Mangelnder Respekt ist der Hauptgrund für den Streik der MJAM-Fahrer
Interview Adele Siegl, Jakob Zelger zu MJAM-Streik am Sonntag 23. Oktober
Linkswende jetzt: Könnt ihr uns kurz erzählen, was der ursprüngliche Auslöser für den Streik der „Freien Dienstnehmer_innen“ war.
Adele Siegl: Es gibt generell ein große Unzufriedenheit bei den Fahrerinnen und Fahrern wegen zu geringen Löhnen und mangelndem Respekt vonseiten der Firma, sprich den Dispatchern, die die Aufträge vergeben. Es war ursprünglich eine Gruppe syrischer und afghanischer Fahrer, die den Protest organisiert haben, weil sie es sind, die wirklich viel mangelnden Respekt zu spüren bekommen, und zwar von den Dispatchern und den Restaurants. Da kommt schon Rassismus auch durch! Wir zwei bekommen diese Respektlosigkeit nicht zu spüren. Die Syrer und Afghanen sind ja auch die vulnerabelsten Gruppen, die am wenigsten ausbrechen können.
Abgesehen davon machen die vielen unbeantworteten Tickets, die zu langen Wartezeiten unzufrieden. Als Freier Dienstnehmer kann man sich kaum wehren, kann keinen Betriebsrat gründen, deshalb gibt’s keine andere Möglichkeit als zu demonstrieren.
Linkswende jetzt: Was heißt „unbeantwortete Tickets“?
Adele: Wir wissen nicht, wer unser Chef ist, wir arbeiten ja mit einer App. Es gibt zwar als Ansprechpartner die „Riders Captains“, aber die haben auch keine wirklich Problemlösungs- oder Entscheidungskompetenz. Man kann nicht in ein Büro gehen und sagen: Hey mein Gehalt stimmt nicht, oder ich brauche eine Lohnbestätigung für mein Krankengeld. Man schreibt ein Ticket und hofft, dass man eine Antwort bekommt.
Mjam gehört gehört zu einer internationalen Aktiengesellschaft namens „Delivery Heroes“, und wo immer die aktiv sind, in ganz Europa, in Hong Kong oder Pakistan, überall stehen die Leute auf und wehren sich gegen die schlechte Behandlung.
Linkswende jetzt: Gibt es denn eine Solidarisierung anderer Fahrer_innen wegen des Rassismus, bzw. der respektlosen Behandlung, die ihr angesprochen habt?
Adele: Natürlich gibt es die. Du siehst ja, dass so wie wir zwei genügend „weiße“ oder einheimische Fahrer_innen hergekommen sind um sich zu solidarisieren.
Linkswende jetzt: Was könnt ihr regulären Dienstnehmer_innen denn tun, um die Freien Dienstnehmer_innen zu unterstützen.
Adele: das ist generell sehr schwierig, weil die Fluktuation innerhalb der Gruppe sehr hoch ist. Bis man 50 Leute erreich hat, sind schon wieder 200 Leute neu dazugekommen. Wenn ich als Betriebsrat mit der Firma rede, dass die den oder diejenige wieder einstellen sollen, dann können die mir einfach antworten, das geht dich nichts an.
Wären die alle angestellt, dann wären wir viel stärker, dann wären wir eine Mannschaft von mehr als 2000 Leuten.
Der Fahrer Safi bestätigt Adeles Einschätzung.
Safi: „Ich bin heute hier, weil ich Respekt will. Ich leiste harte Arbeit. Teilweise fünf, sechs Stunden mit vollem Gepäck durch ganz Wien fahren, das ist wirklich harte Arbeit. Ich bin gerne draußen, darum beschwer ich mich nicht, aber ich verlange Respekt von meinem Chef, genauso wie von den Kunden. Den geben sie mir nicht. Letztens bin ich zu einem Restaurant gefahren um Essen abzuholen. Sie haben mich behandelt als wär ich nichts wert, haben mich nicht angeschaut, nicht gegrüßt, hier ist deine Lieferung und verschwinde wieder!“
Quris stimmt zu: „Wir werden nicht fair behandelt, trotz der Arbeit, die wir leisten. Es geht mir nicht nur um Geld, ich will normal behandelt werden, ohne Verachtung dafür, dass ich nicht von hier bin.“