US-Wahlkampf: Alle gegen Bernie Sanders
Bernie Sanders, Hillary Clintons Rivale bei der Nominierung zum Präsidentschaftskandidaten der Demokratischen Partei hat nicht nur das Wort Sozialismus wieder auf die Tagesordnung gesetzt, sondern er fordert auch so unerhörte Dinge wie 15 Dollar Mindestlohn, Regulierung der Banken, Maßnahmen gegen den Klimawandel sowie freien Uni-Zugang und die Reduktion der Gefängnisinsassen. Die herrschenden Eliten, auch innerhalb der Demokratischen Partei, stehen geschockt vor diesen Forderungen. Doch viele Wähler_innen kümmern die Sorgen des Establishments nicht mehr.
Der amerikanische Traum ist endgültig ausgeträumt, die Löhne der Arbeiter_innen sind seit 2007 um 6,5% gefallen. Die soziale Ungleichheit hat perverse Ausmaße angenommen, so besitzen etwa die 400 reichsten US-Amerikaner mehr Reichtum als die gesamte afroamerikanische Bevölkerung plus einem Drittel der Latino_a-Bevölkerung. Die Verzweiflung über diese Zustände hat die Gesellschaft polarisiert und die Gegenspieler Bernie Sanders und Donald Trump hervorgebracht. Und Bernie Sanders kann zum Schrecken des Partei-Establishments so viele Wähler_innen aus dem unteren Einkommensbereich hinter sich scharen, wie noch nie ein demokratischer Außenseiter-Kandidat vor ihm.
Die Reaktion der Eliten
Noch nie haben sich die etablierten Eliten innerhalb der Demokratischen Partei so sehr für einen Kandidaten ins Zeug geworfen wie für Hillary Clinton, noch nie haben sie einen Kandidaten so bekämpft wie jetzt Bernie Sanders. So früh und so massiv wie nie zuvor entschieden sich reiche Spender für Clintons Kampagne. Ein wichtiger Faktor bei der Nominierung der Kandidat_innen der beiden Parteien ist die Unterstützung („Endorsement“) durch aktive Politiker_innen der jeweiligen Partei.
Derzeit hat Clinton die Unterstützung von 38 der 46 demokratischen Senator_innen, von 148 von 188 Demokrat_innen im Repräsentantenhaus und von 12 der 18 demokratischen Gouverneur_innen. So wenig Rückhalt bei den eigenen Parteigranden wie Bernie Sanders hatte noch kein demokratischer Kandidat. Die „liberale“ Presse hat sich dermaßen auf Sanders eingeschossen, dass in den USA der Witz kursiert, sämtliche liberale Schreiberlinge wären auf demselben Treffen gewesen. Es ist aber gar keine Verschwörung nötig, den Eliten weisen ihre Ideologie und ihre wirtschaftlichen Interessen den Weg.
Wie sozialistisch ist Sanders?
„Demokratischer Sozialist“ nennt sich Sanders und bezieht sich damit auf die staatsinterventionistische Politik des „New Deal“ in den 1930er Jahren bzw. auf die Sozialsysteme europäischer, besonders nordeuropäischer Staaten. Obwohl sein Programm im Vergleich zum gewohnten politischen Diskurs in den USA radikal ist, kritisieren US-amerikanische Linke, dass er zwar viel von „Sozialismus“ redet, den man in diesem oder jenem Bereich etablieren sollte, aber nie das Wort „Kapitalismus“ in den Mund nimmt. Sanders spricht lieber über Gier und Korruption als über Ausbeutung und Konkurrenz und übergeht damit die Wurzeln der Ungleichheit.
Die „New Deal“ Politik von Roosevelt konnte nur auf der Basis der Aktionen der organisierten Arbeiter_innenklasse durchgeführt werden, eine Politik, die Sanders nicht fortführt. Die Erfüllung seiner Forderungen nach höherer Besteuerung der Reichen usw. würden aus den USA keinen sozialistischen Staat machen, jedoch die Lebensumstände von Arbeiter_innen verbessern. Außenpolitisch kritisiert Sanders zwar den Angriff auf den Irak, unterstützte aber seinerzeit den Angriff auf Afghanistan.
Links von Demokratischen Partei
Das Grundproblem progressiver Bewegungen in den USA ist immer gewesen, dass sie früher oder später von der Demokratischen Partei aufgesogen und damit ineffektiv gemacht wurden. Denn die Demokratische Partei ist keineswegs eine linke Alternative zu den Republikanern. Solange links von den liberalen Demokraten keine politische Kraft entsteht, innerhalb und vor allem außerhalb der Parlamente, wird sich die traurige Geschichte der Vereinnahmung wiederholen.
Doch gemeinsam mit der Occupy-Bewegung und der „Black Live Matters“-Bewegung steht Sanders für die wachsende Zahl von US-Amerikaner_innen für die der Kapitalismus nicht mehr das Maß aller Dinge ist.