Vea Kaiser: Makarionissi oder die Insel der Seligen
Vea Kaisers zweiter Roman erzählt eine besondere Familiengeschichte. Sie beginnt in einem kleinen Bergdorf an der albanisch-griechischen Grenze knapp nach dem Ende des 2. Weltkriegs und endet in der Gegenwart. Die Handlung des Buches findet an vielen unterschiedlichen Orten statt, von der kleinen griechischen Insel bis zur amerikanischen Großstadt, ist alles dabei. Die verschiedenen Orte werden sehr spezifisch dargestellt und immer wieder werden kleine Geschichten erzählt, die zwar nicht zur Hauptstory gehören, die aber durch ihren hohen Unterhaltungswert aber dafür sorgen, dass das Buch trotz seiner Länge nie langweilig wird.
Die Handlung beginnt mit der Geburt von Eleni in einer durch den griechischen Bürgerkrieg zerrissenen Dorfgemeinschaft. Sie beginnt schon früh, sich gegen die ihr als Frau aufgezwungene Rolle aufzulehnen und beschäftigt sich mit marxistischer Literatur. Nach dem Militärputsch verrät ein Mitglied des Dorfes Eleni an das Regime und sie muss ins Gefängnis. Ihrem Cousin Lefti, der seit seiner Kindheit in Eleni verliebt ist, gelingt es sie zu entlasten. Der Gefängnisdirektor verlangt jedoch, dass er sie heiratet und beide für die nächste Zeit aus Griechenland verschwinden. So muss Eleni Lefti heiraten, genau wie ihre Eltern es für sie geplant hatten.
Gemeinsam ziehen Lefti und Eleni in eine Kleinstadt in Deutschland. Hier leben sie sich nach und nach auseinander, denn Eleni will nur zurück nach Griechenland, während Lefti gerne in Deutschland bleiben möchte. Eleni hasst viele Dinge an Deutschland, doch am meisten hasst sie das deutsche Nein. Das deutsche Nein ist absolut. Man kann nicht darüber diskutieren. Und es wird nicht begründet. Selbst wenn das Nein keinen Sinn ergibt und jeglicher Vernunft widerspricht. Eleni empfindet es wie das rote Licht einer Ampel. Mit ihm kann man nicht diskutieren. Eleni fragt den Bäcker, ob er Weißbrot mit weniger Salz und weniger Gewürzen backen könne, nach typisch mediterraner Art. Er hat laut und deutlich, militärisch gesagt: „Nein geht nicht“.
Lefti hingegen ist das genaue Gegenteil zu Eleni, er liebt die deutsche Pünktlichkeit so sehr, dass ihm seine griechischen Kollegen sogar sagen: „Er ist deutscher als die Deutschen“. Lefti versteht das als riesiges Kompliment. Solche Passagen verleihen dem Buch eine sehr eigene Komik, mit der immer wieder versucht wird mediale Klischees ( faule, unpünktliche Griechen) aufzubrechen.
Vea Kaiser ist es gelungen, zur richtigen Zeit ein sehr unterhaltsames und sprachlich schön geschriebenes Buch herauszubringen. Doch abgesehen davon, dass das Buch schon für sich sehr lesenswert ist, bekommt es durch den Griechenland-Bezug, besonders durch die Geschichte von Diktatur und Widerstand zusätzliche Bedeutung.