Irma Trksak

Als Jugendliche verteilt sie 1934 mit ihrem Vater die damals verbotene Arbeiterzeitung als Akt des Widerstands gegen den aufkommenden Austrofaschismus, und auch noch mit 90 Jahren kämpfte sie erpicht gegen Rassismus, Antisemitismus und soziale Benachteiligung. Irma Trksak ist der Inbegriff einer Widerstandskämpferin, die trotz aller Steine, die ihr in den Weg gelegt wurden, immer weiter gemacht hat.
12. Februar 2018 |

Geboren im Jahre 1917, entstammt Irma Trksak einer slowakischen Arbeiterfamilie. Als das zweite von vier Kindern verbringt sie ihre Kindheit und Jugend in bescheidenen Verhältnissen, in einer Zinswohnung im 20. Wiener Gemeindebezirk. Ihr Vater, welcher sich von einem Hilfsarbeiter zum Maschinisten einer Eisfabrik hochgearbeitet hat, ist Mitglied in der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (SDAP).

Slawische Wurzeln

Da Irma Angehörige der slowakischen Minderheit ist, wird sie schon früh mit Anfeindungen konfrontiert. Trotz der schwierigen Umstände schließt sie ihre Matura am tschechischen Komensky-Realgymnasium mit Bravour ab – als Mädchen aus einer Arbeiterfamilie eine Seltenheit. Nach einer Ausbildung zur Lehrerin übt Trksak diesen Beruf an einer Volks- und einer Hauptschule in Wien aus, bis ihr Vertrag 1939 nicht mehr verlängert wird.

Erbitterter Widerstand

Familie Trksak in den 30er-Jahren: Irma (Mitte) mit ihren Brüdern und Eltern. © Institut für Konfliktforschung

Als Slowakin wird sie nach der nationalsozialistischen Machtübernahme zum „Menschen zweiter Klasse“ degradiert. Sie schließt sich dem kommunistisch gesinnten tschechoslowakischen Widerstand in Wien an. Mit ihrem Partner Ludwig Štěpánek und anderen Widerstandskämpfern verteilt sie Flugblätter und führt mit den Angehörigen einer sogenannten Terrorgruppe Sabotageakte durch. In der Lobau und in Schwechat setzen sie Strohtristen und Getreidespeicher, die der Lagerung von Militärgut dienen, in Brand; als Liebespaar getarnt, installiert Trksak mit einem Kumpanen Zündkörper.

Aufgrund einer Häufung der Anschläge durch die Widerstandsgruppe, in der sich Trksak engagiert, beginnt die Gestapo gen Ende des Jahres 1941 verstärkt an der Aufklärung der Fälle und Fahndung nach den Tätern zu arbeiten. Die Verhaftungen folgen Schlag auf Schlag. 20 Mitglieder werden hingerichtet. Štěpánek wird verhaftet; er begeht noch im selben Jahr Selbstmord. Trksak wird im Polizeigefängnis Rossauer Lände inhaftiert. Nach einem Jahr wird sie in das Frauenkonzentrationslager Ravensbrück deportiert.

Unaufhörlicher Kampfgeist

Anfang Oktober 1942 erreicht sie mit den anderen Frauen des Transportes das Konzentrationslager. Obwohl sie dort entsetzlichen Qualen ausgesetzt ist und hungernd und gedemütigt ihr Dasein fristet, leistet sie weiterhin Widerstand. Sie wird zur Arbeit in der „Siemens“-Fabrik im Lager verpflichtet. Als Schreiberin muss sie die Arbeitsleistung der Häftlinge verzeichnen, wobei sie die Statistiken zugunsten der Schwächeren verfälscht.

Die traumatisierenden Erlebnisse aus der Zeit im KZ begleiten Trksak ein Leben lang. Mit den anderen inhaftierten Frauen gelingt es ihr immer wieder, besonders gefährdete Kameradinnen vor der Selektion zu bewahren. Beispielsweise besorgt sie Mathilde Huferbauer, einer Mit-Inhaftierten, der die Vernichtung durch die Nationalsozialisten bevorstand, eine gefälschte französische Nummer einer bereits Verstorbenen, um ihr zu ermöglichen, mit einem Rettungsdienst für französische Kriegsgefangene das Lager zu verlassen.

Endlich frei

Ende April 1945 kann Irma mit ihren Freundinnen beim Todesmarsch aus Ravensbrück der SS entfliehen. Nach einer langen, an Strapazen reichen Reise findet sie ihre Eltern wieder. Auf dem Weg wird sie von einem Rotarmisten vergewaltigt. Dieser Vorfall erschüttert ihr Vertrauen in die Befreiung durch die Rote Armee Stalins gewaltig. Seither sagt sie immer: „Ich habe mich selbst befreit. Mich hat niemand befreit! Ich habe mich selbst befreit!“ – und das zu Recht.

Zuhause angekommen muss sie erfahren, dass Ihre beiden Brüder und ihr geliebter Mann den Krieg leider nicht überlebt haben. Nach 1945 engagiert sie sich als Zeitzeugin, besucht Schulen und verrichtet Aufklärungsarbeit. Des Weiteren gründet sie die Österreichische Lagergemeinschaft Ravensbrück. Im Jahr 2017 stirbt Trksak im Alter von 99 Jahren.

Käthe Kollwitz

Käthe Kollwitz

Die Worte, welche Irma im Jahre 2007 bei einer Gedenkfeier im Namen der Ravensbrück-Häftlinge in ihrer Rede wählte, sprechen für sich: „Wir Überlebenden … werden, so lange es uns möglich sein wird, die Erinnerungen an diese Zeit wach halten und gegen das Vergessen, gegen das Verdrängen und gegen das Leugnen des Unfassbaren, des Unvorstellbaren, kämpfen. Damit niemals auf der Erde den Menschen Ähnliches widerfährt …Unser Wunsch ist es, dass Erinnern und Gedenken gefestigt werden, um der historischen Wahrheit die Ehre zu geben.“