunkt der Nationalsozialismus und der von diesem zu verantwortende Holocaust war.“ Der erste Obmann der FPÖ, Anton Reinthaller, war der NSDAP schon 1928 beigetreten und einer der prominentesten Nationalsozialisten Österreichs. Nachfolger des SS-Brigadeführers Reinthaller wurde Friedrich Peter, ebenfalls ein SS-Offizier. Im US-Gefangenenlager für NS-Kriegsverbrecher in Glasenbach planten die überlebenden Nazigrößen eine neue Partei für ehemalige NSDAP-Mitglieder. So entstand der VDU. Nach Abzug der Alliierten gründete der ganz rechte Parteiflügel die FPÖ. In seiner Abschiedspressekonferenz sprach VDU-Bundesobmann Herbert Kraus von einer „lange vorbereiteten Machtübernahme durch einen kleinen Kreis von Rechtsextremisten und NS-Führern“.
Dennoch wurde (und wird) die FPÖ als Teil der politischen Normalität akzeptiert. Die halbherzige Entnazifizierung war abgeschlossen. Das Wiederbetätigungsgesetz hilft den schlaueren Nazis. Wer nicht als Nazi verurteilt ist, der kann in Österreich offiziell kein Nazi sein. Wer einen nicht-verurteilten Nazi dennoch offen einen Nazi nennt, der wird verklagt. Politik und Medien verhalten sich wie Schafe, die zwar genau wissen, dass sich unter dem Schafspelz ein Wolf verbirgt, es aber einfach nicht öffentlich wahrhaben wollen, weil es sich nicht gehört.
FPÖ-Führer Kickl ist in braunen Kreisen ein Held. Wenige dürften sein Verständnis für den gleichzeitigen Aufbau eines Straßenflügels neben dem parlamentarischen Arm der Bundespartei teilen.
Seit 1945 gilt, wer bei demokratischen Wahlen antritt und sich an die Regeln hält, der kann kein Nazi sein. Die Freiheitlichen gelten als begehrte Mehrheitsbeschaffer und nutzen geschickt die große Bühne, welche ihnen Medien und ihre politischen „Gegner“ bieten. Professor Pelinka erklärt diesen fahrlässigen Umgang: „Die Freiheitliche Partei war immer mit im Spiel. Und daher war es in Österreich nicht üblich aufzuzeigen, dass die Wurzeln der Freiheitlichen Partei eigentlich im österreichischen Nationalsozialismus liegen.“
Die wichtigsten Regeln im Umgang mit Faschisten sind: 1. Biete ihnen keine öffentliche Bühne! 2. Erschlage sie mit der Nazikeule! 3. Konfrontiere sie mit der Entschlossenheit, wie sie den Betreibern von Auschwitz gebührt hätte. Die FPÖ wächst nicht, weil sie in der Tradition der NSDAP steht. Sie kann wachsen, weil das verschwiegen wird. Angesichts der Bedrohung müssen wir alle Illusionen in dieses System begraben und auf antifaschistischen Kampf von unten setzten.