FPÖ-Burschenschafter: Kein Durchmarsch im Stechschritt

Die FPÖ steht unter Stress: der Druck durch die antifaschistischen Proteste und durch die völlig uneinsichtigen Burschenschaften wirft sie aus der Bahn. Sorgen wir dafür, dass Strache das Ruder entgleitet und versenken wir gleich das ganze Schiff.
19. Februar 2018 |

Wir haben ganz offensichtlich einiges richtig gemacht! Die FPÖ wird nicht mehr wie eine Partei unter anderen gesehen, die halt etwas weiter rechts steht. Sie wird endlich von vielen Seiten als rechtsextreme bis neonazistische Partei behandelt. Bis vor kurzem gab es nur eine rote Linie, die die FPÖ nicht überschreiten durfte: das Strafgesetzbuch. Genau mit diesen Worten hat Bundeskanzler Sebastian Kurz noch abzuwiegeln versucht, als der Naziliederskandal der Burschenschaft Germania schon Schlagzeilen machte. Aber die rote Linie wurde nach hinten gerückt, man schreit schon viel früher Halt! Nicht erst, wenn ein Politiker wegen Wiederbetätigung verurteilt ist.

Die Regierung tritt wegen der Probleme der FPÖ auf der Stelle. Kanzler Kurz war zwar zu allen Zugeständnissen bereit und hätte ursprünglich der FPÖ sogar noch das Justizministerium aushändigen wollen – zusätzlich zum Innen- und Verteidigungsministerium – aber nach heftigen Protesten erteilte Bundespräsident Van der Bellen dem Plan eine Absage. Die Burschenschafterkandidaten für den Universitätsrat kommen nicht so ohne weiteres durch, auch nicht die für das Verfassungsgericht, und so weiter. Schlimm genug, dass manche doch durchkommen werden und sehr bedenklich, welche es schon in die Ministerien und andere wichtige Ämter geschafft haben. Aber ein selbstbewusster Durchmarsch ist es nicht geworden, eher ein Watschelgang.

Boulevard gegen Burschen

„Burschenschafter als Misere für FPÖ-Regierungsteam“ titelte am 2. Februar die Kronenzeitung! Wenn das kein Beweis dafür ist, dass die antifaschistischen Proteste gegen die FPÖ einen Schwellenwert erreicht haben. Auch die Boulevardzeitung Österreich schrieb: „Das Vaterland, das sie ehren, ist Deutschland, nicht Österreich. Sie singen Lieder der Waffen-SS, betrauern den Befreiungstag 8. Mai … Die FPÖ und die Burschenschaften sind untrennbar verbunden.“

Wir haben keinen Zweifel, dass der Boulevard weiterhin der FPÖ die Stange gehalten hätte, würden sie nicht spüren, dass sich der Wind gedreht hat.

Massenproteste

Es hat anfangs ganz danach ausgesehen, als würde der Boulevard in Kooperation mit der Polizei und der Regierung die Protestbewegung kleinschreiben wollen. Sie verglichen die kleinen Spontanproteste am Wahlabend und an den Tagen darauf mit den größten Protesten gegen Schwarz-Blau aus dem Jahr 2000 und schlossen daraus, dass keine Protestbewegung zustande käme oder durch das Internet abgelöst worden wäre. Die Polizei machte die Demonstrationen schon mal um drei Viertel kleiner. In Wahrheit war jeder Protest um ein Mehrfaches größer als erwartet, sie waren wunderbar offensiv und sie haben es auch tatsächlich geschafft, einen Keil in die Regierung zu treiben und die FPÖ zu spalten.

Die Regierungsmannschaft der FPÖ zeigte sich besonders empfindlich für Druck von antifaschistischer Seite. Den Höhepunkt der Krise markierten die Berichte des Falter über die Nazi-Liedtexte, die in der Germania Wiener Neustadt gesungen werden. Seither kommen die rechten Recken nicht mehr aus der Schusslinie. Anfangs waren die Journalisten nicht sicher, ob der Faschismusvorwurf auch tatsächlich zieht. „Es heißt oft, wir haben den falschen Baum angebellt“, erklärte Florian Klenk den internen Rückblick auf die mediale Kritik an Schwarz-Blau I.

Knittelfeld

„Burschenschaften haben nichts mit der FPÖ zu tun!“, distanzierte sich Strache völlig unglaubwürdig und kommt durch eben diese Burschenschaften unter Beschuss. „Strache werde staunen, wie rasch die Basis reagiert“, drohte Ewald Stadler, der sich in der Sendung Im Zentrum als Sprecher der Burschenschafter produzierte. Er prophezeite auch, dass, „wenn der Strache so weitermacht“, ein zweites Knittelfeld kommen werde.

Die Nazi-Sängerschaft des Tiroler FPÖ-Chefs Markus Abwerzger

Die Nazi-Sängerschaft des Tiroler FPÖ-Chefs Markus Abwerzger

In Knittelfeld ist 2002 die FPÖ nach nur zwei Jahren Regierungsbeteiligung implodiert. Die Vorzeichen waren dieselben wie heute: Vertreter der Ultrarechten witterten die Verwundbarkeit der Regierungsmannschaft wegen des „Verrats“ an den deutschnationalen Prinzipien und weil der Kurs einer Totalopposition so abrupt verlassen wurde. Jörg Haider wurde demontiert und Strache übernahm das Ruder. Sorgen wir dafür, dass es ihm bald wieder entgleitet und versenken wir gleich das ganze Schiff.