Lockdown – aber richtig!
Bei der Arbeiterkammer in Oberösterreich gehen reihenweise Berichte ein, die einem die Haare zu Berge stehen lassen. Arbeiter_innen, die als K2- oder K1-Personen gelten, also solche, die selbst gefährdet sind oder andere gefährden könnten, werden dazu gezwungen, weiter in die Arbeit zu kommen. In Wiener Spitälern und Schulen ging das so weit, dass K1-Personen aufgefordert wurden, in die Arbeit zu kommen, aber nicht mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren.
Ignorante und brutale Unternehmer
Die Leute berichten von Betrieben, wo K-1 Personen eingeschärft wurde, den Kollegen und Kolleginnen nur ja nichts davon zu erzählen, dass sie Kontakt mit einer infizierten Person hatten, und natürlich selbst weiter zu arbeiten. Das ist kriminell gegenüber den Beschäftigten und eine bewusste Sabotage der so entscheidenden Nachverfolgung der Infektionsketten.
Selbst infizierten Personen wurde untersagt, die Kolleg_innen davon zu informieren. Die würden sich ja sonst vielleicht testen lassen, vielleicht sich als Covid-19 positiv herausstellen. Linkswende jetzt erhielt Berichte aus Betrieben mit 300 Angestellten, die bis in den Herbst keinerlei Sicherheitsvorkehrungen kannten, dafür übervolle Umkleideräume und Pausenräume, und so weiter.
Während der ersten Welle der Pandemie sind die Zahlen beeindruckend schnell gesunken, und die Ursache dafür fanden die Wissenschafter unter anderem im Zusammenbruch der Wirtschaft. Von Asien bis Europa sind die Lieferketten zusammengebrochen, weil allen voran China seine Produktion drastisch herunterfahren musste. Die Betriebe standen daraufhin weltweit still. Die Kontakte gingen sehr deutlich zurück und das zeigte seine Wirkung. In sämtlichen Maßnahmen unserer Regierungen wird so getan, als hätten wir nur Schreibtisch-Arbeiter_innen, die im Notfall auch Homeoffice machen können. Der Rest von uns existiert in dieser Wahrnehmung nicht wirklich. Aber: Laut einer IFES Studie waren 60 Prozent der Befragten im ersten Lockdown nicht in Homeoffice, 85 Prozent dieser Gruppe, weil „in meinem Beruf Homeoffice nicht möglich“ ist. Das ergäbe, dass 51 Prozent der Lohnabhängigen diese Option gar nicht haben. Wir müssen also sehr viel mehr tun, um die Kontakte zu reduzieren, als auf Homeoffice zu setzen. Vor allem auch, weil das Virus inzwischen viel weiter verbreitet ist, als während der ersten Welle. Dazu kommt die Bedrohung durch die neue, wahrscheinlich viel ansteckendere Virusvariante B.1.1.7.
Sonderfall Schulen
Das Beispiel der englischen Lehrergewerkschaft NEU zeigt wunderbar, wie es anders gehen kann. Was in dem Artikel nicht ausgeführt wird: es ist viel aufwändiger den Fernunterricht zu organisieren, als den Präsenzunterricht. Und in den englischen Schulen hat man sich von Anfang an bemüht, die Schülerinnen und Schüler mit besonderem Bedürfnissen auch weiter in die Schulen zu bringen. Die Arbeitslast steigt damit noch um einiges. Aber es ist völlig richtig: Als erstes gehören die Schulen und die Kindergärten geschlossen. Begleitend dazu muss den Eltern für die ganze Zeit die Möglichkeit garantiert werden, selbst nicht arbeiten gehen zu müssen, und zwar ohne Lohnverlust. Alleine diese Maßnahme würde die Kontakte viel stärker einschränken, als die vielen halbherzigen Ausgangsbeschränkungen derzeit es können.
Was wir brauchen, sind Initiativen von unten. Versammlungen der Belegschaften mit den Gewerkschaften in den Betrieben, den Bildungseinrichtungen, Pflegeheimen, Spitälern, Supermärkten etc. Die Belegschaften wissen besser, wie man das Contact-tracing und einen Lockdown organisieren kann, bei dem nur die notwendigen Dienstleistungen aufrecht bleiben und nur die nötigen Waren produziert und verteilt werden. Oder wie man Betreuung und Unterricht für Kinder organisieren kann, die das brauchen. Wir würden die richtigen Prioritäten setzen und könnten die Wirtschaft so weit herunterfahren, dass die Zahlen wirklich sinken, weil die Profite der Bosse nicht unser Leitmotiv sind.