Staatsschutzgesetz: Kampf gegen totale Überwachung geht in nächste Runde

Bereits im Juli unternahm die Regierung einen ersten Anlauf ein neues Staatsschutzgesetz einzuführen. Dank massiven Protests konnte das Inkrafttreten des Gesetzes bis dato verhindert werden – nun plant die Regierung die Durchsetzung für Oktober.
9. Oktober 2015 |

Das geplante Staatsschutzgesetz untergräbt unsere Grundrechte und etabliert eine unkontrollierbare Überwachungsbehörde“, so der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung (AKVorrat) zum neuen Staatsschutzgesetz, das nun direkt nach der Wienwahl zwischen 13. und 15. Oktober beschlossen werden und mit 1. Juli 2016 in Kraft treten soll.

Massiver Protest hat die Regierung daran gehindert, das Gesetz noch vor der Sommerpause durchzubringen. An diesen Widerstand muss nun angeknüpft werden, um das Gesetz und seine weitgehenden Folgen endgültig abzuwehren. Warum dies von so großer Bedeutung ist, wird deutlich, wenn man einen genaueren Blick darauf wirft, was sich hinter dem Deckmantel „Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung“ verbirgt.

Mehr Überwachung

Das neue Staatsschutzgesetz ermöglicht die Überwachung aller Bürger_innen völlig ohne richterlichen Beschluss. Der neue mächtige Mann wird der im Innenministerium angesiedelte Rechtsschutzbeauftragte. Nur er muss genehmigen, was die Beamten des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) von ihm begehren. Die Verfassungsschützer dürfen dann eigenständig überwachen, abhören, verhaften, Daten sammeln und speichern.

28_überwachung_parlament3 (c) Linkswende Judith Litschauer

Bereits die Wahrscheinlichkeit eines „verfassungsgefährdenden Angriffs“ reicht aus, um Einzelpersonen sowie „Gruppierungen“ zu überwachen und die erfassten Daten über Jahre in einer sogenannten „Gefährderdatenbank“ zu speichern. Die geplante Ausweitung der Kontrolle reicht von einer massiven Internetüberwachung bis zum Einsatz von sogenannten V-Leuten, die vom Staat rekrutiert und bezahlt werden.

Die überwachten Personen müssen nicht von den Maßnahmen informiert werden, und könnten auch nicht beantragen, dass ihre zu Unrecht gespeicherten Daten gelöscht werden. Darüber hinaus soll Österreich mit insgesamt zehn neuen Geheimdiensten ausgestattet werden. Was unter einem „verfassungsgefährdenden Angriff“ zu verstehen ist, wird im Gesetz nur unzureichend definiert, klar ist jedoch, was diese Gesetzesänderung vor allem für politisch aktive Bürger_innen impliziert.

Antifaschist_innen im Visier

Nehmen wir an, eine Gruppe von Aktivist_innen reist mit einem Bus zu einer Demonstration und wird dabei von der Polizei angehalten, die deren Personalien aufnimmt und das Gepäck kontrolliert. Die Aktivist_innen legen daraufhin Beschwerde gegen dieses Vorgehen ein, da dies eine Verletzung des subjektiven Rechtes darstellt und obwohl das Gericht die Identitätsfeststellung und Durchsuchung für rechtswidrig erklärt, können all die erfassten Daten für sechs Jahre in der Gefährderdatenbank gespeichert und an ausländische Geheimdienste weitergegeben werden.

Besonders auffällig ist, dass neben Delikten wie Terrorismusfinanzierung auch Verhinderung oder Störung einer Versammlung zu den verfassungsgefährdenden Straftaten gezählt werden.

Neben Delikten wie Terrorismusfinanzierung zählen auch Verhinderung oder Störung einer Versammlung zu den verfassungsgefährdenden Straftaten.

Das zielt ziemlich ungeniert auf die Kriminalisierung von antifaschistischen Protesten ab, die typischerweise darauf angelegt sind, die Aufmärsche von Pegida, den Identitären oder den Burschenschaften zu blockieren. Alleine die Vorbereitung einer solchen Blockade könnte in Zukunft Konsequenzen von der Überwachung der Verbindungsdaten bis zur Haft haben.

Wenn man sich daran erinnert, was die Polizei sich schon alles hat einfallen lassen um antifaschistische Proteste zu kriminalisieren, dann kann man nur vermuten, dass das neue Gesetz eben für solche Einsätze wie dem Akademikerball maßgeschneidert wurde.

Proteste geplant

Man stelle sich vor, die FPÖ sitzt in der Regierung und installiert ihre Leute an den entscheidenden Stellen, oder stellt sogar den Rechtsschutzbeauftragten. Die Jagd auf Tierschützer und Linke ginge in die nächste Phase. Das sind Beispiele für die massiven Einschnitte in die Privatsphäre und Grundrechte, die durch das neue Staatsschutzgesetz ermöglicht werden.

Wir müssen die Regierung erneut an dem Versuch hindern, dieses Gesetz still und heimlich zu beschließen und damit politische Aktivist_innen unter Generalverdacht zu stellen. Der AKVorrat plant am 12. Oktober eine Demonstration vor dem Parlament – gehen wir für die Wahrung unserer aller Grundrechte auf die Straße und geben wir der Regierung ein klares Zeichen gegen die totale Überwachung!

Unterzeichne die Petition gegen das geplante Staatsschutzgesetz unter: www.staatsschutz.at

SK

Der Verfasser/die Verfasserin hat den Artikel mit freundlicher Genehmigung zur Verfügung gestellt.