Frankreich: Antirassisten trotzen Demoverboten und Ausnahmezustand

Nach den schrecklichen Anschlägen in Frankreich demonstrierten am Sonntag, 22. November, tausende Menschen in Frankreich gegen Krieg und in Solidarität mit Flüchtlingen – trotz Ausnahmezustand. Sie ließen sich vom Staat nicht zum Schweigen bringen.
23. November 2015 |

Länger geplante antirassistische Demonstrationen verwandelten sich am Sonntag, 22. November, in Proteste gegen den Ausnahmezustand in Frankreich. 700 Menschen versammelten sich am Sonntagnachmittag in Paris am Place de la Bastille trotz eines Demoverbots. Der Protest in Solidarität mit Flüchtlingen wurde von 46 Organisationen, Initiativen und Gewerkschaften im Voraus geplant – doch die Behörden hatten den Marsch nach den Anschlägen untersagt. Vergangene Woche hatte das französische Parlament den Ausnahmezustand um drei Monate verlängert.

Nicht zum Schweigen zu bringen

Die Polizei drohte den Organisator_innen, sie müssten die Proteste absagen, andernfalls würde man sie bis zu sechs Monate ins Gefängnis stecken. „Viele Leute hatten Angst an den Protesten teilzunehmen. Jetzt demonstrieren wir gemeinsam trotz des Verbotes“, sagte Vanina Guidicelli im Gespräch mit der britischen Zeitung Socialist Worker.

Der Spruch „Solidarité avec les réfugiés!“ (Solidarität mit Flüchtlingen) wurde von den Teilnehmenden abgewandelt zu „État d’urgence, état policier! On ne nous enlèvera pas le droit de manifester!“ (Ausnahmezustand, Polizeistaat! Wir lassen uns das Demonstrationsrecht nicht nehmen!). Die Polizei versuchte die Protest erfolglos mit Tränengas und Knüppel aufzulösen.

16.000 Menschen demonstrierten am 22. November in Toulouse für den Frieden und gegen Rassismus und Vorverurteilungen. © Ensemble 31 Haut Garonne
16.000 Menschen demonstrierten in Toulouse für Frieden und gegen Rassismus und Vorverurteilungen. © Ensemble 31 Haut-Garonne

Auch in anderen Städten, wo die Proteste bisher noch nicht untersagt wurden, demonstrierten am Wochenende Menschen. In Marseille gingen Menschen bereits Samstagabend in Solidarität mit Flüchtlingen auf die Straße. Über 16.000 Menschen verlangten in Toulouse in einem beeindruckenden Marsch ein Ende der Kriege der französischen Regierung. Gewerkschaften, kurdische und muslimische Verbände beteiligten sich an den Protesten. Demonstrierende trugen Schilder und Banner mit den Botschaften „Ihre Kriege, unsere Toten“ und „Islamophobie tötet“.

Weitere Protest trotz Verbote geplant

Tausende Menschen wollten nächsten Sonntag, 29. November, am Place de la Bastille gegen den UN-Klimagipfel in Paris demonstrieren – die Regierung hat die Proteste nun verboten. Einige Gruppen, darunter Les Désobéissants (Die Ungehorsamen), rufen dazu auf, trotz der Verbote auf die Straße zu gehen. Ungehorsamen-Aktivist Benjamin erzählt: „Viele fürchten sich und wenn sie zuhause bleiben, ist das verständlich und legitim. Aber wir müssen diese Angst überwinden. Wir hoffen, dass am 29. November viele Menschen auf dem Platz zusammentreffen.“

Terror von Paris: Macht Flüchtlinge und Muslime nicht zum Sündenbock

Terror von Paris: Macht Flüchtlinge und Muslime nicht zum Sündenbock

Die kommunistische Gewerkschaft CGT hat außerdem zu einem Aktionstag am 2. Dezember aufgerufen. Die Verbote werden mit der Ausrede der „Gefährdung der öffentlichen Sicherheit“ gerechtfertigt. „Gleichzeitig sind die Weihnachtsmärkte geöffnet und die Regierung ermutigt die Bürger, an Gedenkveranstaltungen für die Opfer des Anschlags teilzunehmen. Diese Verbote sind politisch motiviert“, sagte Vanina. Die heutigen Proteste wären „wichtig für die kommenden Wochen. Sie trugen die Botschaft, dass wir weiterhin Widerstand leisten können.“

Der Verfasser/die Verfasserin hat den Artikel mit freundlicher Genehmigung zur Verfügung gestellt.