Straches Klimawandelleugnung – Dummheit oder Strategie?
Während laut Umfragen 91% der österreichischen Bevölkerung Klimawandel als ernstes Problem betrachten, leugnen konservative Politiker das Problem. Quer durch die FPÖ-Spitze werden sowohl der menschliche Einfluss als auch die Notwendigkeit von Klimaschutz abgestritten. Mit Dummheit alleine ist das nicht zu erklären.
Der Klimawandel und der menschliche Einfluss darauf sind sehr gut erforscht. Die Auswirkungen der ansteigenden Treibhausgaskonzentration sind ebenso wie die Folgen, wie z.B. Temperatur- und Meeresspiegelanstieg, Dürren, heftigere Unwetter, usw. gut bekannt. Alle Untersuchungen diesbezüglich zeigen, dass der Klimawandel menschengemacht ist. Das ist seit über 25 Jahren wissenschaftlicher Konsens.
Klimawandelleugnung USA
Ins Leben gerufen wurde die Leugnung des Klimawandels von konservativen Thinktanks in den USA. Diese wurden in den 1960ern und 70ern von Konzernen und konservativen Politiker_innen gegründet, um gegen soziale Bewegungen der damaligen Zeit zu intervenieren und konservative und neoliberale Positionen zu verbreiten.
Aus wirtschaftlichen Interessen versuchte man bewusst, Klimaschutzmaßnahmen entgegen zu steuern. Staatliche Regulierungen zum Umweltschutz wurden gezielt bekämpft. Besonders unter Präsident Ronald Reagan (1981-1989) fanden die Ansichten dieser Thinktanks im Zuge der neoliberalen Umgestaltung der Wirtschaft Verbreitung.
1988 wurde der Weltklimarat Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) gegründet, in dem der wissenschaftliche Stand der Klimaforschung zusammengefasst wird. Als Gegenmaßnahme wurde 1989 die Global Climate Coalition (GCC) gegründet, finanziert von Ölkonzernen wie Exxon Mobile, Shell, BP und Texaco und der Autoindustrie. Hauptziel von GCC ist es, Klimaleugner und Skeptiker im öffentlichen Kurs so stark präsent zu machen, dass Zweifel am wissenschaftlichen Konsens berechtigt erscheinen würden.
Mit unsinnigen und unbegründeten Vorwürfen versuchte man den IPCC zu diskreditieren. Auch andere konservative Thinktanks wie das Cato Institute, das George C. Marshall Institute und das Competitive Enterprise Institute konzentrierten sich nach dem Zusammenbruch des Ostblocks vermehrt darauf, Skepsis bezüglich des Klimawandels zu säen.
Die Vorgehensweise verläuft nach der sogenannten „Fear-, Uncertainty- and Doubt-Strategy“ (Angst, Unsicherheit und Zweifel). Falsche Expert_innen, die eine quer zum Stand der Forschung liegende Meinung vertreten, werden als angebliche Autoritäten dargestellt. Deren oft leicht zu widerlegende Meinung wird zur bahnbrechenden Erkenntnis aufgeblasen.
Wirklich wissenschaftliche Daten werden unvollständig herausgepickt und falsch dargestellt, wirkliche Expert_innen falsch zitiert. Die tatsächlichen Fakten zum Klimawandel werden als Fälschung oder gar Verschwörung abgetan, hinter der dubiose Geldgeber stecken würden, während die Thinktanks tatsächlich von Konzernen finanziert werden. Diese Methoden und die hauptsächlich in den 1990ern aufgestellten Behauptungen bilden bis heute das Rückgrat der Klimaleugner-Szene.
Die Strategie blieb leider nicht ohne Erfolg: Klimawandelleugner findet man überall in Politik und Medien. Insbesondere rechte und konservative Medien greifen diese Behauptungen auf, oft unter dem Vorwand der vermeintlich „neutralen Berichterstattung“. Während in der Wissenschaft längst keine Kontroverse über den Klimawandel mehr besteht, wurde sie in der medialen Berichterstattung künstlich erzeugt.
Verschwörungstheorien
Wie in den USA, wollen auch österreichische Konservative nicht, dass Fakten progressive Bewegungen stärken und ihren wirtschaftlichen Interessen schaden. Manfred Haimbuchner (FPÖ) argumentiert wie Donald Trump, wenn er sagt: Wegen des „Lobbyismus von jenen, die die Welt retten wollen“ werde es zu „einer Entindustrialisierung der Welt und Oberösterreichs“ kommen. Da die Leugnung des Klimawandels in Europa wesentlich weniger systematisiert wurde als in den USA, ist dieser Unsinn glücklicherweise nicht so verbreitet.
Die Arbeit der Thinktanks ist allerdings ein gefundenes Fressen für Verschwörungstheoretiker. In einschlägigen rechten und esoterischen Verlagen erscheinen Jahr für Jahr Bücher über die angebliche „Klimaverschwörung“. Kein Wunder also, dass FPÖ-Politiker in ihren rechtsextremen Kreisen mit diesem Müll in Verbindung kommen. Verschwörungstheorien bilden einen zentralen Teil des antisemitischen Weltbildes deutschnationaler Burschenschaften.
Norbert Hofer stellte 2013 eine parlamentarische Anfrage zu Chemtrails. Ganz in der Tradition der FPÖ (Stichwort Thule-Gesellschaft) bezahlte der Parlamentsklub der FPÖ von 2010 bis 2012 6000€ für eine Wahrsagerin, um Strache einen „Schutz für In- und Ausland, Kraft, Energie, Schutzmantel bei Auftritten“ zu liefern.
Es überrascht nicht, dass rassistische, völkische, frauenfeindliche und homophobe FPÖ-Politiker auch noch wissenschaftliche Fakten des Klimawandels leugnen. Der Schritt von einem zum anderen ist nicht besonders groß.
Dummheit oder Strategie?
Dahinter steckt zweifellos sehr viel Idiotie. Aber Klimawandelleugnung einfach als Dummheit abzutun, greift zu kurz. Bei der FPÖ stecken noch wesentlich hässlichere Züge dahinter, als nur wirtschaftliche Interessen. Die rechtsextreme Burschenschaft Olympia, die auch personell stark in der FPÖ-Spitze vertreten ist, schreibt: „Wir sind normal geblieben unterm Schutt der Zeit, an uns sind Umerziehung, Trauerarbeit und Betroffenheit, doch auch Konsum, soziale Dünkel und Moderne fast völlig spurlos vorbeigezogen.“
Sich als Gegenstück der modernen Gesellschaft darzustellen ist ein zentraler ideologischer Bestandteil der Burschenschaften und der politischen Tradition der FPÖ. Die sogenannte „Konservative Revolution“ Anfang des 20. Jahrhunderts wollte einen Gegenentwurf zu allen Modernismen darstellen, die ihrer Meinung nach den Volkskörper zerstören. Sie bildete eine ideologische Basis des Nationalsozialismus.
Solche reaktionären politischen Strömungen entstehen aus dem existentiellen Problem des Kleinbürgertums, das zwischen Großkapital und Arbeiter_innenklasse steht. Zuspruch zu internationalen Verschwörungstheorien und Betonung von Nationalismus ist typisch für den kleinbürgerlichen Antikapitalismus. Solche Strömungen stehen immer im Gegensatz zu egalitären und internationalen Bewegungen, die die Interessen der Arbeiter_innenklasse in den Vordergrund rücken.
Die Reaktion der Konservativen in den USA auf die Umweltbewegungen, nämlich den menschengemachten Klimawandel komplett zu leugnen, ist für Faschisten eine willkommene Nische. In dieser finden sie Platz, sich einerseits mit einer Pseudo-Systemkritik gegen angebliche mysteriöse, globale Netzwerke zu stellen und andererseits die emanzipatorischen Bewegungen zu bekämpfen.
Leugnung des menschengemachten Klimawandels und Verschwörungstheorien isolieren die Anhänger der FPÖ und schweißen sie zusammen. Verschwörungstheorien übernehmen eine ähnliche Funktion wie Nationalismus und Rassismus.
Nicht jeder Faschist zweifelt automatisch am menschengemachten Klimawandel. Aber gerade diejenigen, die es verstehen Klimawandelleugnung gezielt einzusetzen, um ihre Anhänger zusammen zu schweißen, sind potentiell am gefährlichsten.
Kein Fußbreit dem Faschismus
Wir sollten die Gefahr, die von der FPÖ ausgeht, nicht unterschätzen. So lächerlich und dumm ihr Gehabe erscheinen mag, dahinter steckt die große Gefahr der reaktionärsten und militantesten Systemerhalter. In einer FPÖ-Aussendung wurde eine Demo gegen den Klimawandel in Wien als „Deppen-Demo (…) streng riechender Langzeitstudenten und gelangweilter AMS-Stammkunden“ beschimpft.
So wie die FPÖ in unserer Klimaschutz-Bewegung ihren tatsächlichen Feind erkennt, sollten wir uns auch über deren prinzipielle Feindschaft zu Klimagerechtigkeit bewusst werden. Um Klimawandel zu stoppen, werden wir uns gegen das gesamte System Kapitalismus behaupten und Faschisten mit allen Mitteln zurückdrängen müssen.